Steuer-Spartipp

Schuldzinsenabzug bei gemischt genutzten Gebäuden


Helmut Lehr

Aufwendungen für die Finanzierung einer vermieteten Immobilie sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig. Befindet sich in dem Gebäude auch die selbst genutzte Wohnung oder andere Räumlichkeiten, die nicht zur Einkünfteerzielung genutzt werden, sind nur diejenigen Schuldzinsen Werbungskosten, die auf den vermieteten Teil entfallen. In der Praxis führt die exakte Zuordnung häufig zu Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung.

Beispiel: Apothekerin Boll erwarb von ihrer Mutter ein zum Teil vermietetes Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen für insgesamt 500.000 €. Die Wohn-/Nutzfläche des Objekts beträgt 450 qm, davon entfallen 300 qm auf die beiden selbst genutzten Wohnungen. Die Größe der beiden vermieteten Wohnungen beträgt insgesamt 150 qm. Ein Verkehrswertgutachten belegt, dass die vermieteten Wohnungen einen Wert von insgesamt 300.000 € (je 150.000 €) haben. Demzufolge wurde im Kauf- bzw. Übertragungsvertrag festgelegt, dass ein Kaufpreisteil von 300.000 € für die vermieteten Wohnungen und ein Kaufpreisteil von 200.000 € für die beiden selbst genutzten Wohnungen zu zahlen ist. Ganz offenkundig wurden die selbst genutzten Wohnungen aus „privaten Gründen“ verbilligt/teilentgeltlich übertragen.

„Fehler“ bei der Finanzierung

Frau Boll finanzierte den Kaufpreis mittels zweier Darlehen über 200.000 € und 300.000 €. Das Darlehen mit einem Nennwert von 300.000 € ordnete sie dem vermieteten Gebäudeteil zu und machte die Schuldzin­sen daraus in voller Höhe beim Finanzamt als Werbungskosten geltend. Jedoch beging sie zuvor einen Fehler: Die Dar­lehensvaluta aus beiden Krediten wurde zunächst auf ihr Girokonto überwiesen und von hier aus in einer Summe als Kaufpreis an die Mutter.

Hinweis: Das Finanzamt erkannte die Zuordnung der Schuldzinsen nicht an, weil die beiden Darlehen „vermischt“ wurden und daher die steuerrechtlich erforderliche Trennung nicht mehr vorlag. Deshalb teilte es die gesamten Schuldzinsen beider Darle- hen nach dem Verhältnis der vermieteten zur gesamten Wohn-/Nutzfläche auf und berücksichtigte somit lediglich 150/450 (33,33%) der gesamten Schuldzinsen als Werbungskosten.

Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs

Mit Urteil vom 1. April 20091) hat der Bundesfinanzhof über einen vergleichbaren Fall entschieden und dabei mehrere praxisrelevante Grundsätze bestätigt bzw. aufgestellt.

  • Bestätigt haben die Richter, dass die vorgenommene gezielte Zuordnung eines Darlehens zu den Einkünften aus Vermietung scheitert, wenn die Darlehensmittel vor Zahlung des Kaufpreises auf einem Girokonto zusammen mit anderen privaten (Darlehens-)Geldern „vermischt“ werden. In ei­nem solchen Fall sind die entstandenen Schuldzin- sen „grundsätzlich“ nach dem Verhältnis der Wohn-/ Nutzflächen aufzuteilen.
  • Dies gilt jedoch nicht, wenn die Parteien des Kaufvertrags den Kaufpreis in an­derer Weise auf die unterschiedlich genutzten Wohnungen aufgeteilt haben und dies nicht offenkundig rechtsmissbräuchlich war.
  • In einem solchen Fall ist der Kaufpreis nach dem Verhältnis des auf den vermieteten Grundstücksteil entfallen­den Kaufpreises zum Gesamtkaufpreis aufzuteilen und die entstandenen Schuldzinsen sind in Höhe des hiernach auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Anteils abziehbar.

Hinweis: Im Beispielfall führt die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs dazu, dass die Schuldzinsen trotz „fehlgeschlagener“ Trennung der Darlehensmittel in Höhe von 300/500 (60%) als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Verbilligter Grundstücksteil

Die obersten Steuerrichter haben ausdrücklich klargestellt, dass es die Finanzämter „hinnehmen müssen“, wenn die Be­teiligten (aus familiären Gründen) den selbst genutzten Grundstücksteil verbilligt, d.h. unter dem Verkehrswert, übertragen, während für den vermieteten Teil ein angemesse­ner Kaufpreis vereinbart wird.

Hinweis: Selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit, den auf den selbst genutzten Teil entfallenden Kaufpreis vorwiegend aus Eigenmitteln zu bestreiten, weil hierfür ein Schuldzinsenabzug ohnehin nicht in Betracht kommt.

Empfohlenes Vorgehen

Nach den bislang bestehenden Verwaltungsanweisun­gen2) reicht die Zuordnung im Kaufvertrag nicht aus, sofern die Zahlungsströme nicht getrennt werden, selbst wenn die Höhe eines Darlehens und die Höhe der Anschaffungs-/Herstellungskosten des vermieteten Teils identisch sind. Weil derzeit noch nicht absehbar ist, ob und in welcher Weise die Finanzverwaltung das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs „befolgen“ wird, sollte bis auf Weiteres auf eine saubere Trennung der Darlehensmittel bzw. Eigen­mittel geachtet werden3) . So­fern dies in Einzelfällen nicht umgesetzt wurde, sondern lediglich eine Aufteilung im Kauf- bzw. Übertragungsvertrag erfolgt ist, sollte das Urteil in jedem Fall spätestens in einem Rechtsbehelfsverfahren ins Feld geführt werden.

Hinweis: Unabhängig von der Anwendung der Entscheidung durch die Finanzverwaltung besteht in der Praxis generell die Gestaltungsmöglichkeit, bei der Übertragung von gemischt genutzten Grundstücken Darlehen gezielt dem vermieteten Grundstücksteil zuzuordnen, um somit einen höchstmöglichen Werbungskostenabzug zu erreichen. Bei einer Übertragung innerhalb der Familie kann die Gestaltung dadurch ergänzt werden, dass der selbst genutzte Teil verbilligt (oder unentgeltlich) übertragen wird. Eine gezielte Zuordnung der Darlehensmittel ist auch bei einer umfassenden Renovierung von gemischt genutzten Grundstücken möglich4).

1) Aktenzeichen IX R 35/08.
2) Vgl. Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 16. April 2004, Aktenzeichen IV C 3 – S 2211 – 36/04 mit Zusatz der Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main, Verfügung vom 30. August 2006, Aktenzeichen S 2211 A - 13 - St 214.
3) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 16 vom 15. August 2004, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
4) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 11 vom 1. Juni 2005, Steuer-Spartipp Nr. 3, Seite 19.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(13):18-18