Prof. Dr. Reinhard Herzog
„Jetzt einsteigen und Abgeltungssteuer sparen“ – so liest es sich in den bunten Hochglanzbroschüren der Banken und Sparkassen, die für bereits bestehende, vor allem aber für neu entwickelte Investmentfonds werben. Und in der Tat könnte sich der Fondskauf lohnen, schließlich bleiben Kursgewinne der noch in diesem Jahr gekauf-ten Fondsanteile von der Abgeltungssteuer verschont.
Zwei Wermutstropfen gibt es dabei jedoch: Zum einen ist die Fondsanlage mit sehr hohen Kosten verbunden, die erst einmal „verdient“ werden wollen. Zum anderen war in den vergangenen Jahren vom „professionellen Management“ gerade der deutschen Fondsgesellschaften wenig zu spüren.Wie Sie in unserer regelmäßigen Auswertung der Fondsrenditen nachlesen können, schneiden Fonds häufig wesentlich schlechter ab als vergleichbare Indexanlagen. Schon deshalb sollten Anleger nicht allein auf die mögliche Steuerersparnis achten, sondern auch die Qualität des Fonds selbst unter die Lupe nehmen. Zwar stellen Vergangenheitsergebnisse noch keine Garantie für die künftige Entwicklung dar, dennoch lässt sich ein solides Management meist schnell erkennen.
Gerade bei der großen Vielzahl neu entwickelter Fondslösungen ist derzeit besondere Vorsicht geboten. Bereits während des Fondsbooms in den Jahren 1995 bis 2000 wurden zahlreiche neue Fonds gegründet, die sich mit entsprechendem Werbeaufwand auch gut verkaufen ließen. Der Umschwung kam jedoch wenige Jahre später: Sobald der Werbeetat aufgezehrt war, interessierte sich kaum noch ein Anleger für die „Newcomer“, viele trennten sich wieder von ihren Anteilen. Die Folge: Das Volumen vieler dieser Fonds ging so massiv zurück, dass sie von den Fondsgesellschaften mit vergleichbaren Fonds zusammengelegt oder sogar geschlossen wurden. In diesem Fall erhielten Anleger meist eine entsprechende Umtauschofferte, sodass ihnen keine nennenswerten Nachteile entstanden.
Steuervorteile gehen verloren
Anders die Lage in Hinblick auf die Abgeltungssteuer: Schon heute ist abzusehen, dass viele der jetzt neu gegründeten Fonds in den kommenden Jahren derart schrumpfen werden, dass sich eine selbstständige Fortführung nicht mehr lohnt. Solange die Fonds zusammengelegt werden, entstehen dem Anleger steuerlich keine Nachteile. Denn hier gilt die „Fußstapfentheorie“, nach der für die neu eingebuchten Anteile weiterhin das Datum der erstmaligen Anschaffung maßgeblich ist. Wird jedoch ein Fonds geschlossen, muss der Anleger ein neues Produkt wählen. Und dieses unterliegt – sofern die Umstellung ab 2009 er-folgt – der Abgeltungssteuer.
Vergleichbares gilt in Zusammenhang mit den zahlreichen Bankfusionen. So werden im Zuge der Dresdner Bank/Commerzbank-Fusion künftig 300 Publikumsfonds mit über 30 Mrd. € Fondsvermögen der Commerzbank von der Allianz Global Investors (AGI) betreut, die selbst bereits rund 300 Fonds mit 60 Mrd. € Kapital steuert. Viele Fondspaletten überschneiden sich jedoch, sodass Schließungen durchaus denkbar sind.
Als Anleger sollten Sie daher bei der Fondsauswahl verstärkt auf Bewährtes setzen: Flaggschiffe, die schon seit Jahrzehnten milliardenschwer am Markt sind, dürften kaum von einer Schließung betroffen werden. Vorsicht ist hingegen bei allen Produkten geboten, die eigens für die Abgeltungssteuer-Problematik entwickelt wurden.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(23):16-16