Dr. Bettina Mecking
Deutsche Apotheken sind bekanntlich an die Preisbindungsvorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVO) gebunden. Die Frage der Anwendbarkeit dieser nationalen Normen auf das grenzüberschreitende Versandgeschäft mit deutschen Verbrauchern ist angesichts der Vermittlungstätigkeit deutscher Drogeriemärkte zugunsten ausländischer Versender wieder in den Blickpunkt gerückt.
Lange Zeit schien die Entscheidung des OLG Hamm vom 21. November 2004 (Aktenzeichen 4 U 74/04) unverrückbar zu sein. Hier war ein Apotheker gescheitert, der DocMorris wegen der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneien zu Preisen, die unter der AMPreisVO lagen, verklagt hatte. Nach Auffassung dieser Richter gelten die deutschen Regeln nicht für ein niederländisches Apothekenunternehmen. Eine höchstrichterliche Klärung blieb aus, da der Apotheker seine Revision kurz vor dem Verhandlungstermin beim Bundesgerichtshof zurückgenommen hatte. Damit wurde das Urteil des OLG Hamm rechtskräftig. Es wird seitdem stets herangezogen, um zu erklären, warum ausländische Versandapotheken die Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel beliebig gestalten dürfen, was jeder deutschen Apotheke gesetzlich verboten bleibt.
Erfreulicherweise gehen inzwischen jedoch immer mehr Gerichte davon aus, dass ausländische Versandapotheken im verschreibungspflichtigen Bereich gerade nicht billiger anbieten dürfen als deutsche Apotheken. So haben das Landgericht (LG) Hamburg (Urteil vom 17. August 2006, 315 O 340/06) und das LG Saarbrücken (Urteil vom 31. Januar 2007, 71 O 103/06) unter Berufung auf die gesetzgeberische Absicht, mit Hilfe der AMPreisVO wettbewerbsverzerrende Verkaufsaktivitäten aus dem Ausland einzudämmen, abweichende Auffassungen vertreten. Auch das LG Berlin (Urteil vom 28. August 2007, 16 O 153/07) kam zum Ergebnis, dass im grenzüberschreitenden Versand aus dem europäischen Ausland die Preisbindung zu beachten ist.
Besonders interessant ist, dass nunmehr ein OLG-Urteil dem Urteil aus Hamm entgegentritt. Mit seiner bisher nur im Tenor vorliegenden Entscheidung hat das OLG Frankfurt/Main bereits am 29. November 2007 der beklagten Europa Apotheek Venlo verboten, „gegenüber Endverbrauchern mit einem Bonus von 3 % auf verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept, immer mindestens 2,50 € und maximal 15 € pro verordneter Packung, zu werben und/oder werben zu lassen“. Die Revision ist zugelassen, sodass es sicher in absehbarer Zeit zu einer höchstrichterlichen Klärung kommt, durch die hoffentlich faire Bedingun- gen für den Wettbewerb zwischen inländischen öffentlichen und ausländischen Versandapotheken wiederhergestellt werden.
Das aktuell durch das Bundesverwaltungsgericht abgesegnete Kooperationsmodell der „dm“-Drogeriemärkte würde erheblich an Attraktivität einbüßen, wenn „dm“ nicht mehr damit werben dürfte, seine Kunden in den Genuss von Einkaufsvorteilen zu bringen, die ihnen deutsche Apotheken aus rechtlichen Gründen nicht gewähren dürfen.
Dr. Bettina Mecking, Rechtsanwältin, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(07):11-11