Apothekenpositionierung

Handlungskonzepte beim Auftreten preisaktiver Mitbewerber


Ursula Hasan-Boehme

Wenn preisoffensive Apotheken in die Nähe rücken, kommt der eigene Marktauftritt auf den Prüfstand. Für betroffene Apothekerinnen und Apotheker stellt sich dann zwangs­läufig die Frage, wie man den zu erwartenden Bedrohungen entgegenwirken kann.

Bestimmte Kooperationen und Franchisesysteme stellen Preis­senkungen in den Mittelpunkt des Marktauftritts ihrer Mitglieder. Dadurch sind Apotheken zunehmend preisoffensiver Konkurrenz im Umfeld ausgesetzt. In solch einer Situation gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Das Bedrohungspotenzial und die eigene Situation sind gründlich zu analysieren und darauf aufbauend ist ein individuelles Handlungskonzept zu entwickeln.

Konkurrenzanalyse

Zunächst ist entscheidend, wie dicht die Konkurrenz liegt. Je näher sie dem eigenen Standort ist, desto größer wird die Betroffenheit sein. Weiter wird es einen Unterschied machen, ob eine schon in der Umgebung vorhandene Apotheke z. B. nach Beitritt zu einer Ko­operation mit besonderen Preisaktivitäten startet oder ob sich eine Apotheke im Umfeld neu niederlässt, die einer preisoffensiven Kooperation oder einem Franchisesystem angehört. Die neue Niederlassung eines Wett­bewerbers ist für die eigene Apotheke immer eine große Bedrohung, die verstärkt wahrgenommen wird, wenn Dumpingpreise zu erwarten sind.

Preisaktive Kooperationen und Franchisesysteme haben regelmäßig ein bestimmtes Kon­zept, darin liegt ihre Stärke. Für die eigenen Überlegungen gilt es, genauer auf die zu erwartende Preispolitik des Mitbewerbers zu schauen:

  • Worauf setzt der Mitbewerber genau?
  • Ist ein System der Preissenkungen erkennbar?
  • Welche Produkte kommen wie lange in den Fokus?
  • Werden Preise direkt gesenkt?
  • Wie groß ist das Ausmaß der Preissenkungen?
  • Welche Werbeaktivitäten sind zu erwarten?

Auch mit den Schwächen des Mitbewerbers sollte man sich auseinandersetzen. Häufig ist zu beobachten, dass Apotheken, die bestimmten allgemeinen Konzepten folgen, weniger Individualität aufweisen.

Einschätzung der Kunden- und Umsatzrückgänge

Die erwarteten Kunden- und Umsatzrückgänge werden häufig überschätzt. Es wird dabei der Fehler gemacht, Anfangseffekte hochzurechnen. Regelmäßig sind in der Anfangsphase die Rückgänge am stärksten. Auch sogenannte treue Kunden lassen sich durch plakativ herausgestellte Preissenkungen oder ein besonderes Preisimage eines Mit­bewerbers locken. Man kann versuchen, diesen Abwanderungstendenzen ent­gegenzuwirken. Entscheidend ist, dass insbesondere bisherige Stammkunden wiederkommen und nicht dauerhaft verloren gehen. Man muss sich jedoch darauf einstellen, dass man die Schnäppchenjäger unter den eigenen Kunden nicht wird halten können.

Erfolg der Konkurrenz?

Vielfach wird geglaubt, dass preisoffensive Apotheken die Gewinner solcher Konstella­tionen sind und letztlich doch bessere wirtschaftliche Ergeb­nisse erzielen. Dies mag im Einzelfall zutreffen. Untersuchungen der Treuhand Hannover GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, haben gezeigt, dass die Umsatz- und Frequenz­zuwächse in der Anfangsphase beachtlich, jedoch eher nur von kurzer Dauer sind.

Die Preissenkungen ziehen Rohgewinnverluste nach sich und die begleitenden professionellen Werbemaßnahmen, Flyer, Anzeigen usw., können zu beachtlichen Kostensteigerungen führen. Die Stei­gerungen des Werbebudgets fallen unter Umständen gerin­ger aus, wenn Leistungen einer Kooperation oder eines Franchisegebers in Anspruch genommen werden können. Dann sind jedoch meist die Kosten der Systemmitgliedschaft um ein Vielfaches höher. Die unten stehende Tabelle zeigt ein Beispiel für die Mehrkosten für Preis­offensiven im Rahmen eines Franchisesystems.

Für eine Apotheke mit einem Ausgangsumsatz von 1,5 Mio. € wird in der Beispielrechnung auf Seite 7 aufgezeigt, wie hoch ein Mehrumsatz min­destens sein müsste, um den Rohgewinnrückgang durch die Preisreduktionen und die zusätzlichen Kosten von zusammen 61.000 € gerade zu kompensieren. Bei der genannten Ausgangslage ist dafür auf Dauer jährlich ein Mehrumsatz von 271.000 € erforderlich oder 18,3% bezogen auf den Gesamtumsatz der Apotheke. Bezogen auf den Selbstmedikationsumsatz der Apotheke müsste sich dieser mehr als verdoppeln. Erst wenn der Mehrumsatz über die genannte Schwelle hinausgeht, verbessert diese Apotheke ihr Ergebnis. Bei dieser Betrachtung sind lediglich variable Kosten in Höhe von 3% des Gesamtumsatzes berücksichtigt. Es liegt jedoch auf der Hand, dass Mehrumsätze in diesen Dimensionen nicht ohne zusätzliches Personal bewältigt werden können.

Der wirtschaftliche Erfolg preisoffensiver Mitbewerber ist keineswegs gesichert. Nach möglichen Anfangserfolgen reichen der Mehrabsatz und der Mehrumsatz meist nicht aus, um die durch Preissenkungen verursachten Rohgewinnverluste und die gestiege­nen Kosten zu kompensieren.

Antworten auf Herausforderer

Wichtig ist es für vom Preiskrieg betroffene Apotheken, nicht in Panik zu verfallen und einfach die eigenen Preise herunterzuzeichnen. In Ansehung der eigenen Situation und des Umfeldes müssen sowohl die bisherige Preispolitik wie auch der gesamte Marketingauftritt überprüft werden. Wichtig ist auch, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und diese bewusst zu intensivieren. Zu den besonderen Stärken vieler Apotheken gehört die Individualität, die sich vor allem im Umgang mit den Kunden zeigt. Für die zu entwickelnden Maßnahmen sind Antworten auf mehrere Fragen zu finden:

  • Was habe ich bisher preispolitisch unternommen?
  • Welche preislichen und welche nicht preislichen Antworten kommen auf Preisoffensiven der Mitbewerber in Betracht?
  • Welche Kundenbindungs­ele­mente setze ich bisher ein?
  • Wie kann die Kundenbindung verstärkt werden?
  • Welche Zeitspanne bleibt für Gegenmaßnahmen?

Preispolitische Maßnahmen

Preispolitisch können selektiv für eine begrenzte Anzahl von Produkten Preisangebote gemacht werden, die auf einem Flyer rotierend beworben werden. Die Anzahl der beworbenen Produkte sollte überschaubar bleiben, meist reichen fünf Produkte auf ei- nem Flyer aus, um den Kunden das Signal zu geben, dass auch diese Apotheke einen vorteilhaften Einkauf ermöglicht. Bei direkten Preissenkungen sollte der Preisvorteil für den Kunden noch unmittelbar erkennbar sein.

Den unmittelbaren Preissenkungen vorzuziehen sind in­direkte Preisvorteile. Durch gezielte Rabatte oder Coupons erhält der Kunde einen Vorteil, ohne dass der Verkaufspreis und damit auch die Wertigkeit des Produktes angegriffen werden.

Rabatte/Coupons/Gutschei­ne können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Beim Kauf bestimmter Produkte kann es einen Gutschein geben, der den Kauf eines an­deren, weiteren Produkts verbilligt. Der Gutschein mit einem bestimmten Wert kann an eine bestimmte Einkaufssumme gebunden werden. Nachlässe können ausgewählten Kundengruppen gewährt werden. Wird ein Rabatt für eine bestimmte Kundengruppe zeitlich eng begrenzt gewährt, z.B. Mittwochnachmittag oder Dienstagvormittag, kann die Aktion Eventcharakter gewinnen. Die begünstigten Produkte müssen natürlich zu der Kundengruppe passen und für diese interessant sein. Rabatte müssen nicht nur bar, sondern können auch als Sachprämie gewährt werden. Sie sind grundsätzlich in der Wertigkeit für den Kunden höher angesiedelt. Sie sprechen auch die emotionale Seite an.

Kundenbindungs­maßnahmen

Da es in dieser Situation wichtig ist, Kunden zu halten, sollten Kundenbindungsmaßnahmen verstärkt werden. Bestimmte Preisvorteile und Dienstleistungsangebote erhalten nur ausgewählte Kundengruppen, Kundenkarteninhaber mit einem bestimmten Einkaufsvolumen pro Jahr, die Senioren unter den Kundenkarteninhabern usw. Es lohnt sich, für die wichtigen Kundengruppen der Apotheke spezifische Angebote, gerade auch aus dem Dienstleistungsbereich, zu machen. Die Kundenansprache kann über gezielte Mailings erfolgen. Besonders wirksam ist eine persönliche Ansprache.

Um Kunden zu binden, ist die emotionale Seite der Kundenansprache und der Angebote zu verstärken. Aus­gewählte Kunden werden z.B. zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. Es wird eine Fahrt zu einem pharmazeutischen Hersteller der Umgebung oder zum Großhandel oder zu einem Rezeptabrechner organisiert. Für diese der Apotheke vorgelagerten oder nachgelagerten Bereiche zeigen Kunden ein großes Interesse.

„Facelifting“ für die Apotheke

Je nach Ausgangssituation kann es auch nötig oder sinnvoll sein, das Erscheinungsbild der eigenen Apotheke vor Auftreten des Mitbewerbers zu überarbeiten. Ist ein Umbau schon lange fällig, sollte er in Angriff genommen wer­den. Dies setzt eine gewisse noch verfügbare Zeitspanne voraus. In anderen Fällen reichen manchmal kleinere Änderungen wie ein neuer Anstrich der Wände, Lichtakzente, besondere Fotos oder ein großer Blumenstrauß als Blickfang. Der Kunde soll sich wohlfühlen in der Apotheke.

Fazit

Gut vorbereitet lässt sich der Herausforderung durch einen preisoffensiven Mitbewerber besser begegnen. Wichtig ist dabei, auch das gesamte Team der Apotheke mit einzubinden. Zum einen können Mitarbeiter noch Ideen einbringen, zum anderen sind sie insbesondere auch ge-fragt bei der Umsetzung entsprechender Konzepte.

Dipl.-Volkswirtin Ursula
Hasan-Boehme, Steuerberate-
rin, TREUHAND HANNOVER
GmbH, Steuerberatungs-
gesellschaft, 30519 Hannover,
E-Mail: ursula.hasan-boehme@treuhand-hannover.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(09):5-5