Helmut Lehr
Seit dem 1. Januar 2009 gilt das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht1). In erster Linie betreffen die Änderungen die Bewertungsvorschriften, besondere Begünstigungen für Betriebsvermögen sowie die persönlichen Freibeträge. Ebenfalls geändert wurde die Steuerbefreiung für Familienwohnheime, der in der Praxis eine ganz besondere Bedeutung zukommen kann.
Lebzeitige Übertragung zwischen Ehegatten
Schon bislang konnten sich Ehegatten untereinander das Familienwohnheim zu Lebzeiten steuerfrei übertragen2). Dabei spielte der Wert des Objekts keine Rolle. Es gab auch keine Objektbeschränkung, sodass im Laufe der Ehe durchaus mehrere Objekte übertragen werden konnten, sofern diese im Übertragungszeitpunkt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
Hinweis: Die gesonderte Befreiung für die Übertragung des Familienwohnheims ist deshalb von großer Bedeutung, weil die persönlichen Freibeträge3) dadurch nicht verbraucht werden und somit für die Übertragung weiteren Vermögens zur Verfügung stehen. Außerdem findet insoweit keine Zusammenrechnung von (mehreren) Erwerben innerhalb der Zehn-Jahresfrist statt.
Dreigeteilte Steuerbefreiung
Nach neuem Recht gibt es gleich drei verschiedene Steuerbefreiungen für das Familienwohnheim (vgl. §13 Absatz 1 Nr. 4a, b, c Erbschaftsteuergesetz), das jetzt auch im europäischen Ausland liegen kann:
- Schenkung unter Lebenden zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern,
- Erwerb von Todes wegen durch den Ehegatten oder Lebenspartner,
- Erwerb von Todes wegen durch Kinder oder Enkel.
Hinweis: Während bislang nur Schenkungen unter Ehegatten begünstigt waren, kommt die Steuerbefreiung für das Familienwohnheim künftig auch bei Erwerben von Todes wegen zur Anwendung, wenn auch nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen.
Schenkung zwischen Ehegatten/ Lebenspartnern
Nachdem in der Vergangenheit nur Schenkungen zwischen Ehegatten steuerfrei gestellt wurden, gilt die Steuerbefreiung nun ausdrücklich auch für Zuwendungen unter Lebenspartnern. Diese profitieren nach neuem Recht zudem von einem erhöhten persönlichen Freibetrag (500.000 €).
Von erheblicher Bedeutung ist die Tatsache, dass das Gesetz die Steuerbefreiung auch dann vorsieht, wenn die Immobilie (Familienwohnheim) nur teilweise zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Abgestellt wird nämlich neuerdings auf die Grundstücks- arten nach §181 Absatz 1 Nr. 1 bis 5 Bewertungsgesetz. Dazu zählen Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstü-cke, Wohnungs- und Teileigentum, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke.
Hinweis: Die Steuerbefreiung wird auf den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil beschränkt. Bislang ging sie komplett verloren, sofern die Wohnungsnutzung nicht überwog oder das Objekt auch nur teilweise vermietet wurde4).
Beispiel: Apothekerin Meinolf lebt mit ihrer Familie in einem Mehrfamilienhaus (Nutzfläche: 400 qm), das sie als Alleineigentümerin besitzt. Der steuerliche Wert des Hauses beträgt 800.000 €. Eine Wohnung (100 qm) nutzt die Familie selbst, die anderen drei Wohnungen sind vermietet.Überträgt Frau Meinolf das Objekt schenkweise auf ihren Mann, bleiben nach neuer Rechtslage 200.000 € (100/400 des Gebäudewerts) steuerfrei (§13 Absatz 1 Nr. 4a Erbschaftsteuergesetz). Zusätzlich ist der persönliche Freibetrag von 500.000 € für Ehegatten zu berücksichtigen, sofern dieser (noch) nicht durch anderweitige Schenkungen verbraucht wurde.
Hinweis: Nutzt die Familie ein Objekt mit z.B. 400 qm Nutzfläche als Familienwohnheim komplett selbst, kann die Steuerbefreiung für die gesamte Immobilie beansprucht werden, eine quantitative Beschränkung gibt es – wie bereits nach altem Recht – nicht.
Erwerb von Todes wegen
Wird das Familienwohnheim an den Ehepartner, Lebenspartner, Kinder oder Kinder verstorbener Kinder vererbt, greift die Steuerbefreiung nur, wenn das Objekt vom Erwerber anschließend zehn Jahre selbst genutzt wird. Bei Aufgabe der Selbstnutzung in dieser Zeit (z.B. Vermietung, Veräußerung oder längerer Leerstand) entfällt die Befreiung rückwirkend. Bei Schenkung des Familienwohnheims zwischen Ehegatten/Lebenspartnern gilt diese Einschränkung nicht.
Hinweis: Aus Billigkeitsgründen bleibt die Steuerfreiheit erhalten, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an der weiteren Selbstnutzung gehindert ist. Hierzu zählen laut Gesetzesbegründung Tod oder Pflegebedürftigkeit. Ob darüber hinaus weitere zwingende Gründe „anerkannt“ werden müssen (z.B. beruflich bedingter Auslandsaufenthalt, Wiederverheiratung, Umzug zum neuen Partner), werden wohl die Gerichte früher oder später zu entscheiden haben.
Obergrenze von 200 qm
Erben Kinder bzw. Enkel das Familienwohnheim, greift die Steuerbefreiung nur, soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Der Wortlaut „soweit“ legt nahe, dass bei einer größeren Wohnung die Steuerbefreiung zumindest anteilig zu gewähren ist.
Hinweis: Schon bisher galt die Befreiung für Familienwohnheime nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht für Ferien- und Wochenendhäuser. Da laut Gesetzesbegründung5) das Familienwohnheim den Lebensmittelpunkt darstellen muss, dürfte die Befreiung hier – zumindest aus Sicht der Finanzverwaltung – auch nach neuem Recht nicht greifen.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 24 vom 15. Dezember 2008, Seite 10 und 11.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 7 vom 1. April 2006, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 19.
3) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 5 vom 1. März 2008, Seiten 8 bis 11.
4) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 6 vom 15. März 2007, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 19.
5) Vgl. BT-Drucksache 16/11107.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(06):18-18