Prof. Dr. Reinhard Herzog
Als im Jahr 2003 die Mannheimer Lebensversicherung ihre finanzielle Schieflage publizieren musste, herrschte helle Aufregung in der Branche: Eine Pleite, darüber war man sich einig, würde das Geschäft mit Lebensversicherungsverträgen massiv schädigen. Schnell entschloss sich die Branche zu einer Rettungsaktion, die letztlich über 200 Mio. € kostete: Mit der Protektor AG (www.protektor-ag.de) wurde eine Auffanggesellschaft geschaffen, die die Geschäfte der Mannheimer Leben übernahm und weiterführte. Seit 2006 fungiert Protektor als gesetzlicher Sicherungsfonds für alle deutschen Lebensversicherungsgesellschaften und – auf freiwilliger Basis – auch für Pensionskassen zur betrieblichen Altersvorsorge. Kommt es zu einer Schieflage, die von der betroffenen Gesellschaft aus eigenen Mitteln nicht ausgeglichen werden kann, ordnet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Übertragung der Verträge auf die Protektor AG an.
1,3 Milliarden Euro für die Sanierung
Zur Finanzierung der Sicherungseinrichtung wenden die angeschlossenen Mitglieder pro Jahr 0,2‰ ihrer versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen auf, bis ein Sicherungsvermögen von 1‰ der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen aufgebaut ist. Dieses Volumen von rund 650 Mio. € wird voraussichtlich Ende 2009 angesammelt sein. Genügen diese Mittel im Fall einer Sanierung nicht, kann Protektor Sonderbeiträge von den Mitgliedern in Höhe von weiteren 1‰ der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen erheben, sodass letztlich rund 1,3 Mrd. € zur Verfügung stehen.
Auch Kunden müssen bezahlen
Problematisch ist es, wenn Schäden diese Summe überschreiten sollten. Dann muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Verpflichtungen aus den Verträgen um bis zu 5% der vertraglich garantierten Leistungen herabsetzen, d.h., der Kunde wird am Sanierungsfall „beteiligt“. Darüber hinaus kann die Aufsichtsbehörde die Kündigung bestehender Verträge temporär verbieten. Sollten auch diese Maßnahmen nicht genügen, haben sich die Gesellschaften auf freiwilliger Basis verpflichtet, weitere Finanzmittel in Höhe von bis zu 1% der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen, also nochmals rund 6,5 Mrd. €, zur Verfügung zu stellen.
Ausfall der Gewinnbeteiligung
Allerdings müssen betroffene Versicherte weitere Nachteile in Kauf nehmen. Zwar sind die bis zum Zeitpunkt der Übertragung erreichten Gewinnanteile und Überschüsse im Rahmen der „95%-Garantie“ abgesichert und der Lebensversicherungsschutz besteht fort. Zweifelhaft ist jedoch, ob nach der Übertragung neue Über-schussbeteiligungen gutgeschrieben werden, da die Protektor-Statuten vorsehen, dass zunächst der Sanierungsaufwand gedeckt werden muss. Lediglich der bei Vertragsabschluss festgelegte Garantiezins bleibt unangetastet.
Problematisch kann es schließlich werden, wenn sich die Sanierung über einen sehr langen Zeitraum erstreckt: Im jeweiligen Tarif werden keine Neukunden mehr aufgenommen, sodass der versicherungstypische Risikoausgleich zwischen Jungen und Alten nicht mehr funktioniert. In diesem Fall kann – und wird – Protektor die Verträge jedoch nach Abschluss der Sanierung an andere Unternehmen übertragen, die sie dann in ihre eigenen Bestände eingliedern.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(06):16-16