Prof. Dr. Reinhard Herzog
Über 200 Milliarden US-Dollar volkswirtschaftlicher Schaden – so lautete die Katastrophenbilanz für das Jahr 2008 der Münchener Rück. Und die Tendenz ist steigend: Verzeichneten die Klimaforscher im vergangenen Jahrhundert allenfalls alle 10 bis 20 Jahre in Deutschland ein besonders schadensträchtiges Ereignis wie das Elbehochwasser oder den Orkan Kyrill, so kommt es mittlerweile bereits alle fünf Jahre zu derartigen „Großschäden“. Auch die Schadenshöhe nimmt dramatisch zu, da heute sogar Regionen weitab von jedem größeren Gewässer durch Hochwasser bedroht sind.
Politiker auf Stimmenfang
Geht es um den Ersatz der Schäden, wird schnell der Ruf nach Vater Staat laut. Und den hören Politiker gar nicht ungern. Das Versprechen einer „schnellen, unbürokratischen Hilfe“ gilt als willkommene Möglichkeit zum Stimmenfang. Aber auch großzügig initiierte Spendensammlungen und eine kamerawirksam in Szene gesetzte „Mithilfe beim Wiederaufbau“ sind mehr wert als jede teure Wahlveranstaltung.
Doch sind erst einmal Politiker und Fernsehübertragungsfahrzeuge abgezogen, sieht die Lage anders aus: Unterstützung von staatlicher Seite können Betroffene grundsätzlich nur dann erwarten, wenn die entstandenen Schäden nicht versicherbar waren. Und auch Spendensammelstellen gehen zunehmend dazu über, ihr Füllhorn gezielt nur noch dort auszuschütten, wo die Not als unvermeidbar anzusehen ist.
Für Immobilien kommen mehrere Versicherungen in Betracht, die im Fall von Naturkatastrophen Leistungen erbringen. So ist die Hausratversicherung für alle Gegenstände „zuständig“, die in eine Immobilie eingebracht wurden, also Möbel und individuelle Zusatzausstattungen wie – in vielen Fällen – Markisen. Versicherbar sind Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm, Hagel, Einbruchdiebstahl, Raub und Vandalismus. Mit abgedeckt sind regelmäßig die Ausgaben für Aufräumungsarbeiten, den Schutz des Objekts und eventuelle Hotelkosten. Möglich ist die Erweiterung der Haftung, beispielsweise auf Schäden durch Überspannung oder Fahrraddiebstahl.
Die Versicherung zahlt im Schadensfall bis zur festgelegten Vertragssumme. Liegt die Schadenssumme höher, erfolgt eine anteilige Kürzung. Um eine solche Unterversicherung zu vermeiden, bieten die meisten Gesellschaften den Verzicht auf die „Einrede der Unterversicherung“ an, wenn der Kunde eine festgelegte Mindestsumme – meist 650 € je Quadratmeter Wohnfläche – abschließt.
Sengschäden sind nicht versichert
Während die Hausratversicherung sowohl für Mieter wie auch Selbstnutzer praktisch unverzichtbar ist, wurde die Gebäudeversicherung speziell auf Hauseigentümer zugeschnitten. Abgedeckt werden meist die Risiken Feuer, Sturm und Leitungswasser, versichert ist die Immobilie mit ihren fest verbundenen Bestandteilen. Als Feuer gilt dabei jede offene Flamme, die sich aus eigener Kraft weiterverbreiten kann, sowie Blitzschlag und Explosion. Nicht versichert sind Schäden, die lediglich durch Hitze ohne offenes Feuer entstehen, Sengschäden sowie Schäden durch Implosion von Fernsehgeräten. In jedem Fall mitversichert werden sollten Überspannungsschäden im Leitungsnetz, die als häufigste Schadensursache dieser Sparte gelten.
In der Sturmversicherung sind alle Schäden abgesichert, die bei einem Sturm ab Windstärke 8 entstehen, z.B. auch Hagelschäden. Nicht abgesichert sind jedoch Fälle, in denen Regen, Schnee, Hagel oder Schmutz durch nicht ordnungsgemäß geschlossene Fenster eindringen.
Die Risikoabdeckung „Leitungswasser“ kommt für alle Schäden auf, die durch bestimmungswidrig aus dem Rohrsystem der Wasserversorgung austretendes Leitungswasser entstehen, z.B. infolge eines Rohrbruchs oder durch Frost. Typisches Beispiel ist das Platzen des Zulaufschlauchs der Waschmaschine. Generell nicht versichert sind jedoch alle Wasserschäden durch Auslaufen von Wasserbehältern wie Aquarien oder Wasserbetten sowie durch natürliche Gewässer wie Grundwasser. Auch Zu- und Ableitungsrohre müssen manchmal gezielt in den Versicherungsschutz aufgenommen werden.
Nicht erfasst durch die Gebäudeversicherung werden Schäden durch Überschwemmung, Kanalrückstau, Erdbeben und Lawinen. Hierfür ist die Erweiterung der Police um die Elementarschadenversicherung erforderlich. Sie kostet meist deutlich unter 100 € pro Jahr Zusatzbeitrag, wird aber dennoch nur selten abgeschlossen. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass z.B. in der norddeutschen Tiefebene Häuser durch Lawinen zerstört werden oder dass ein bayerisches Hochgebirgsdomizil Opfer von Hochwasser wird. Doch nur durch Kombination verschiedener Risiken sind entsprechend günstige Prämien möglich. Versichert sind insbesondere Hochwasserschäden (nicht jedoch Schäden durch Grundwasser), Schäden aufgrund eines Rückstaus im Kanal sowie als Folge von Erdbeben, Erdsenkungen oder Erdrutschen.
Nicht jedes Objekt ist versicherbar
Allerdings kann insbesondere in der Gebäudeversicherung nicht jedes Gebäude problemlos auch versichert werden. So teilen die Versicherungsgesellschaften Deutschland in zwei bis drei „Leitungswasserzonen“ auf, abhängig vom Härtegrad des Wassers. Je härter das Wasser, umso größer sind die Gefahren durch geplatzte Rohre und umso teurer ist die Versicherungspolice. In der Sturmversicherung wird zum einen nach der Bauweise des Hauses unterschieden: Ein massiv gebautes Haus erhält eine günstigere Bewertung als ein in Leichtbauweise errichtetes Haus (wie z.B. Holzhäuser). Zum anderen werden der Standort und die Häufigkeit von Stürmen in die Prämienbestimmung mit einbezogen, wobei die meisten Gesellschaften Deutschland in zwei Sturmzonen aufteilen, die im Bereich einer Linie Köln – Hannover – Berlin aneinandergrenzen.
Die größten Einschränkungen gibt es im Bereich der Hochwasserversicherung. Hierfür haben die Versicherer das „Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen“ (ZÜRS) entwickelt, mit dem Immobilien einer von drei Gefährdungsklassen zugeordnet werden:
- Gefährdungsklasse 1: Überschwemmungen seltener als einmal alle 50 Jahre;
- Gefährdungsklasse 2: Überschwemmungen häufiger als einmal alle 50 Jahre, aber seltener als einmal alle 10 Jahre;
- Gefährdungsklasse 3: Überschwemmungen häufiger als einmal alle 10 Jahre.
Kaum versicherbar sind mittlerweile Immobilien, die der Gefährdungsklasse 3 zuzuordnen sind. Denn hier sind hohe Schadenersatzzahlungen für die Gesellschaften bereits klar absehbar. Aber auch in der Gefährdungsklasse 2 sind erhebliche Beitragszuschläge üblich, sodass sich Beitragsvergleiche lohnen.
Allerdings sind die Gesellschaften auch bemüht, mögliche Gefahren bereits im Vorfeld zu begrenzen. Hat z.B. ein Sturm das Dach eines (versicherten) Hauses abgedeckt, werden häufig auch die Kosten einer höherwertigeren Dacheindeckung übernommen, denn dadurch lassen sich möglicherweise Folgeschäden vermindern. Aber auch wenn z.B. ein Hang abzurutschen und ein Haus zu zerstören droht, können sich Verhandlungen mit dem Versicherer lohnen: Im Interesse der Schadensminderung beteiligen sich viele Gesellschaften an den Sanierungskosten, bevor ein Schaden überhaupt eintritt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(11):15-15