Beim Kauf von Grundstücken stellt die Grunderwerbsteuer einen nicht zu vernachlässigenden Kostenfaktor dar, weil sie in aller Regel gemäß den vertraglichen Vereinbarungen vom Käufer zu entrichten ist. Die Steuer beträgt 3,5 % und bemisst sich grundsätzlich nach der Gegenleistung – dem Kaufpreis. Berlin hat sich für einen erhöhten Steuersatz von 4,5 % entschieden.
Hinweis: Kürzlich hat auch der Hamburger Senat beschlossen, den Grunderwerbsteuersatz ab 1. Januar 2009 auf 4,5 % anzuheben. Wer ohnehin den baldigen Erwerb eines (bebauten) Grundstücks in Hamburg plant, sollte möglichst noch in diesem Jahr zum Notar gehen und den Kaufvertrag abschließen. Beträgt der Kaufpreis z.B. 350.000 €, spart man durch einen „vorgezogenen“ Erwerb immerhin 3.500 €.
Grunderwerbsteuer auf Baukosten
Die Grunderwerbsteuer fällt zwar beim Kauf von unbebauten Grundstücken im Allgemeinen nur auf den Kaufpreis für den Grund und Boden an, bei sogenannten einheitlichen Vertragswerken sieht die Sache jedoch anders aus. Ob das Grundstück in unbebautem oder bebautem Zustand „besteuert“ wird, richtet sich nämlich nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungsmeinung nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien. Kommt die Finanzbehörde zu dem Ergebnis, dass bereits bei Erwerb des unbebauten Grundstücks die Bebauung konkret geplant war, eine besondere Verknüpfung zwischen Grundstücks- und Bauvertrag besteht und die am Kauf Beteiligten oder diesen nahestehende Personen entsprechend zusammengewirkt haben, erhebt sie nicht selten Grunderwerbsteuer auch auf die Baukosten.
Umstrittene Doppelbesteuerung
Unterliegen die Baukosten der Grunderwerbsteuer, sind sie zwangsläufig mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer (doppelt) belastet. Das Niedersächsische Finanzgericht hält eine solche „doppelte“ Belastung für gemeinschaftsrechtswidrig1) und hat die Problematik dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt2). Wir hatten empfohlen, gegen entsprechende Grunderwerbsteuerbescheide Einspruch einzulegen und ggf. Aussetzung der Vollziehung zu beantragen3).
Vorläufige Steuerfestsetzungen
Die Finanzverwaltung hat mittlerweile auf den Vorlagebeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts reagiert und erlässt Grunderwerbsteuerbescheide insoweit nur noch vorläufig4). Eine Aussetzung der Vollziehung gewähren die Finanzbehörden allerdings nicht, weil aufgrund ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grunderwerbsteuerfestsetzung bestünden. Die umstrittene Mehrsteuer auf die Baukosten muss deshalb zunächst entrichtet und sollte vorsichtshalber bereits bei der Finanzierung berücksichtigt werden.
Hinweis: Das Finanzgericht Münster hat in seiner Entscheidung vom 19. Juni 2008 die Belastung von Baukosten mit Grunderwerbsteuer bei einheitlichen Vertragswerken für völlig unbedenklich gehalten. Gegen das Urteil ist mittlerweile das Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig5).
Begrenzter Vorläufigkeitsvermerk
Der Vorläufigkeitsvermerk der Finanzverwaltung bezieht sich ausschließlich auf die Frage, ob die Erhebung der Grunderwerbsteuer auf künftige Bauleistungen beim Kauf eines unbebauten Grundstücks in Fällen des einheitlichen Vertragswerks mit höherrangi- gem Recht vereinbar ist. Sofern Steuerpflichtige anderweitige Einwendungen gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid haben, sollten sie nach wie vor Einspruch einlegen.
„Häuslebauer“ im Visier der Steuerfahndung?
Ob in der Praxis tatsächlich ein einheitliches Vertragswerk vorliegt, ist für die Finanzämter nicht ohne Weiteres festzustellen. Schließen „Häuslebauer“ zwei getrennte Verträge, einen über den Kauf und einen zweiten über die (faktisch bereits vorgegebene) Bebauung, muss der Sachverhalt erst einmal ermittelt und ein konkreter Bezug zwischen beiden Verträgen hergestellt werden.
Offenbar sind mittlerweile die Steuerfahndungsstellen (zumindest teilweise) über die Problematik in ihren verwaltungsinternen „Zentralen Fahndungs-Nachrichten“ informiert worden. Danach wird man bei den Finanzämtern nun wie folgt vorgehen:
- Die Grunderwerbsteuerstellen der Finanzämter prüfen die dort eingehenden Notarverträge (das sind grundsätzlich alle!), ob sich daraus Hinweise auf eine spätere Bebauung ergeben. Ist dies der Fall, erhält der Erwerber einen Fragebogen, in dem er mitteilen muss, ob bereits Bauverträge abgeschlossen wurden.
- Auch wenn dies durch den Käufer verneint wird, leiten die „Steuerfahnder“ bei anderweitigen Anhaltspunkten ggf. sogenannte Vorfeldermittlungen bei den Bau- bzw. Ordnungsämtern ein. Wurde der Bauantrag von einem „Bauträger“ bzw. dessen Architekten gestellt, bestehen die Finanzbehörden auf der Vorlage des Vertrags.
- Besonders geprüft werden sollen kleinere Bauprojekte, weil bei Großprojekten davon ausgegangen wird, dass ohnehin die bereits bebauten Grundstücke weiterveräußert werden.
Hinweis: Es ist nicht auszuschließen, dass Grundstückserwerber zukünftig mit dem Vorwurf der Grunderwerbsteuerhinterziehung konfrontiert werden, wenn sie ein „bauträgerähnliches“ Projekt verwirklichen und dies nicht entsprechend „anzeigen“. Deshalb sollte bereits der Notarvertrag und/oder der Werkvertrag frühzeitig auf grunderwerbsteuerrechtliche Besonderheiten von einem Steuerexperten überprüft werden.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 10 vom 15. Mai 2008, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
2) Aktenzeichen des anhängigen Verfahrens: C-156/08.
3) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 10 vom 15. Mai 2008, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
4) Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. Juli 2008, Bundessteuerblatt 2008 I, Seite 812.
5) Aktenzeichen II R 39/08.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(25):18-18