Zukunft der Apotheke

Drei Fragen an Dr. Otmar Bernhard


Dr. Christine Ahlheim

Dr. Otmar Bernhard ist Staatsminister im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz.

Der Erhalt der inhabergeführten Apotheke ist mir ein wichtiges Anliegen. Denn unsere Arzneimittelversorgung ist auch deshalb so sicher und hochwertig, weil sie durch öffentliche Apotheken erfolgt, die nicht unter rein kommer­ziellen Gesichtspunkten, sondern vor allem auch unter fachlichen geleitet werden. Während wirtschaftliche Überlegungen regelmäßig privatrechtlicher Natur sind, kann die fachliche Tätigkeit des Apothekers berufsrechtliche und sogar öffentlich-rechtliche Konsequenzen bis hin zum Entzug der Approbation haben. Diese ganz besondere Verantwortung des approbierten Apothekenleiters würde durch Abtrennung der wirtschaftlichen Leitung der Apotheke von der fachlichen Verantwortung für die Arzneimittel mit negativen Folgen für Qualität, Sicherheit und Ausgewogenheit der Arzneimittel­versorgung verloren gehen.

Dennoch sollten wir erst einmal den Ausgang der anhängigen Verfahren beim Europäischen Gerichtshof abwarten und nicht in voreiligen Aktionismus verfallen. Noch liegt ja nicht einmal die Stellungnahme des Generalanwalts vor, die Hinweise auf den Verfahrensverlauf geben könnte. Wenn das deutsche Fremdbesitzverbot für öffentliche Apotheken, nach dem nur ein approbierter Apotheker Apothekenleiter sein darf, bestätigt wird, stellt sich die Frage ohnehin nicht. Ansonsten muss anhand der Begründung der Entscheidung des EuGH sorgfältig geprüft werden, welche Anforderungen bei Neurege­lungen einzuhalten sind. Dies wird die Aufgabe des dafür zuständigen Bundesgesetz­gebers sein, die ich als bayerischer Gesundheitsminister kritisch begleiten werde.

Im Übrigen kann ich nur davor warnen, so zu tun, als sei der Fall des Fremdbesitzverbots schon ausgemachte Sache. Die Einführung des Versandhandels mit Arzneimitteln Anfang 2004 beruhte auch auf der irrigen Ansicht der damaligen rot-grünen Bundesregierung, der EuGH werde den Arzneimittelversandhandel uneingeschränkt zulassen. Er hat aber kurz danach entschieden, dass es zwingende Gründe des Gesundheitsschutzes gibt, die die Einschränkungen des Versandhandels auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel rechtfertigen. Dies zeigt, dass die im EG-Vertrag verankerten Grundfreiheiten mit wirtschaftlichem Hintergrund – wie etwa die Niederlassungsfreiheit oder der freie Warenverkehr – gerade kei-nen uneingeschränkten Vorrang vor allen anderen Belangen haben und insbesondere der Gesundheitsschutz mehr Gewicht haben kann.

Das „dm“-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat einen Bestell- und Abholservice von Arzneimitteln in Drogeriemärkten für zulässig erklärt. Solche Strukturen sind zwar vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen, jedoch eine Folge der bereits erwähnten Zulassung des Arzneimittelversandhandels. Arzneimittel sind aber nicht irgendwelche Artikel wie zum Beispiel Müsliriegel, die in jedem Supermarkt, an jedem Kiosk und in jeder Tankstelle bezogen werden können. Sie sind Waren besonderer Art, die wegen ihrer Wirkung besonderer Sorgfalt und fachkundiger Beratung bedürfen, die letztlich nur ein Apotheker als Arzneimittelfachmann leisten kann.

Es ist zu befürchten, dass mit den sich nun entwickelnden, rein gewinnorientier­ten Struk­turen die qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der deutschen Bevölkerung, die rund um die Uhr und flächendeckend durch die öffentlichen Apotheken gewährleistet wird, ausgehöhlt wird. Wir brauchen aber die Qualität und Sicherheit der Arzneimittel, zu der die Apotheker als freie Heilberufler und letzte Kontrollinstanz vor der Abgabe an den Patienten einen unverzichtbaren Beitrag leisten.

Die „Auswüchse“ des Arzneimittelversandhandels können nur durch eine gemeinschafts-rechtskonforme Einschränkung auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel unterbunden werden. Eine andere, verfassungsrechtlich einwandfreie Lösung des Problems bietet sich nicht. Eine solche Einschränkung des Versandhandels würde die Gefahren durch immer mehr gefälschte Arzneimittel aus dem Internet erheblich reduzieren.

Deshalb habe ich auch schon Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt aufgefordert, hier tätig zu werden. Verschreibungspflichtige Arzneimittel gehören nicht in den Versandhandel und für die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel braucht es klare Re­gelungen zum Schutz der Patienten und der Verbraucher.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(10):4-4