Depotoptimierung

Entscheidungen zum Jahreswechsel


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Auch Geldanleger haben gute Vorsätze fürs neue Jahr: 2009 will man sich endlich einmal mehr um sein Depot kümmern, „Aktienleichen“ verkaufen und das Gewinnpotenzial optimal nutzen. Was schwierig klingt, ist in Wahrheit recht unkompliziert.

Wenn in wenigen Wochen die Silvesterraketen den Himmel erhellen, ist es zu spät: Die Geldanlage muss noch in diesem Jahr optimiert werden, um künftige Chancen bestmöglich zu nutzten – etwa in Zusammenhang mit der Abgeltungssteuer. Ohnehin sind viele Anlegerdepots falsch strukturiert:

  • Entweder werden alle Risiken gemieden mit der Folge einer allenfalls mäßigen Rendite.
  • Oder es wird eine Vielzahl spekulativer Positionen gehalten, unter denen manche – neutral betrachtet – nahezu chancenlos sind.
  • Der größte Fehler ist jedoch die zu starke Konzentration auf einzelne Anlagebausteine, etwa Euro-Rentenwerte oder deutsche Standardaktien.

Gerade die Einführung der Abgeltungssteuer sollte daher als Chance zur Bestandsaufnahme genutzt werden. Zunächst gilt es, das Depot von „Karteileichen“ zu reinigen. Aktien, deren Kurse auf einen chancenlosen Erinnerungswert gefallen sind, sollten ebenso verkauft werden wie Papiere, die nach starken Kursgewinnen kaum noch Poten­zial aufweisen. Aber auch bei Optionsscheinen lohnt sich das „Großreinemachen“, lassen sich so doch oftmals steuerwirksame Spekulationsverluste frühzeitig realisieren.

Im nächsten Schritt gilt es, alle verbleibenden Vermögenswerte in Gruppen zu erfassen. Im Wertpapierdepot sind dies z.B. Euro-Rentenwerte, Fremdwährungsanleihen, Aktien, Fonds, Zertifikate, Optionsscheine und Optionen. Dabei geht es jedoch zunächst nicht um das einzelne Produkt, sondern um die Anlageklasse als solche. Im Klartext: Eine Position Daimler-Aktien wird den „Aktien Deutschland“ zugeordnet, eine Unternehmensanleihe der Deutschen Telekom den „Euro-Rentenwerten“ und ein Zertifikat auf den chinesischen Aktienmarkt den „Aktien Emerging Markets“. Keinesfalls darf sich die Auswertung jedoch auf den Depotbestand beschränken, vielmehr sollten auch alle anderen Kapitalanlagen einbe­zogen werden wie Tages- und Festgelder, Sparbriefe, vermietete Immobilien und Steuersparobjekte.

Das Ergebnis dieser Zusammenstellung, das z.B. mit Computerprogrammen wie Excel auch von PC-Laien in Minutenschnelle als Tortengrafik dargestellt werden kann, liefert bereits einen recht ordentli­chen Überblick über das eigene Vermögen. Schon hier wird meist deutlich, dass einzelne Bereiche übergewichtet sind. Dies ist häufig bei Zinsproduk­ten der Fall, etwa deutschen Anleihen. Aber auch bei Aktien konzentrieren sich viele Anleger zu sehr auf einzelne Segmente wie die deutschen Standardwerte. Nicht zuletzt nehmen Immobilien bei etlichen Sparern nach wie vor einen zu großen Anteil am Gesamtvermögen ein – mit allen Folgen, wenn sich dieser Markt ungünstig entwickelt.

Eines der Ziele der Depot­optimierung ist es nun, die­se „Klumpenrisiken“ nach Mög­lichkeit zu minimieren. Vergleichsweise problemlos ist das bei Wertpapieren wie deutschen Aktien möglich, können diese doch binnen weniger Minuten an der Börse verkauft werden. Schwieriger wird es indes z.B. bei Immobilien oder Versicherungsanlagen, die sich nicht ohne Weiteres veräußern lassen. Hier gilt es, die langfristige Strategie darauf abzustellen, die Ballung so weit wie möglich abzubauen.

Einzelanlagen unter der Lupe

Wurde die Bilanz erstellt, ist im nächsten Schritt jeder einzelne Bereich und jede einzelne Position unter die Lupe zu nehmen. Bei den Direktanlagen, also etwa Tagesgeldern, gilt es, die Notwendigkeit dieser Liquidität zu prüfen, denn möglicherweise kann durch längere Festlegung eine höhere Rendite erreicht werden.

Bei Rentenwerten wiederum sollten Sie die Laufzeiten überprüfen. Ziel der Optimierung muss es sein, eine ausgewogene Mischung der wichtigsten Laufzeitbereiche zu erlangen. Häufigstes Problem ist, dass viele Positionen schon „etwas in die Jahre“ gekommen sind und in absehbarer Zeit auslaufen. Die Rendite ist – bezogen auf die Restlaufzeit – entsprechend niedrig, insbesondere nach Steuern ergibt sich bei manchen Papieren sogar ein negativer Ertrag. Sinnvoll kann hier der Verkauf und die Wiederanlage in längeren Laufzeiten sein, wobei der Schwerpunkt im Bereich zwischen vier und acht Jahren liegen sollte – immer vorausgesetzt, das Geld wird vorher nicht benötigt.

International anlegen

Im Bereich der Aktienanlage sollten Sie darauf achten, das Kapital nach Möglichkeit breiter zu streuen. Selbst wenn man deutsche Unternehmen am besten kennt und damit auch am besten beurteilen kann, ist ein internationales Engagement in den wichtigsten Märkten Euroland, USA und Asien durchaus sinnvoll. Bei einer möglichen Fortsetzung des Crashs werden zwar erfahrungsgemäß erst einmal alle Bereiche tangiert, in einer guten Börsenstimmung kommt es jedoch durchaus zu sehr unterschiedlichen Entwicklun­gen. Alternativ zur Direktan­lage lassen sich mit Zerti­fika­ten bonitätsstarker Emittenten manche regionalen Lücken be­quem schließen, bei „exoti­schen“ Märkten bieten sich – trotz der damit verbundenen Kosten – Investmentfonds an.

Bei Fondsanlagen entscheidet die Zuordnung zu den einzelnen Anlagebereichen über die weitere Vorgehensweise. Inhaber von Rentenfondsanteilen müssen sich keine Gedanken um die Wiederanlage machen, wird dies doch vom Fondsmanagement erledigt. Allerdings kann es hier lohnen, einen Fondsschwerpunkt in der Eurozone durch inter­nationale Rentenfonds zu er­gänzen, die beispielsweise im Dollarraum oder in den Währungen der Emerging Markets investieren. Bei Ak­tienfonds wiederum sollten Sie darauf achten, dass Sie sich nicht allein auf deutsche Anlage­schwerpunk­te kon­zentrieren, sondern Ihr Depot verstärkt international ausrichten.

Bereits eine recht gute Mixtur bieten schließlich Dachfonds sowie fondsgebundene Ver­mögens­ver­wal­tun­gen. Hier gilt es zu prüfen, inwieweit die einmal gewählte Strategie noch zu den eigenen Vorstellungen passt und auch mit der Marktlage in Einklang zu bringen ist. Im Übrigen sollten Sie stets bedenken, dass jede dieser „Managementvarianten“ zusätzliches Geld kostet und die Gebühren an den Erträgen zehren.

Bei jeder Depotoptimierung sollten Sie auch der künftigen Abgeltungssteuer ein Augenmerk widmen. Bekanntlich bleiben die meisten Anlagen, die im Jahr 2008 getätigt werden, hinsichtlich der Kursgewinne von der neuen Besteuerung weitgehend verschont. Wählen Sie daher jetzt Produkte, die langfristig besonders chancenreich sind. Hier kommen insbesondere Aktien renommierter Unternehmen in Betracht, die noch im laufenden Jahr erworben werden sollten. Aber auch mit Dachfonds lassen sich steuerliche Vorteile realisieren.

Umdenken bei Rentenwerten

Bei Rentenwerten wird es in absehbarer Zeit zu einem Umdenken kommen. Aktuell gelten niedrig verzinste Papiere als der „Renner“, unterliegen doch lediglich die Zinsen, nicht jedoch die Kursgewinne der Besteuerung. Bis Ende 2008 bleiben diese auch weiterhin erste Wahl und sparen dem Anleger den Abzug der Abgeltungssteuer auf Kurs­gewinne. Mit der Einführung der Abgeltungssteuer verlieren diese Papiere jedoch an Bedeutung, stattdessen werden Hochprozenter verstärkt nachgefragt. Denn schließlich spielt es künftig keine Rolle mehr, ob die Erträge aus Zinsen oder Kursgewinnen stammen. Die bis­herigen Renditevorteile der Hochprozenter dürften daher in absehbarer Zeit zusammenschmelzen, hingegen dürften die Niedrigzinspapiere etwas ins Hintertreffen geraten.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(23):12-12