Zinsanlagen

„Angst“ bleibt das vorherrschende Thema


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Geldanleger haben es derzeit nicht einfach: In allen Laufzeitbereichen haben die Rendite­sätze historische Tiefststände erreicht, gleichzeitig werden vermeintlich riskantere Produkte mit enormen Zinsaufschlägen gehandelt. Vorschnelles Investieren kann jedoch teuer werden.

Die Weltwirtschaft steckt in einer ihrer schwersten Krisen: Zahlreiche Banken sind – zumindest an den Bilanzkennzahlen gemessen – praktisch pleite, andere haben die Vergabe von Krediten aus Angst vor Zahlungsausfällen weit­gehend eingestellt. Die Folge: Unternehmen ohne solides finanzielles Polster geraten ebenfalls in Schieflage und sorgen für neuerliche Löcher in den Bankbilanzen.

Nicht unumstritten sind auch die massiven Stützungsmaßnahmen der Regierungen: Zum einen ist davon auszugehen, dass viele von ihnen weitgehend wirkungslos bleiben werden, zum anderen erhöht jedes neue Förderprogramm die Staatsschulden in einem bisher nie gesehenen Ausmaß. Beängstigend sind in diesem Zusammenhang auch die Kommentare angesehener Ex­perten, die – wie unlängst auf der Homepage der Frankfurter Börse zu lesen – das „Gespenst“ einer möglichen Währungsreform durchleuchten.

Von derart einschneidenden Schritten ist zumindest Europa zwar noch weit entfernt, denn schließlich mangelt es an den hierfür maßgeblichen Indikatoren wie etwa einer hohen Inflationsrate. Andererseits hat sich das wirtschaftliche Umfeld auch auf alle Arten der Geldanlage ausgewirkt: Die Aktienbörsen er­innern mit ihren hektischen Kurssprüngen eher an ein Spielcasino als an einen seriösen Marktplatz für Anlagen. Die Sachwertpreise sind massiv eingebrochen, wobei Gold immer wieder einmal mit spektakulären Steigerungen für Schlagzeilen sorgt. Die Immobilienmärkte sind weitgehend gelähmt, Umsätze finden kaum noch statt und nicht zuletzt stehen auch die Zinsen massiv unter Druck. Lag die durchschnittliche Umlaufrendite vor Jahresfrist noch bei knapp 4,9%, so wurde zum Jahreswechsel 2008/2009 die Marke von 3,0% zumindest für einige Wochen unterschritten.

Riskante Unternehmensanleihen

Dabei zeigt der Markt extreme Spannen: Zu den beliebtesten Produkten zählten und zählen Staatsanleihen etwa aus Deutschland oder Frankreich, die beispielsweise bei fünfjähriger Restlaufzeit gerade einmal 2,3% Jahresrendite abwerfen. Aber auch Tages- und Festgelder bei den durch ein Einlagensicherungssystem geschützten Instituten stehen bei Anlegern hoch im Kurs mit der Folge, dass die noch vor wenigen Monaten offerierten Lockvogelangebote von mehr als 5,0% Verzinsung der Vergangenheit angehören. Heute lassen sich nur noch selten mehr als rund 3,0% bei einjähriger Anlagedauer erzielen, viele Institute bieten gar deutlich unter 2,0%.

Dem stehen alle Finanzprodukte gegenüber, die auch nur den Hauch eines Risikos bergen: Bankschuldverschreibungen bringen oftmals mehr als 4,0%, Unternehmensanleihen vielfach weit über 6,0%. Wenn gar ein Ausfall zumindest im Bereich des Möglichen liegt, springen die Renditen – wie etwa bei der TUI-Anleihe mit Laufzeit bis 2012 – auf über 20%.

Vor diesem Hintergrund sollten Anleger zunächst weiterhin abwarten: Eine Rendite von weniger als 2,5% für mehrjährige Anleihen ist zu niedrig, um das Risiko von Kursverlusten bei wieder steigenden Zinsen zu eskomptieren. Andererseits sind aber auch Renditen von mehr als 7,0% suspekt, signalisieren sie doch das Risiko eines Zahlungsausfalls. Als vorläufiger „Parkplatz“ für Neuanlagen eignen sich hingegen nach wie vor Tages- und Festgeldkonten, die jedoch mindestens 2,75% Zins abwerfen sollten.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(06):15-15