Bewerbungsverfahren

Ersatz der Aufwendungen des Bewerbers


Jasmin Theuringer

Bewerbungsverfahren kosten Zeit und können darüber hinaus teuer werden: Die neue Stelle ist längst besetzt, da kommt Post von dem abgelehnten Bewerber, der für das Vorstellungsgespräch eigens angereist war und nun Ersatz seiner Aufwendungen verlangt. Zu Recht?

Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wird von der Rechtsprechung teils wie ein Auftrag behandelt. Der Auftraggeber – hier also der einladende Arbeitgeber – ist zur Erstattung der Kosten verpflichtet, die dem Auftragnehmer – dem Bewerber – entstehen. Andere Gerichte sehen in der Einladung zum Vorstellungsgespräch die stillschweigende Erklärung, für die Kosten des Bewerbers aufzukommen. Einigkeit besteht darin, dass der einladende Betrieb die für die Vorstellung erforderlichen Kosten zu erstatten hat – unabhängig davon, ob später ein Arbeitsverhältnis begründet wird oder nicht.

Initiative des Bewerbers

Nicht endgültig entschieden ist die Frage, ob ein Kostenerstattungsanspruch auch besteht, wenn die Initiative zum gemeinsamen Gespräch nicht vom potenziellen Arbeitgeber, sondern vom Bewerber ausgeht: Ein Bewerber hatte telefonisch darum gebeten, sich vorstellen zu dürfen. Die Firma erklärte sich einverstanden, hatte dann jedoch keinen Bedarf für den Bewerber. Dieser machte sodann seine Reisekosten geltend und bat um Erstattung. Die Firma lehnte ab und wurde verklagt. Nachdem der Bewerber in erster Instanz seinen Anspruch nicht durchsetzen konn­te, legte er Berufung ein und bekam schließlich vom Landesarbeitsgericht Nürnberg Recht. Diese Entscheidung aus dem Jahr 1995 ist vielfach kritisiert worden, eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts existiert zu dieser Frage jedoch noch nicht. In den Fällen, in denen eine Firma in eine vom Bewerber erbetene Vorstellung einwilligt, ist daher eine vorherige Absprache über die Erstattung der Vorstellungskosten ratsam.

Handelt es sich dagegen um eine reine Initiativbewerbung ohne vorherige tele­fonische Kontaktaufnahme, sind Vorstellungskosten nicht zu erstatten. Denn es fehlt an der Einladung des potenziellen Arbeitgebers. Es kann also weder ein Auftragsverhältnis begründet werden, aus dem eine Kostenerstattung herzuleiten ist, noch kann eine stillschweigende Erklärung des Betriebs angenommen werden, eventuell entstehende Kosten zu übernehmen. Das gilt selbst dann, wenn der Bewerber sich aufgrund einer Stellenanzeige vorstellt. Eine Stellenanzeige ist nämlich lediglich eine Aufforderung, sich schriftlich zu bewerben, nicht aber, sich ohne Ankündigung persönlich vorzustellen.

Erstattungsfähige Kosten

Nach herrschender Rechtsprechung sind die Kosten zu erstatten, die „notwendig und erforderlich“ waren, um den Vorstellungstermin wahrzunehmen. Diese Formulierung ist auslegungsfähig und so kommt es häufig zu Meinungsverschiedenheiten, etwa ob die Anreise mit dem Taxi wirklich erforderlich gewesen ist.

Bei einer Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln werden die Kosten grundsätzlich in tatsächlich angefallener und erforderlicher Höhe ersetzt. Das ist in der Regel ein Bahnticket 2. Klasse. Eine Reise 1. Klasse wird nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig sein, z.B. wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht. Das dürfte bei einer Apotheke in der Regel nicht der Fall sein. Selbst dem zukünftigen Filialleiter ist es zuzumuten, mit der Bahn 2. Klasse anzureisen. Auch der Weg vom Bahnhof zur Apotheke ist grundsätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Kosten für ein Taxi sind nur dann zu erstatten, wenn die Anreise andernfalls unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Reist der Bewerber mit dem eigenen Fahrzeug an, so sind die Fahrtkosten entsprechend der steuerlichen Pauschale für die Nutzung eines Pkws zu erstatten – derzeit also in Höhe von 30 Cent pro Kilometer.

Mehrkosten für die Verpflegung gehören ebenfalls zu den erstattungsfähigen Kosten, auch hier richtet sich die Höhe nach den steuerlichen Grundsätzen. Ist eine An- und Abreise am selben Tag nicht zumutbar, sind auch Übernachtungskosten zu erstatten, wenn der potenzielle Arbeitgeber den Bewerber in Kenntnis der Entfernung zwischen Wohnort und Ort des Betriebes eingeladen hat. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollte die Höhe der zu erstattenden Übernachtungskosten am besten vorher vereinbart werden.

Verdienstausfall

Gelegentlich kommt es vor, dass ein abgelehnter Bewerber den Ersatz eines Verdienst­ausfalls verlangt. Arbeitnehmer, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, haben gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Stellensuche. Reist ein in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehender Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch, hat er dadurch also keinen Verdienstausfall. Anders sieht es bei denjenigen Arbeitnehmern aus, die sich aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus bewerben. Sie sind darauf angewiesen, Urlaub oder unbezahlte Freistellung zu nehmen. Nach der Rechtsprechung ist der einladende Betrieb nicht verpflichtet, einen Ausgleich für den geopferten Urlaubstag zu zahlen, da der Bewerber insoweit keinen Verdienstausfall hat. Ob eine Erstattungspflicht besteht, wenn der Bewerber keine Möglichkeit hat, Urlaub zu nehmen, und er für die Wahrnehmung des Vorstellungs­termins tatsächlich einen Verdienstausfall erleidet, wird nicht einheitlich beantwortet. Nach überwiegen­der Rechtsprechung ist ein tatsächlich erlittener Verdienstausfall jedoch nicht zu ersetzen.

Bewerbungsmappe und Personalfragebogen

Ebenso wenig sind die Kosten für das Erstellen und Ver­senden der Bewerbungsmappe zu ersetzen, diese bleibt Eigentum des Bewerbers. Deshalb darf er erwarten, dass die Mappe pfleglich behandelt und nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens zurückgesandt wird. Die Kosten für die Rücksendung trägt derjenige, der die Bewerbung initiiert hat: Ist die Bewerbung die Reaktion auf eine Stellenanzeige, trägt der Betrieb die Portokosten, bei einer Initiativbewerbung der Bewerber.

Will der einladende Betrieb Vorstellungskosten nicht oder nicht in voller Höhe tragen, kann der Erstattungsanspruch ausgeschlossen oder begrenzt werden, auch die Vereinbarung einer Pauschale ist möglich. Das muss allerdings vor der Anreise des Bewerbers geschehen, am besten also mit der Einladung zum Gespräch.

Will der Betrieb die Bewerbungsmappe für eine eventuelle spätere Einstellung behalten, so bedarf dies stets der Einwilligung des Bewerbers. Auch das Zurückbehalten einer Kopie ist nicht zulässig, denn die Mappe enthält persönliche Angaben des Be­werbers, die dieser nur zum Zweck der Bewerbung gemacht hat. Daher verbietet sich auch die Weitergabe der Mappe an Dritte.

Ein anlässlich des Vorstellungsgesprächs ausgefüllter Personalfragebogen ist eben­falls nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens zu vernichten, es sei denn, der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Aufbewahrung. Dieses besteht nicht bereits deshalb, weil der Betrieb eventuell später auf den Bewerber zurückgreifen möchte. Ein berechtigtes Interesse kann jedoch im Hinblick auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zumindest zeitlich beschränkt angenommen werden: Ein abgelehnter Bewerber hat die Möglichkeit, eine Diskriminierung beim Bewerbungsverfahren geltend zu machen und Schadens­ersatz zu verlangen. Daher empfiehlt es sich, einen Fra­gebogen für die Dauer von drei Monaten aufzubewahren. Nach Ablauf dieser Frist ist die gerichtliche Geltendmachung einer Diskriminierung ausgeschlossen.

Jasmin Theuringer, Rechts­-
anwältin, Bellinger Rechts-
­anwälte und Steuerberater,
40212 Düsseldorf, E-Mail:
theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(18):11-11