Dr. Bettina Mecking
Vor rund einem Jahr (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 8 vom 15. April 2007) begannen einige Apotheken, Kunden einen apothekenexklusiven „Gesundheitsreisen-Katalog“ mitzugeben. Diese konnten sich via Hotline beraten lassen. Bei Buchung wurde der Kunde nach der Codenummer des Katalogs gefragt. Über diese Verschlüsselung erfolgte die Zuordnung zur teilnehmenden Apotheke, die eine reiseumsatzabhängige Vermittlungsgebühr erhielt.
Unabhängig von der berufspolitischen Bewertung wirft die aktuelle Entscheidung einen kritischen rechtlichen Blick auf eine derartige Service-Erweiterung der Apotheken. Die im Erfolgsfall durch eine Provision belohnte Empfehlung stelle eine vom Arzneimittelversorgungsauftrag des Apothekers nicht abgedeckte gewerbliche Tätigkeit dar. Entsprechend dem in § 4 Absatz 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) normierten Gebot dürfe es nicht zu einer räumlichen Vermischung anderweitiger Tätigkeiten mit den zur Kernaufgabe der Apotheke zählenden Tätigkeiten kommen. Ein Apotheker dürfe zwar gemäß § 25 Nr. 2 ApBetrO auch Gegenstände und Informationsträger abgeben, die der menschlichen Gesundheit dienen oder diese fördern. Jedoch bestehe bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der angebotenen Reisen gar kein spezieller Gesundheitsbezug.
Keine „echten Gesundheitsreisen“
Vielmehr würden sich die im Katalog beschriebenen Fernreisen inhaltlich mangels besonderer medizinischer oder therapeutischer Leistungen nicht von üblichen Erlebnisreisen unterscheiden. Die bloße Begleitung durch einen deutschen Arzt stelle keinen Gesundheitsbezug her. Eine solche Ankündigung sichere schlicht das Risiko einer Erkrankung ab und stelle für Menschen mit gesundheitlichen Beschwerden einen Anreiz dar, gleichwohl eine Reise zu buchen.
Wenn es sich aber bei näherem Hinsehen im Wesentlichen um Reisen handele, die das Attribut „Gesundheitsreisen“ nicht verdienen, so sei bei deren Vermittlung auch nicht das besondere Fachwissen des Apothekers als Gesundheitsexperte gefragt. Mit Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000 zum Anpassen von Kompressionsstrümpfen folgert das Landgericht, dass nur solche Nebengeschäfte als erlaubt anzusehen seien, hinsichtlich derer weder dem Apothekengesetz noch der Apothekenbetriebsordnung Einschränkungen zu entnehmen sind. Zwar fehlten in der ApBetrO ausdrückliche Regelungen zu den erlaubten Nebengeschäften, jedoch dürfe bei zusätzlichen Dienstleistungen der Bezug zur apothekerlichen Kernaufgabe nicht fehlen. Dies werde auch durch § 18 Absatz 2 Nr. 5 der Berufsordnung der Apothekerkammer Nordrhein unterstrichen, der die Erbringung von apothekenfremden Dienstleistungen verbiete.
Diese nicht-rechtskräftige Entscheidung stellt eine Etappe in einem Rechtsstreit dar, der durch die zwischenzeitlich eingelegte Berufung beim Oberlandesgericht Köln fortgeführt wird. Unabhängig vom weiteren Verlauf dieses Verfahrens empfiehlt sich eine vorherige Rücksprache mit den zuständigen Gesundheitsbehörden, die eine solche neue Einnahmequelle der Apotheken mit ihrem sachnäheren apothekenrechtlichen Blickwinkel durchaus anders bewerten können als die Wettbewerbsrichter.
Dr. Bettina Mecking,
Rechtsanwältin, Justiziarin
der Apothekerkammer
Nordrhein, 40213 Düsseldorf,
E-Mail: b.mecking@aknr.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(10):11-11