Steuer-Spartipp

„Steuerhinterziehung“: Geerbtes Auslandsvermögen


Helmut Lehr

In den letzten Wochen waren Begriffe wie Steuerhinter­ziehung und Auslandskonten Gegenstand der täglichen Berichterstattung in den Medien. Viele Steuerbürger sind sich aber nicht bewusst, dass sie selbst sehr schnell mit Hin­terziehungsvorwürfen der Finanzverwaltung konfrontiert werden können. Wer z.B. als Erbe nicht nur Inlandsvermögen erhält, sondern auch Gel­der, die bislang „unentdeckt“ auf Auslandskonten deponiert waren, sollte sich auf Auseinandersetzungen mit der Finanz­verwaltung gefasst machen.

Hinweis: Hatte der Erbe keine Kenntnis von den Auslandsgeldern und deklariert er sie anschließend ordnungsgemäß bei den Steuerbehörden, muss er auch nicht mit einer Bestrafung wegen „Steuerhinterziehung“ rechnen.

Nachversteuerung für vergangene Jahre

Ob begrifflich eine Steuer­hinterziehung vorliegt, hat jedoch nicht nur strafrechtliche Bedeutung, sondern spielt auch bei der Nachversteuerung bislang nicht deklarierten Vermögens bzw. der Erträge daraus eine wesentliche Rolle. Die reguläre steuerliche Verjährungsfrist beträgt nämlich 4 Jahre und „verlängert“ sich in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung gegebenenfalls bis auf 7 Jahre. Sind die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung1) formal erfüllt, beträgt die Verjährungsfrist allerdings 10 Jahre und „verlängert“ sich gegebenenfalls bis auf 13 Jahre. Das bedeutet, dass das Finanzamt vom Erben als Rechtsnachfolger unter Umständen hinterzogene Steuern für die letzten 13 Jahre nach­fordern kann.

Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt?

In seinem Urteil vom 20. Juni 20072) hat der Bundesfinanzhof wiederholt klargestellt, dass die auf 10 Jahre erweiterte Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung nur dann greift, wenn die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen.

Im Streitfall ging um es um die Festsetzung von Erbschaftsteuer gegen eine Erbin, die ihren im Jahr 1997 verstorbe­nen Vater beerbt hatte. Dieser war als Steuerberater testamentarischer Alleinerbe einer Mandantin, die möglicherweise bei ihrem Tod über erhebliches Kapitalvermögen in Luxemburg verfügt hatte. Das Finanzamt konnte allerdings lediglich beweisen, dass das Vermögen im Jahr 1992 nach Luxemburg transferiert wurde, nicht jedoch, dass die Gelder zum Todeszeitpunkt tatsächlich noch vorhanden waren.

Hinweis: Weil die Klägerin (Erbin) jegliche Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verweigerte und auch in der mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht hierzu keinerlei Angaben machte, gingen Finanzamt und Finanzgericht (in erster Instanz) davon aus, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sei.

Praxishinweise

Erhalten die Finanzämter Kontrollmaterial über bislang nicht erklärtes Vermögen im Ausland, ändern sie fast automatisch die Einkommensteuerfestsetzungen der letzten (mindestens) 10 Jahre, nehmen stattliche Hinzuschätzungen (der Erträge daraus) vor und berufen sich dabei auf die verlängerte Festsetzungsverjährungsfrist wegen Steuerhinterziehung.

Diese Vorgehensweise ist nur dann zulässig, wenn die Bewei­se so eindeutig sind, dass es keine nennenswerten Zweifel daran gibt, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung tatsächlich erfüllt ist. Verbleiben nicht behebbare Zweifel – so wie im Streitfall –, sollte eine solche Vorgehensweise nicht toleriert werden.

1) Vgl. § 370 Abgabenordnung.
2) Aktenzeichen II R 66/06.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(09):17-17