Steuer-Spartipp

Spekulationsverluste: Gegenstände des täglichen Gebrauchs


Helmut Lehr

Wer innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung Aktien oder andere private Wirtschaftsgüter wieder gewinnbringend veräußert, muss den Gewinn als „privates Veräu­ßerungsgeschäft“ versteuern. Für Grundstücke beträgt die sogenannte Spekulationsfrist zehn Jahre. Erfolgt der Verkauf mit Verlust, ist dieser zumindest mit anderen Spe­kulationsgewinnen steuerlich verrechenbar.

Hinweis: Obwohl der Gesetzeswortlaut1) eindeutig ist und die Vorschrift ganz allgemein von „Wirtschaftsgütern“ spricht, berücksichtigt die Finanzverwaltung bislang keine Verluste, die beim Verkauf von Gebrauchsgütern entstehen.

Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs

Wir haben bereits darüber berichtet2), dass der Bundes­finanzhof in seiner aktuellen Rechtsprechung3) den Verlust aus dem Verkauf eines privat genutzten BMW-Cabrios innerhalb der Jahresfrist als privaten Veräußerungsverlust steuerlich berücksichtigt hat. Die obersten Steuerrichter haben sich streng an dem Gesetzeswortlaut orientiert und festgestellt, dass lediglich der Verkauf innerhalb eines Jah-res nach der Anschaffung vorausgesetzt wird, auf eine eventuell bestehende Einkunftserzielungsabsicht komme es gar nicht an.

Weitere praxisrelevante Wirtschaftsgüter

Der Urteilsbegründung ist klar zu entnehmen, dass sich die Rechtsprechung nicht nur auf den Verkauf von Pkws („Jahreswagen“) beschränkt, sondern entsprechend dem Gesetzeswortlaut generell bei allen Wirtschaftsgütern anzuwenden ist. So kann etwa die Veräußerung des Brautkleids kurz nach der Hochzeit oder des erst kürzlich erworbenen Flat-TVs zu einem Verlust führen. Generell dürfte die neue Rechtsprechung immer dann von praktischer Bedeutung sein, wenn hochpreisige private Wirtschaftsgüter (auch die Wohnzimmercouch) schon kurze Zeit nach Anschaffung nicht mehr „up to date“ sind, weil ein Nachfolgemodell erschienen ist und sie deshalb – oder aus anderen Gründen – wieder veräußert werden.

Mögliche Hindernisse

Wir hatten angedeutet2), dass sich die Finanzverwaltung mit dieser Rechtsprechung vermutlich nicht anfreunden und womöglich eine Gesetzesänderung „anregen“ wird. Derzeit wird in Verwaltungskrei-sen diskutiert, die Nichtan­wendung des § 23 Einkommensteuergesetz („private Veräußerungsgeschäfte“) auf Gegenstände des täglichen Gebrauchs im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 gezielt herbeizuführen. Das Gesetz soll kurz vor Weihnachten 2008 verabschiedet werden. Eine rückwirkende Gesetzesänderung ist dabei nicht auszuschließen, sie wäre jedoch verfassungsrechtlich äußerst bedenklich und würde wohl bald zu ersten Musterklagen führen.

Hinweis: Unabhängig davon ist darauf zu achten, dass ein Verlust im privaten Bereich gegenüber dem Finanzamt ordnungsgemäß dokumentiert werden muss. Während die Anschaffungsbelege von Gegenständen mit gewissem Wert im Allgemeinen schon wegen der noch laufenden Garantie aufgehoben werden, sind Belege über einen Verkauf nicht immer vorhanden. Gegebenenfalls sollte hier mit handelsüblichen Quittungsblöcken gearbeitet werden, auf denen Angaben über Verkäufer, Käufer, Preis, Datum und die Unterschriften fest­gehalten werden.

Verrechnung mit Aktiengewinnen

Besonders attraktiv ist die Geltendmachung von „Privatverlusten“, weil sie derzeit noch mit Aktienspekulationsgewinnen verrechnet werden können. Eine besondere Übergangsregelung zur Abgeltungssteuer ermöglicht es sogar, die bis 31. Dezember 2008 erzielten Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften für eine Übergangszeit bis 2013 mit Gewinnen aus Wertpapierverkäufen auszugleichen. Daher sollten verlustbringende Privatverkäufe (innerhalb der Jahresfrist) möglichst noch bis Ende 2008 erfolgen, sofern sie ohnehin geplant sind.

Verkäufe aus Altjahren

Weil man für gewöhnlich nicht jedes Jahr nennenswerte Verluste aus dem Verkauf von Privatgegenständen innerhalb der Spekulationsfrist erzielt, stellt sich in vielen Fällen die Frage, ob vergleichbare Verluste aus Vorjahren noch steuerlich berücksichtigt werden können, obwohl die Einkommensteuerbescheide bereits bestandskräftig sind.

Ob eine nachträgliche Berück­sichtigung steuerlich möglich ist, ist derzeit noch unklar. Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wurde rückwirkend das Verlustfeststellungsverfahren auch auf private Veräußerungsgeschäfte ausgedehnt. Altverluste sind deshalb bei bestandskräftiger Einkommensteuerveranlagung nur noch verrechenbar, wenn sie zuvor vom Finanzamt gesondert festgestellt wurden – was voraussetzt, dass sie vom Steuerpflichtigen rechtzeitig geltend gemacht worden sind.

Ob das Verlustfeststellungsverfahren für Altjahre trotz der rückwirkenden Gesetzesverschärfung eventuell doch noch nachgeholt werden kann, muss der Bundesfinanzhof erst noch abschließend entscheiden4). Bei einer für die Steuerzahler positiven Entscheidung könnten z.B. „Spekulationsverluste“ aus 2004 noch bis Ende 2009 gesondert festgestellt werden, sofern die Einkommensteuererklärung 2004 im Jahr 2005 beim Finanzamt eingereicht wurde. Die maßgebende vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist begann dann nämlich grundsätzlich mit Ende des Jahres 2005 und läuft bis Ende 2009.

Hinweis: Steuerpflichtige sollten deshalb überlegen, ob sie in den letzten Jahren einen privaten Spekulationsverlust aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern des täglichen Gebrauchs erlitten haben, dem Finanzamt geeignete Nachweise vorlegen und dort vorsorglich einen Antrag auf gesonderte Verlustfeststellung einreichen. In diesem sollte auf das anhängige Verfahren hingewiesen werden.

1) Vgl. § 23 Absatz 1 Einkommen­steuergesetz.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 13 vom 1. Juli 2008, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
3) Urteil vom 22. April 2008, Aktenzeichen IX R 29/06.
4) Aktenzeichen des anhängigen Verfahrens: IX R 44/07.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(19):18-18