Organisation

Erfolgreich delegieren – Entlastung spüren


Ute Jürgens

„Wenn ich erfolgreich delegieren will, muss ich zuallererst lernen, dass Dinge auch dann gut gemacht sein können, wenn sie nicht so gemacht werden, wie ich sie gemacht hätte.“ Der Journalist Peter Hohl spricht hier eine der wichtigsten Voraussetzungen an.

Rational ist heute jedem Apothekenleiter klar, dass es ohne Delegieren nicht geht. Trotzdem fällt dies vielen schwer. Natürlich kann man das Vertrauen in einzelne Kollegen oder das ganze Team nicht von heute auf morgen er­lernen. Aber wenn Sie erste kleinere Aufgaben erfolgreich übertragen haben, werden Sie sehen, dass es Ihnen mit der Zeit immer leichter fällt, die Kontrolle auch einmal abzugeben.

Delegieren bedeutet dabei nicht, dass Sie einfach die Anweisung geben: „Machen Sie das bis übermorgen!“ Denn auch wenn Sie als Chef derart bestimmen können, wirkt dies nicht gerade motivierend auf Ihre Mitarbeiter. Vielleicht nennen diese auch von sich aus Themen, wenn Sie fragen, ob jemand Arbeiten von Ihnen in Eigenverantwortung übernehmen möchte.

Übertragen Sie Verantwortung

Wenn Sie einen Aufgaben­bereich dauerhaft abgeben möchten, ist es sinnvoll, freundlich sowie mit anfänglicher Unterstützung und Geduld zu agieren. Verwechseln Sie klare Arbeitsanweisungen nicht mit Kontrolle: Ihr Mitarbeiter sollte wissen, was zu tun ist, aber sprechen Sie ihm dabei nicht die Fähigkeit ab, selbst zu denken. Achten Sie beispielsweise darauf, konkret die Teilaufgaben zu nennen und welche Ziele damit erreicht werden sollen. Fangen Sie gemeinsam mit einer Checkliste an. Übertragen Sie in jedem Fall die Ver­antwortung und nicht nur die Aufgabe. Achten Sie auf die Persönlichkeitsstruktur des jeweiligen „Entlasters“: Strukturierte und bis ins Letzte durchorganisierende Typen brauchen mehr Einzelheiten als ein kreativer Kopf, der sich von zu vielen Details gefesselt und eingeschränkt fühlt.

Zu guter Letzt: Loben Sie positive Ergebnisse oder geben Sie konstruktives Feedback, wenn es noch nicht optimal gelaufen ist. Fragen Sie sich: Haben Sie sich immer Zeit genommen, die Aufgabe genau zu erklären? Ein anderer hat vielleicht nur deshalb etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit gemacht, weil er nicht ver­standen hat, wie Sie sich das Ergebnis vorgestellt haben. Vermeiden Sie Vorwürfe, äußern Sie stattdessen lieber Wünsche und fragen Sie, was der Mitarbeiter braucht, um die Arbeit doch noch erledigen zu können. Häufig sind dies ganz banale Dinge.

Tipps für ein „Delegationsgespräch“

  • Teilen Sie Ihrem Mitarbeiter mit, warum Sie die Auf­gabe gerade ihm über­tragen. Bei­spiel: „Diese Aufgabe kön­nen gerade Sie am besten und schnellsten ausführen, weil Sie sich in dem Bereich schon aus­kennen.“ Dieses deutlich ge­äußerte Vertrauen wirkt motivierend.
  • Sowie der Mitarbeiter sich eingearbeitet hat, achten Sie darauf, dass er nach und nach Kollegen anlernt. Somit sind Sie in seinen Urlaubs- und Krankheitszeiten „aus dem Spiel“.
  • Machen Sie klar, was ganz genau getan werden soll. Sprechen Sie alle Vorgaben zu Quantität und Qualität ab, achten Sie hierbei auf genaue Formulierungen und stellen Sie durch Nachfragen sicher, dass der andere alles verstanden hat. „Ich möchte, dass Sie das bis morgen Mittag fertig haben. Schaffen Sie das oder müssen Sie noch wichtigere Dinge erledigen?“ Diese Frage empfiehlt sich, weil Sie als Chef meist nicht das „innere Programm“ einer PTA für den Tag kennen. Sind etwa Rezepturen, Defekturen oder andere zeitabhängige Arbeiten dabei?
  • Achten Sie darauf, dass Sie das Ziel beschreiben – nicht den Arbeitsablauf an sich bis ins letzte Detail. Unter Umständen können Sie einige Vorschläge zur Ausführung einbringen. Ihr Mitarbeiter hat so die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie er die Arbeit ausführen will.
  • Was braucht der Mitarbeiter an Informationen und Arbeitsmaterial ? Wenn der einzige Computer mit Word-Programm bei Ihnen im Büro steht und er einen Brief schreiben soll, sollten Sie dort nicht den ganzen Tag am PC verbringen.
  • Menschen führen nicht gern Arbeiten aus, deren Sinn sich ihnen nicht erschließt. Machen Sie daher explizit klar, was der Sinn dieses Arbeitsgangs ist und warum die Aufgabe wichtig ist. Wenn der andere das versteht, wird er viel besser arbeiten: „Diese Aufgabe ist sehr wichtig für unsere Apotheke, weil sie den Arbeitsablauf erheblich vereinfacht. Durch Ihren Einsatz sparen wir also zu­künftig viel Geld.“
  • Bleiben Sie geduldig, manche Dinge müssen sich erst einspielen und Ihr Mitar­beiter überlegt noch bei jedem Handgriff. Nur weil Sie nach jahrelanger Übung schneller sind, heißt das nicht, dass der noch langsame Mitarbeiter unfähig ist. Übrigens: In Zeiten geringer Arbeitsdichte gibt es keinen Grund, unter Hochdruck alles so schnell wie bei einem Wettbewerb zu erledigen. Wer langsam arbeitet, überlegt dabei oft schon etwas anderes und produziert zudem keinen künstlichen Stress.
  • Bei vielen Dingen gibt es mehrere richtige Lösun­gen – bestehen Sie nicht auf Ihrer, wenn jemand anderes auf anderem Weg das Ziel erreicht.
  • „Bis der das kapiert hat, habe ich es schon dreimal selbst gemacht!“ Falsch gedacht: So erhalten Sie sich die lächerlichsten und umständlichsten Arbeiten jahrelang und verlieren ewig Stunde um Stunde. Denken Sie langfristig. Natürlich müssen Sie erst einmal Zeit fürs Erklären und Einarbeiten aufbringen. Minuten investiert heißt jedoch Stunden gespart!
  • Öffnen Sie sich für Menschen außerhalb Ihrer Apotheke. Vielleicht haben Sie viel Mühe und Zeitverlust mit Arbeiten, die ein anderer, ohne (großen) finanziellen Aufwand für Sie, übernehmen kann – sei es die Internetseite, die alljährlich aktualisiert werden soll und gerne von einem kreativen „Computerfreak“ aus der Familie eines Mit­arbeiters betreut wird, oder eine Aktion, die Sie gemeinsam mit einem Mitglied aus Ihrer Erfa-Gruppe zeitversetzt durchführen und für die die gesamte Vorbereitung zwischen den beiden Apotheken aufgeteilt wird.

Damit Sie Aufgaben abgeben können, ist es wichtig, Ihre „inneren Widersacher“ auf Ihre Seite zu bringen. Denn sie sorgen dafür, dass Sie Angst haben, jemand könnte es so gut wie Sie oder gar besser machen – und dann wären Sie nicht mehr wichtig. Eine an­dere Falle besteht darin, dass Sie es als persönliche Niederlage empfinden, wenn Sie Ihre Aufgaben nicht alle mit links schaffen und die „Hilfe“ an­derer in Anspruch nehmen „müssen“. Das Hindernis, dass Sie anderen keine Arbeit aufbürden wollen, die Sie selbst ungern tun, lauert genauso im Untergrund wie die Scheu, jemanden überhaupt um einen Gefallen zu bitten.

Viele Menschen können nicht richtig loslassen. Sie sprechen zwar davon, delegieren zu wollen, aber geben bis auf Handlangerdienste nichts ab. Das sind z.B. kleine, den Arbeitsrhythmus des Kollegen je­doch unterbrechende Anordnungen wie: „Heften Sie das mal eben hier und da ab!“ oder „Bringen Sie das in den Keller!“

Kompetente Führungskräfte können das Team gut mit ursprünglich eigenen Arbeiten betrauen, da sie wissen: Wer delegiert, zeigt, dass er dem anderen vertraut, demonstriert Souveränität und Stärke, nutzt die Talente und Stärken der anderen, setzt andere entsprechend ihrer Arbeitspräferenzen ein, schafft sich Zeit für seine wichtigen (Chef-)Auf­gaben und ist Vorbild bezüglich eines kompetenten Umgangs mit sich selbst und den eigenen Fähigkeiten.

Ute Jürgens, Kommunikations-trainerin und Einzelcoach,
KomMed, 28865 Lilienthal,
E-Mail: KomMed@freenet.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(13):10-10