Jasmin Theuringer
Für den Arbeitgeber entstehen durch die Fortbildung seiner Mitarbeiter nicht nur die Kosten für die Fortbildung selbst, häufig ist auch eine bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung nötig, einige Arbeitgeber übernehmen zudem Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten. Ein Arbeitgeber, der seinem Mitarbeiter eine Fortbildungsmaßnahme finanziert hat, wird deshalb wenig begeistert sein, wenn dieser nach Abschluss der Fortbildung kündigt und die Investition des Arbeitgebers einem anderen Unternehmen zugutekommt. Damit die erworbene Qualifikation nicht der Konkurrenz dient, hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, den Arbeitnehmer im Anschluss an die Fortbildung an sein Unternehmen zu binden. Dies kann durch die Vereinbarung einer Rückzahlungsverpflichtung geschehen. Dabei ist es grundsätzlich möglich, nicht nur die Kosten der Fortbildung selbst, sondern den gesamten Aufwand des Arbeitgebers einer Rückzahlungsverpflichtung zu unterwerfen.
Da ein Kündigungsverbot oder eine Rückzahlungsverpflichtung allein aufgrund einer Treuepflicht des Arbeitnehmers nicht existiert, ist eine ausdrückliche und sinnvollerweise schriftliche Vereinbarung notwendig. Da durch eine solche Vereinbarung das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Berufsfreiheit eingeschränkt wird – aufgrund der finanziellen Verpflichtung wird er sich genau überlegen, ob er kündigt –, werden diese Vereinbarungen von der Rechtsprechung streng gehandhabt. Eine Vereinbarung, die den Kriterien der Rechtsprechung nicht genügt, ist unwirksam.
Notwendig ist, dass der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt hat. Die erworbene Qualifikation muss auch außerhalb des Betriebs des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer verwertbar sein, seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt müssen sich also erhöht haben. Für Apothekenmitarbeiter wird eine Reihe von eintägigen Seminaren angeboten, z.B. über die Grundlagen der homöopathischen Beratung oder die Handhabung von Insulinmessgeräten. Die Kosten solcher Kurzseminare, bei denen keinerlei Abschluss erworben werden kann, können nie auf den Mitarbeiter umgelegt werden. Gleiches gilt für die Kosten einer Schulung, die sich auf eine nur im Betrieb des Arbeitgebers genutzte Software bezieht. Ermöglicht hingegen der Apothekenleiter seiner PTA eine Zusatzausbildung zur Kosmetikerin, ist eine Rückzahlungsvereinbarung zulässig und sinnvoll.
Dauer der Bindung
Weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Rückzahlungsverpflichtung ist, dass der Arbeitnehmer nicht zu lange an den Arbeitgeber gebunden wird. Die zulässige Dauer der Bindung richtet sich nach der Investition des Arbeitgebers und nach der Dauer der gewährten Freistellung zur Teilnahme an der Fortbildung. Das Bundesarbeitsgericht hat es als zulässig erachtet, bei einer Freistellung von bis zu zwei Monaten den Arbeitnehmer ein Jahr zu binden, bei einer Freistellung von bis zu vier Monaten zwei Jahre und bei einer Dauer der Freistellung von bis zu zwölf Monaten drei Jahre. Dies sind jedoch nur Anhaltspunkte, durch eine besonders große Investition kann auch eine längere Bindung gerechtfertigt sein, insbesondere wenn sich der „Marktwert“ des Mitarbeiters erheblich gesteigert hat.
„Gestaffelte“ Rückzahlungsvereinbarung
Schließlich muss in der Rückzahlungsvereinbarung vorgesehen sein, dass sich der zurückzuzahlende Betrag quotierlich mindert: Je später der Arbeitnehmer nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme das Unternehmen verlässt, desto weniger muss er zurückzahlen. Erforderlich ist zumindest eine jährliche Staffelung, besser eine monatliche, nach der sich zum Beispiel der zurückzuzahlende Betrag bei einer dreijährigen Bindungsdauer monatlich um 1/36 vermindert.
Auslöser der Rückzahlungsverpflichtung ist meist die vom Arbeitnehmer veranlasste Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sei es durch eine Kündigung des Arbeitnehmers selbst oder durch ein Verhalten des Arbeitnehmers, das eine Kündigung durch den Arbeitgeber zur Folge hat. Denkbar ist aber auch die Vereinbarung einer Rückzahlungsverpflichtung für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Fortbildung grundlos abbricht oder sie so nachlässig behandelt, dass er die Abschlussprüfung schuldhaft nicht besteht.
Fazit: Der Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung ist grundsätzlich möglich, sofern der Arbeitnehmer durch die vom Arbeitgeber finanzierte Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt. Aufgrund der strengen Handhabung durch die Arbeitsgerichte sind die Vereinbarungen stets sorgfäl-tig zu formulieren.
Jasmin Theuringer, Rechtsanwältin, Bellinger Rechtsanwälte und
Steuerberater, 40212 Düsseldorf,
E-Mail: theuringer@bellinger.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(17):9-9