Ergänzung zu den externen Betriebsvergleichszahlen

Rohgewinn- und Gewinnrichtsätze 2007


Ursula Hasan-Boehme

Für 2007 liegen nun die Richtsätze der Finanzverwaltung vor. Sie sind gegenüber 2006 unver­ändert. Allerdings sind sie kritisch mit Marktdaten zu vergleichen, z.B. den Betriebsvergleichszahlen der TREUHAND HANNOVER GmbH in der AWA-Ausgabe Nr. 14 vom 15. Juli 2008.

Mitte Juli 2008 hat das Bundesministerium der Finanzen die „Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2007“ veröffentlicht. Diese sogenannten amtlichen Gewinnrichtsätze dienen den Veranlagungsstellen der Finanzämter und den Betriebsprüfern als Orientierung zur Höhe von Rohgewinnen und Gewinnen verschiedener Branchen, so auch der Apotheken.

Die Richtsätze werden auf der Grundlage von Betriebsprüfungen in den jeweiligen Branchen ermittelt. Der ausgewiesene Mittelsatz soll insbesondere die Ergebnisse von Normalbetrieben wiedergeben. Die Rahmensätze sollen dabei den unterschiedlichen Verhältnissen der Einzelbetriebe Rechnung tragen.

Vergleich zu Vorjahren

Für Apotheken sind die Richtsätze 2007 der unten stehenden Tabelle zu entnehmen. Der Mittelsatz beträgt für den Rohgewinn 28% und für den Reingewinn 9% vom Umsatz ohne Umsatzsteuer. Die Richtsätze 2007 weisen gegenüber 2006 keine Veränderungen aus. Sie werden nur alle drei bis vier Jahre neu ermittelt und in der Zwischenzeit unverändert beibehalten. Die Richtsätze stammen bestenfalls aus dem Veranlagungszeitraum 2005.

Vergleich mit externem Betriebsvergleich

Die Richtsätze sind der all­gemeinen Marktentwicklung der Apotheken gegenüber­zustellen, z.B. den Betriebsvergleichsergebnissen 2007 der TREUHAND HANNOVER GmbH, Steuerberatungsgesellschaft (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 14 vom 15. Juli 2008, Seite 5 bis 8). Der durchschnittliche Rohgewinn betrug danach im Westen im Jahr 2007 26,9% vom Nettoumsatz und lag damit bereits um gut 1%-Punkt unterhalb des Mittelsatzes. In den neuen Bundesländern lag der Betriebsvergleichsdurchschnitt mit 25,1% sogar erheblich unter dem Mittelsatz und gerade eben noch auf der Höhe des unteren Rahmensatzes.

Ebenfalls deutlich sind die Differenzen bei den steuerlichen Betriebsergebnissen bzw. Gewinnen. Die Richtsätze weisen einen Mittelsatz von 9% aus. Demgegenüber lag das steuerliche Betriebsergebnis in den alten Bundesländern 2007 im Durchschnitt nur bei 6,3%, also näher am unteren Rahmensatz. Aufgrund einer günstigeren Kostenstruktur lag das Betriebsergeb­nis in den neuen Bundesländern bei 7,3%, aber gleichwohl noch deutlich unter dem Mittelsatz.




Besonderheiten des Gewinnbegriffs

Einige Unterschiede erklären sich aus besonderen Begriffsdefinitionen der Finanzverwaltung. Der Reingewinn der Richt­sätze muss zwangsläufig höher ausfallen, weil bei seiner Ermittlung einige Kostengrößen – entgegen den Vorschrif­ten des Einkommensteuer­gesetzes – nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden:

  • Dazu gehören Sonderabschreibungen (außer der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschafts­güter).
  • Zinsaufwendungen für langfristige Verbindlichkeiten werden nur insoweit abgezogen, als sie die Betriebsräume von Apotheken in eigenen Räumen betreffen. Bei den meisten Betrieben bleiben daher die langfristigen Zinskosten ganz oder teilweise außen vor.

Gegenüber den Betriebsvergleichsergebnissen der TREUHAND HANNOVER GmbH müs­sen die Richtsätze außerdem etwas höher ausfallen, weil sie auch noch außerordentliche, nicht zum Kerngeschäft ge­hörende Erträge enthalten, z.B. Gewinne aus dem Verkauf eines Betriebs-Pkws oder anderer Gegenstände des Anlagevermögens.

Verwendung in Betriebsprüfungen

Die Richtsätze dienen den Prüfern als Hilfsmittel zur Orientierung in Betriebsprüfungen. Von Vorteil ist es, wenn die eigenen Daten dem Mittelsatz entsprechen bzw. sich innerhalb der Rahmensätze befinden. Dies wird jedoch nicht immer möglich sein.

Abweichungen der erklärten Gewinne oder Umsätze in den Steuererklärungen und den Jahresabschlüssen der Einzelbetriebe von den Richtsätzen dürfen allerdings nach ständiger Rechtsprechung nicht allein für Gewinn- oder Umsatzschätzungen bzw. Hinzuschätzungen herangezogen werden, wenn die Buchführungsergebnisse formell ordnungsgemäß ermittelt wurden. Jedoch wird der Betriebsprüfer in diesen Fällen intensivere Ermittlun­gen zu den Abweichungen durchführen. Dann müssen vom Apotheker Umstände dargelegt werden, die die Abweichungen erklären.

Klärung von Abweichungen

Weichen Rohgewinn oder Gewinn der eigenen Gewinn- und Verlustrechnung im größeren Ausmaß von den Richtsätzen ab, so sollten sich die Apothekeninhaber möglichst zeitnah um Aufklärung der Hintergründe bemühen – auch wenn keine Betriebsprüfung ansteht. Zum einen besteht dann kein Zeitdruck, zum anderen sind die Ereignisse noch frisch im Gedächtnis, sodass die Aufklärungschance größer ist.

Weichen Wareneinsatzwerte bzw. Rohgewinne stärker ab, kommen vielfältige Ursachen infrage. Wichtige Gründe für Abweichungen beim Rohgewinn können in einer besonderen Umsatzstruktur liegen. So führt z.B. ein hoher Anteil des GKV-Umsatzes am Ge­samtumsatz wegen der Belastung durch die Zwangsabschläge zu einem schlechteren Rohgewinn. Das Gleiche gilt bei einem höheren Umsatzanteil an verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Kommen in einer Apotheke viele hochpreisige Rx-Arzneimittel vor, so fällt der Roh­gewinn in Prozenten vom Umsatz deutlich niedriger aus.

Selbstverständlich spielen die erzielten Einkaufsvorteile ebenfalls eine große Rolle für die Höhe des zu erreichenden Rohgewinnes. Die Einkaufsvorteile hängen wiederum von vielen Faktoren ab, z.B. von der Umsatzstruktur und der Verteilung der Einkäufe auf die Bezugswege. Eine genaue Rohgewinnanalyse ist nicht nur sinnvoll im Hinblick auf spätere Betriebs­prüfungen, sondern auch um festzustellen, ob in diesem Bereich noch Ertragsreserven schlummern.

Gewinnabweichungen sind zum einen eine Folge von Abweichungen bei den Rohgewinnen, zum anderen aber auch bei den Kosten. Unterschiede bei Kostenpositionen sind meist vergleichsweise einfach und plausibel zu begründen.

Für das unternehmerische Handeln der Apothekeninhaber sind die Richtsätze keine geeigneten Orientierungsgrößen. Dazu sind die Angaben zu global. Unternehmer benötigen aktuelle Benchmarks externer Betriebsvergleiche, die so weit differenziert sind, dass sie auch Be­sonderheiten des eigenen Betriebs widerspiegeln.

Dipl.-Volkswirtin Ursula Hasan-Boehme,
Steuerberaterin,
TREUHAND HANNOVER GmbH,
Steuerberatungsgesellschaft, 30519 Hannover,
E-Mail: ursula.hasan-boehme@treuhand-hannover.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(16):5-5