Dr. Christine Ahlheim
Bislang wurde davon ausgegangen, dass es sich bei Bachblüten-Produkten um Arzneimittel im Sinne von § 2 Absatz 1 Nr. 5 Arzneimittelgesetz (AMG) handelt, die als Fertigarzneimittel zwar der Zulassungspflicht unterliegen, in Deutschland aber nicht zugelassen sind. Deutsche Apotheken dürfen sie deshalb nicht vorrätig halten, sondern nur als Importarzneimittel gemäß § 73 Absatz 3 AMG bestellen und in den Verkehr bringen. Eine Werbung hierfür gilt nach § 3a und § 8 Heilmittelwerbegesetz (HWG) als verboten.
In einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht ging es schwerpunktmäßig um die Arzneimittelqualität von Bachblüten-Produkten. Im Vorfeld waren die Beteiligten sich bereits einig, dass es sich bei den Bachblüten-Essenzen weder um Funktions- noch um homöopathische Arzneimittel handelt. Darüber hinaus gelangten die Richter in ihrer bemerkenswerten Entscheidung vom 21. Februar 2008 (Aktenzeichen 3 U 235/06) zu der Auffassung, dass die „Notfall Tropfen“, die im Gegensatz zu den nur über Apotheken erhältlichen „Rescue Remedy Tropfen“ auch über Reformhäuser vertrieben werden, nicht als Präsentationsarzneimittel anzusehen seien, sodass der Vertrieb des Produkts nicht gegen § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit § 21 AMG verstoße und dafür auch geworben werden dürfe. Aus der Aufmachung des Produkts ergebe sich nicht, dass dieses als Arzneimittel angesehen werde.
Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel sei, wie sich seine überwiegende Zweckbestimmung für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstelle. Die Vorstellung der Verbraucher könne durch beigefügte Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung beeinflusst werden. Die „Notfall Tropfen“ sollen lediglich bei vage umschriebenen alltagsüblichen Gemütsschwankungen, die noch keinen Krankheitswert erreichen, zum Einsatz kommen, darin liege keine Beeinflussung seelischer Zustände im Sinne von § 2 Absatz 1 Nr. 5 AMG.
Ob die zuständigen Gesundheitsbehörden diese neue rechtliche Einstufung teilen, bleibt abzuwarten. Wer mit dem Vertrieb von Bachblüten-Produkten werben will, tut gut daran, zuvor mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Mangels höchstrichterlicher Entscheidung können andernorts Wettbewerbsgerichte ebenfalls abweichend urteilen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(10):2-2