Pflegeversicherung (Teil 2)

Zusatzpolicen bieten Sicherheit


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Mehr als zwei Millionen Bundesbürger gelten heute bereits als pflegebedürftig – Tendenz: deutlich steigend. Doch die gesetzliche Pflegeversicherung deckt oftmals nur einen Teil der Kosten ab. Der Abschluss einer Zusatzpolice kann daher sinnvoll sein.

Auch wenn die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zum 1. Juli 2008 deutlich erhöht wurden und in den kommenden Jahren weitere Verbesserungen anstehen, sollten Sie sich einer Tatsache bewusst sein: Im Fall einer Heimunterbringung deckt die Pflegepflichtversicherung allenfalls 20 % bis 40 % der Gesamtkosten ab, die vom Heim in Rechnung gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn man sich für den Lebensabend ein etwas komfortableres Heim gönnen möchte, das durchaus zwischen 4.000 € und 8.000 € pro Monat kosten kann.

Aber auch bei erforderlicher ambulanter Pflege durch einen Pflegedienst liegen die Kosten oftmals deutlich über den Höchstgrenzen, die von der Versicherung übernommen werden. Die eigene Vorsorge ist damit unverzichtbar geworden, sofern das Renteneinkommen bzw. die Ersparnisse nicht ausreichen, die Mehrkosten zu übernehmen.

Große Produktpalette

Allerdings bieten die priva­ten Versicherungsunternehmen eine Reihe unterschiedli­cher Möglichkeiten an, um das Pflegekostenrisiko finanziell abzusichern. Neben diversen Spezialtarifen ist insbesondere zwischen drei Va­rianten zu unterscheiden: der Pflegekostenversicherung, der Pflege­rentenversicherung und der Pflegetagegeldversicherung.

Die Pflegekostenversicherung erstattet bis zu 100 % der Restkosten bei professioneller häuslicher, teilstationärer und stationärer Pflege, bietet aber auch – allerdings vergleichsweise geringe – Leistungen bei häuslicher Pflege durch Angehörige. Da­rüber hinaus werden Aufwendungen für ärztlich verordnete Verbrauchsmittel übernommen und Kosten zur Verbes­serung des Wohnumfelds anteilig getragen.

Einstufung entscheidet über Leistungen

Maßgeblich ist in jedem Fall die Einstufung im Rahmen der Pflegepflichtversicherung, wo­bei die maximalen Leis­tungen der Pflegekostenversicherung meist zwischen rund 1.000 € und 1.500 € im Monat liegen. Im Fall der häuslichen Pflege durch Angehörige werden üblicherweise zwischen rund 300 € und 750 € pro Monat bezahlt.

Der Vorteil dieser Absicherungsform liegt darin, dass sie sich an den tatsächlich an­fallenden Kosten orientiert. Es wird also nichts versichert, was mit der Pflege nichts zu tun hat, sodass die Tarife entsprechend günstig sind.

Nachteilig sind die vergleichsweise geringen Erstattungen im Fall der Pflege durch An­gehörige. Aber auch die Begrenzung der Leistungen auf den Katalog der Pflegepflichtversicherung kann zum Problem werden, wenn der Versicherte weiteren Bedarf hat, z.B. in Zusammenhang mit seinem häuslichen Umfeld. Im Übrigen sehen die meisten Tarife Wartezeiten hinsichtlich des erstmaligen Anspruchs und des Leistungsbeginns (z. B. erst 6 Monate nach Feststellung der Pflegebedürftigkeit) vor.

Wahlmöglichkeiten

Die Pflegerentenversicherung wird als selbstständiger Vertrag oder als Zusatz etwa zu einer Kapitallebensversicherung angeboten. Der Versicherte zahlt meist über Jahre oder Jahrzehnte Beiträge, nach denen sich die Höhe der Versicherungssumme und damit der spätere Leistungsanspruch richten. Nach Ablauf hat er die Wahl zwischen einer einmaligen Kapitalabfindung, einer lebenslangen Alters­rente oder einer speziellen – ebenfalls lebenslang gezahlten – Pflegerente, die je nach Einstufung in der Pflegever­sicherung üblicherweise zwischen 250 € und 3.000 € im Monat liegt.

Wahlweise kann die Leistungspflicht der Versicherung – beitragssparend – begrenzt werden, z. B. auf 100 % des versicherten Betrags bei Pflegestufe III, jedoch ohne Absicherung in den Pflegestufen I und II. Allerdings sind auch Erweiterungen möglich, z. B. um eine Todesfall-Leistung oder eine Altersrente ab dem 80. oder 85. Lebensjahr.

Trügerische Garantien

Einige Gesellschaften bieten auch eine Pflegeplatzgarantie, d. h., der Versicherte hat Anspruch auf einen Pflegeplatz, der ihm innerhalb einer festgelegten Frist zur Verfügung gestellt wird. Der Nachteil: Der Pflegeplatz darf gemäß Ver­sicherungsbedingungen in ei­nem deutschen Heim sein – unabhängig vom bisherigen Wohnort des Versicherten. Auch die Qualität des Pflegeplatzes ist nicht garantiert.

Als Besonderheit ist die Tat­sache zu sehen, dass sich die Leistungen nicht nach den tatsächlichen Kosten der Pflege richten, sondern ggf. auch als zu­sätzliche Altersver­sor­gung zur Verfügung stehen. Der Nachteil dieser Versicherungsvariante sind die oft fehlenden Garantien: Die Pflege­rentenversicherung besteht schließlich aus der Ansparphase, der sich die Leistungsphase anschließt. Es existiert jedoch meist keine Zu­sage, dass die Beträge aus der Ansparphase ausreichend sind, um die erwarteten Leistungen sicherzustellen. Zudem wird häufig keine Pflege­rente gezahlt, sollte der Ver­sicherte in der Ansparphase pflegebedürftig werden. Bei den angebotenen Tarifen sind die Leistungen allerdings sehr unterschiedlich konzipiert. Vor dem Abschluss sollten Sie sich daher bei mehreren Gesellschaften informieren.

Ebenfalls in unterschiedlichen Varianten wird die Pflege­tagegeldversicherung angeboten. Hier zahlt die Gesellschaft im Fall der Pflegebedürftigkeit einen festen Ta­gessatz – abhängig von der er­reichten Pflegestufe. Zur Kosteneinsparung sind auch hier Leistungsbeschränkun­gen auf die Stufen II und/oder III möglich.

Leistungen erfolgen meist auch bei Pflege durch Familienangehörige, die jedoch gewisse Vorgaben hinsichtlich ihres pflegerischen Könnens erfüllen müssen. Ist dies nicht der Fall, wird das Tagegeld gekürzt. Ein Kostennachweis ist allerdings – wie bei der Pflegerentenversicherung – generell nicht erforderlich.

Nach Leistungs­begrenzungen fragen

Im Vergleich dieser drei Möglichkeiten erscheint das Pflegetagegeld als die in den meisten Fällen einfachste und – vor allem – preiswerteste Lösung. Dennoch sollten Sie sich durch Versicherungs­experten ausführlich beraten lassen und dabei insbeson­dere nach den Leistungsbegrenzungen fragen. Das größte Problem liegt in der geringen Vergleichbarkeit. Je nach versicherten Leistungen, Zusatzbausteinen und Risikobegrenzungen variieren die Prämien oftmals um mehrere hundert Prozent.

Sie sollten sich daher zunächst überlegen, welche Absicherung Sie tatsächlich anstreben und sich auf dieser Basis Angebote einholen. Achten Sie dabei auch auf Möglichkei­ten zu einem vorzeitigen Ausstieg für den Fall, dass sich Ihre persönlichen Verhältnisse verändern. Gerade dann, wenn ein größerer Kapitalstock aufgebaut wird, sollten entsprechende Rückkaufswer­te vorgesehen werden.

Nicht überversichern

Gerade das Thema „Pflege“ sollten Sie allerdings auch nicht überbewerten. Es trifft zwar zu, dass ein Heimplatz vergleichsweise teuer ist und die Unterbringung eines Ehepaars in einem Heim erhebliche Kosten verursacht. Andererseits fließen jedoch neben dem Einkommen als Rentner die Leistungen aus der Pfle­gepflichtversicherung, meist sind auch eigene Ersparnisse etwa in Form von Bankgut­haben oder der bis dahin selbst genutzten Immobilie vorhanden. Die Pflegeversicherungsfrage sollte daher realistisch kalkuliert werden, denn gerade hier erscheint eine Überversicherung wenig sinnvoll.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(16):14-14