Helmut Lehr
Im Jahr 2006 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts 1) über 190.000 Ehen in Deutschland geschieden. Neben den privaten Unannehmlichkeiten, die eine Trennung zwangsläufig mit sich bringt, sind auch die steuerlichen Folgen nicht außer Acht zu lassen. Probleme bei einer Trennung bereitet insbesondere die Frage nach der (künftigen) Veranlagungsart für Zwecke der Einkommensteuer.
Zusammenveranlagung meist günstig
In der großen Mehrzahl der Fälle ist die Zusammenveranlagung unterm Strich die steuerlich günstigste Veranlagungsform für Ehegatten. Sie ist jedoch nach einer Trennung nur möglich, wenn die Eheleute zu Beginn des maßgebenden Kalenderjahrs noch zusammengelebt haben oder wenn sie nach der Trennung im Laufe des Jahres wieder zusammenfinden.
Auszug nach längerer Abwesenheit
Das Finanzgericht Berlin ist in einem aktuell veröffentlichten Fall der Auffassung, dass eine längere reisebedingte Abwesenheit (hier: Kur des Ehemannes vom 4. Dezember 2000 bis 24. Januar 2001) noch nicht zu einer Trennung führt, wenn der Auszug aus der gemeinsamen Wohnung erst nach der Rückkehr erfolgt, ohne dass dafür zuvor Vorbereitungen getroffen wurden. Die Zusammenveranlagung konnte der Kläger deshalb auch für das Jahr 2001 noch geltend machen 2) .
Bislang richtet sich die Beurteilung des „dauernden Getrenntlebens“ in erster Linie nach den äußeren erkennbaren Umständen. Der räumlichen Trennung („Auszug“) kommt dabei besondere Bedeutung zu.
Einvernehmen erforderlich
Eheleute, die sich trennen, müssen allerdings beachten, dass eine weitere Zusam- menveranlagung im Jahr der Trennung praktisch nur mit beiderseitigem Einverständnis möglich ist. Beantragt nämlich auch nur einer der Partner die getrennte Veranlagung, werden beide getrennt, also wie Alleinstehende veranlagt.
Hinweis: Entscheidet sich ein Ehegatte allein nur deshalb für die getrennte Veranlagung, weil er dem anderen noch „eins auswischen“ möchte, ist die Wahl der getrennten Veranlagung unter Umständen wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn der Partner, der die getrennte Veranlagung beantragt, keine eigenen Einkünfte hat oder wenn diese so gering sind, dass sie weder dem Steuerabzug unterliegen noch zu einer Einkommensteuerveranlagung führen.
Hinweise für die Praxis
Aus rein steuerlicher Sicht ist eine Trennung kurz vor dem Jahreswechsel in den meisten Fällen nachteilig. Wenn das Tischtuch noch nicht vollends zerschnitten ist, sollte der Auszug aus der gemeinsa- men Wohnung gegebenenfalls noch bis ins neue Jahr hinausgezögert werden.
Ist die Trennung bereits erfolgt, rettet ein (kurzfristiger) Versöhnungsversuch womöglich die Zusammenveranlagung für das betreffende Jahr. Zahlreiche Finanzgerichtsurteile beschäftigen sich mit dieser Problematik und gelangen dabei zu teils unterschiedlichen „Fristen“. Leben die „Eheleute“ nach einer Trennung wieder für mindestens vier bis sechs Wochen zusammen, sollte dies für eine Zusammenveranlagung genügen, sofern das Zusam-menleben ernsthaft beabsichtigt war.
1) Vgl. Pressemitteilung Nr. 442 vom 7. November 2007, www.destatis.de.
2) Urteil vom 25. Oktober 2006, Aktenzeichen 2 K 2570/04; Revision eingelegt, Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: III R 71/07.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(07):17-17