Ute Jürgens
Jeder trauert anders, einige brauchen besonders viel Austausch und Aufmerksamkeit, andere das Gegenteil. Die erste Reaktion aus der Apotheke sind häufig Kondolenzbriefe (siehe Checkliste unten). Hier verwendet man entweder die üblichen Standardschreiben mit dem Vordruck „in herzlicher Anteilnahme“ und unterschreibt lediglich als Leiter. Die andere Variante besteht in einem selbst formulierten Text, der uns allerdings oft etwas schwer von der Hand geht. Wesentlich wird immer sein, wie gut Sie den Verstorbenen kannten bzw. in welchem Verhältnis Sie zu den Angehörigen stehen. Hier gibt es natürlich immense Unterschiede.
Diese persönlichere Zuwendung ist nicht nur bei Stammkunden angezeigt, sondern eventuell auch bei Ärzten, Mitarbeitern, Ihrem Vermieter, Kollegen etc. Auch für Briefe gibt es letztlich kein Rezept, das immer wirkt und für jeden gut ist. Versetzen Sie sich in die trauernde Person und überlegen Sie, welche Ausdrucksweise am besten passt. Dazu bedarf es allerdings einer gewissen Art von Muße und einer ruhigen Umgebung.
Wenn es weniger als ein Brief, aber mehr als eine gekaufte Karte sein soll, bieten sich selbst gefertigte Bildkarten an, auf denen man nur einen Spruch zitiert. Beispiele:
Zitate aus dem Internet
Diese Beispiele passen sicher nicht immer. Eine gute Quelle für kurze Gedichte oder Zitate sind Todesanzeigen in der Zeitung. Es empfiehlt sich, hier einen kleinen Schatz an Sprüchen anzulegen, damit man jeweils den richtigen aussuchen kann. Im Internet bietet die Seite www.aphorismen.de eine breite Auswahl an.
Unterstützungsangebote im Brief oder im persönlichen Gespräch können entweder allgemeiner oder konkreter gehalten sein: „Bitte lassen Sie uns wissen, wenn Sie Hilfe brauchen“ oder „Was können wir in dieser Situation für Sie tun? Bitte sagen Sie es uns.“ Ihr Gegenüber hat vielleicht nicht sofort eine Antwort, aber ist froh über den Rückhalt und dass er in dieser Situation nicht allein steht.
Oft reagieren wir im Todesfall automatisch hektisch bezüglich organisatorischer Dinge. Der einfache Satz „Mit dem Räumen der Wohnung können Sie sich ja noch etwas Zeit lassen“ verdeutlicht dem Kunden, dass er nun nicht plötzlich innerhalb von zwei Wochen handeln muss.
In Beerdigungsinstituten gibt es Broschüren mit Hinweisen, was direkt nach einem Todesfall getan werden muss. Diese Hilfen können Sie auch in der Apotheke bereithalten.
Hilfreich ist ebenfalls ein Ordner mit einer Adressensammlung zu Trauergruppen, Firmen, die bei Haushaltsauflösungen behilflich sind, Sammelstellen für Bücherflohmärkte oder Kleidersammlungen des Roten Kreuzes etc. Der Kunde kann sich mit dem Ordner und Schreibzeug in den Beratungsraum setzen und in Ruhe entscheiden, was er benötigt. Wenn Sie ein Glas Wasser bringen und deutlich machen, dass Sie noch eine Weile geöffnet haben, befürchtet Ihr „Schützling“ auch nicht, dass er stört.
Medikamente sichten
Ein weiteres konkretes Angebot: das Sichten der Hausapotheke. Auch wenn Trauernde als Erinnerung noch an Dingen des Verstorbenen hängen und sich nicht trennen können – Arzneimittel gehören selten dazu. Bieten Sie an, den Boten zu schicken, damit er alles zur Durchsicht abholt. Oder lassen Sie den Kunden selbst aktiv werden und mit den üblichen Plastiktüten kommen: Die Arbeit des Sortierens können Sie gemeinsam mit ihm erledigen und ihn darauf hinweisen, was er für seine eigene Hausapotheke behalten sollte.
Übers Sterben sprechen
Wie verhält es sich mit dem Gespräch über das Sterben selbst? Ein Krebskranker, der zu Hause oder mit Freunden nicht darüber sprechen mag, hat manchmal viel Vertrauen zu Personen, die ihm nicht so nahestehen. Er muss nicht befürchten, dass er sie mit seinem eigenen Sterben zu sehr belastet. Die Situation in der Apotheke vermittelt ihm zudem die Sicherheit, schnell abbrechen zu können, wenn es ihm zu nahegeht. Mancher öffnet sich auch leichter Menschen, die ihm neutral und freundlich gegenüberstehen und außerdem schweigen können und müssen.
Und wir? Wie oft haben wir uns über dieses Thema Gedan‑ ken gemacht, wie oft das Sterben naher Familienmitglieder oder Freunde erlebt? Vielleicht haben neben der eigenen Erfahrung Seminare oder Literatur geholfen, eine gelebte Spiritualität oder konkrete Dinge wie das Kennenlernen von bzw. die ehrenamtliche Mitarbeit in einem Hospiz. Dies alles hilft uns, auf unser Gegenüber einzugehen.
In erster Linie geht es um das geduldige Zuhören, manchmal werden Gedanken geäußert, die später wertvoll für trauernde Angehörige sind. Oft hat der Kranke ein gutes Gespür dafür, wen er ansprechen kann und zu welchem Zeitpunkt. Falls es gar nicht passt, sollten Sie ihn freundlich darauf hinweisen und – bei tatsächlicher eigener Bereitschaft – einen konkreten Termin nennen. Der Kranke wird nicht verprellt, wenn Sie ihm das Gefühl vermitteln, dass Sie zwar für den Betriebsablauf sorgen müssen, aber trotzdem bereit sind, später auf ihn einzugehen.
Für Apothekenleiter ist es auch hier wichtig, mit gutem Beispiel voranzugehen, sodass die Mitarbeiter sich selbst trauen, dem Kunden über das normale kurzgehaltene Beratungsgespräch hinaus beizustehen. Das Thema Tod kommt nicht so häufig im Apothekenalltag vor, als dass der Gewinn aus einem solchen Gespräch den Zeitverlust nicht bei Weitem aufwiegen würde.
Ute Jürgens, Kommunikations-trainerin und Einzelcoach,
KomMed, 28865 Lilienthal,
E-Mail: KomMed@freenet.de
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Bächer, Susanne: Für Sterbliche – Hinweise und Gedanken zum Tod, S. Hirzel Verlag, 2002, 19,80 € zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag (Telefon: 0711/2582 341, Telefax: 0711/2582 290, E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de).
www.kommed-coaching.de.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(02):8-8