Ausbildungsverhältnisse

Die Apotheke als Ausbildungsbetrieb


Jasmin Theuringer

Ein Ausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis. Daher gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze nur, soweit das Berufsbildungsgesetz nichts Abweichendes regelt. Was müssen „ausbildende“ Apotheken im Einzelnen beachten?

In der Apotheke gibt es grundsätzlich zwei Arten von Auszubildenden: Pharma­zie- und PTA-Praktikanten sowie PKA-Anwärter. Pharmazie- und PTA-Praktikanten haben im Rahmen ihrer Ausbildung ein Praktikum in einer öffentlichen Apotheke nachzuweisen, die eigentliche Ausbildung aber erfolgt an der Universität bzw. an der PTA-Schule. Ein Praktikant erhält also keine abgeschlossene Berufsausbildung in der Apotheke, sodass für ihn die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) nur eingeschränkt anwendbar sind. Für das Ausbildungsverhältnis eines PKA-Anwärters gilt das BBiG hin­gegen in vollem Umfang.

Vertragsparteien

Vertragspartner sind der Apothekenleiter und der Auszu­bildende. Ist Letzterer minderjährig, muss der Vertrag vom gesetzlichen Vertreter – in der Regel also von den Eltern – genehmigt werden. Diese Genehmigung wird am einfachsten erklärt, indem der Vertrag von den Eltern mit unterzeichnet wird.

Der Ausbildende muss persön­lich geeignet sein und über eine geeignete Ausbildungsstätte verfügen. Der jeweilige Ausbilder muss zudem fachlich geeignet sein. Die persönliche Eignung wird dann verneint, wenn der Ausbildende wegen einschlägiger Straftaten keine Kinder und Jugendliche beschäftigen darf oder wiederholt gegen Bestimmungen des BBiG verstoßen hat. Die fachliche Eignung liegt vor, wenn der Ausbilder die erforderlichen beruflichen und pädagogischen Fähigkeiten zur Ausbildung besitzt und über angemessene Berufserfahrung verfügt. Der Ausbilder muss dabei nicht mit dem Apothekenleiter iden­tisch sein, es kann auch ein Angestellter des Apothekenleiters sein, so z.B. der Filialleiter oder die erfahrene PTA.

Es ist darauf zu achten, dass die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zu den in der Apo­theke als Ausbilder geeigneten Fachkräften steht. Andernfalls liegt keine geeigne-te Ausbildungsstätte vor. Eine Höchstzahl der zulässigen Ausbildungsverhältnisse gibt es nicht, maßgebend ist, dass die Ausbildung durch eine ausreichende Zahl von Fachkräften sichergestellt ist. Als Anhaltspunkt für ein angemessenes Verhältnis gilt: Es sollten auf einen Auszubildenden ein bis zwei Fachkräfte kommen oder auf zwei Auszubildende drei bis fünf Fachkräfte.

Vertragsabschluss

Der Ausbildungsvertrag mit einem PKA-Anwärter muss schriftlich niedergelegt werden. Ein mündlich geschlosse­ner Vertrag ist zwar wirksam, es besteht aber ein Anspruch auf schriftliche Niederlegung des Vertrags. Der Ausbildungsvertrag ist der örtlich zuständigen Kammer vorzulegen, wo er in das Ausbildungsverzeichnis eingetragen wird. Die Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ist Voraussetzung für die Zulassung des Auszubildenden zur Abschlussprüfung. Die Eintragung kann – anders als es gelegentlich vorkommt – nicht davon abhängig gemacht werden, dass das von der Kammer herausgegebene oder empfohlene Vertragsmuster verwendet wird.

Für Pharmazie- und PTA-Praktikanten gilt die Pflicht zur schriftlichen Niederlegung des Vertrags nicht; dennoch ist auch hier ein schriftlicher Vertrag empfehlenswert, um Miss­verständnissen vorzubeugen.

Vertragsinhalt

Das BBiG bestimmt ausführlich den Mindestinhalt des Ausbildungsvertrags. So müssen u.a. Art, Ziel, zeitliche und sachliche Gliederung der Aus­bildung aufgeführt werden, weiterhin Beginn und Dauer des Ausbildungsverhältnisses, die regelmäßige Arbeitszeit, die Dauer der Probezeit, die Höhe der Ver­gütung und des Urlaubs, die Kündigungsvoraussetzungen sowie ein Hinweis auf einschlägige Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Um diesen umfangreichen Regelungen gerecht zu werden, empfiehlt es sich, ein Berufsausbildungsvertragsmuster zu verwenden. Dies enthält oft einen ausführlichen Ausbildungsplan, der dem gesetzlich vorgeschriebe­nen Mindestinhalt eines Ausbildungsvertrags entspricht und gleichzeitig sowohl für den Ausbilder als auch für den Auszubildenden eine hilfrei­che Orientierung darstellt.

Das BBiG beschränkt darüber hinaus die Vertragsfreiheit und erklärt eine Reihe von Vereinbarungen mit Auszubildenden für nichtig. Dazu gehört insbesondere die Vereinbarung, der Auszubildende habe sich an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen. Dieses Verbot kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass die Eltern des Auszubildenden sich zu einer Entschädigungszahlung verpflichten. Weiter ist es etwa nicht möglich, mit dem Auszubildenden ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren.

Pflichten des Ausbildenden

Das Ausbildungsverhältnis unterscheidet sich hinsichtlich der gegenseitigen Pflichten ganz erheblich von einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsverhältnis wird die Vergütung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung gezahlt. Im Ausbildungsverhältnis schuldet der Ausbildende nicht nur die Vergütung, sondern er hat darüber hinaus die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln sowie den Aus­zubildenden charakterlich zu fördern. Im Rahmen der Ausbildung müssen dem Auszubildenden solche Tätigkeiten übertragen werden, die dem Ausbildungsziel dienen. Dazu gehören nicht Besorgungen für den Apothekenleiter oder Botengänge.

Der Ausbildende ist weiter verpflichtet, den Auszubilden-den zum Schulbesuch an­zuhalten. Erforderlichenfalls – wenn direkte Gespräche mit dem Auszubildenden nicht fruchten – ist der Ausbildende gehalten, sich an den Berufsschullehrer oder die Eltern zu wenden.

Der Auszubildende ist für den Besuch der Berufsschule einschließlich der erforderlichen Wegezeiten sowie für die Teilnahme an Prüfungen freizustellen. Die Freistellung darf weder zu einer Kürzung der Ausbildungsvergütung führen noch darf verlangt werden, dass die betriebliche Ausbildungszeit nachgeholt wird.

Für minderjährige Auszubildende wird die Freistellungspflicht im Jugendarbeitsschutzgesetz konkretisiert: Danach muss der minderjährige Auszubildende am Tag des Berufsschulbesuchs nicht mehr in den Betrieb, wenn der Unterricht in der Berufsschule mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens 45 Minuten dauert. Dies gilt allerdings nur für einen Tag in der Woche. Im Anschluss an einen zweiten Berufsschultag ist die Ausbildung in der Apotheke fortzusetzen. Volljährige Auszubildende dagegen müssen nach dem Berufsschulunterricht zurück zur Ausbildungsstelle. Für diese gilt das Arbeitszeitgesetz, wonach die tägliche Arbeits- bzw. Ausbildungszeit nicht mehr als acht Stunden dauern darf.

Pflichten des Auszubildenden

Die Hauptpflicht des Auszu­bildenden besteht darin, sich zu bemühen, das Ausbildungsziel zu erreichen. Hierzu gehört, dass er den Weisungen des Ausbilders folgt, die ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig erledigt und am Berufsschulunterricht und den Prüfungen teilnimmt.

Ausbildungsvergütung

Das BBiG verlangt, dass dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung gewährt wird, die sich mit fortschreitender Ausbildung mindestens jährlich steigert. Als angemessene Vergütung gilt ohne Weiteres die tariflich vorgesehene Ausbildungsvergütung. Auch wenn die Parteien nicht tarifgebunden sind, wird die tarifliche Vergütung als angemessen betrachtet. Es empfiehlt sich daher, diese nicht zu unterschreiten.

Urlaubsanspruch

Der Urlaubsanspruch des voll­jährigen Auszubildenden unterscheidet sich nicht von dem eines Arbeitnehmers. Er hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen bzw. bei beiderseiti­ger Tarifgebundenheit auf den im Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) geregelten Urlaub.

Bei minderjährigen Auszubildenden gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz. Danach staffelt sich der Urlaub nach dem Lebensalter zu Beginn des entsprechenden Kalenderjahres: Unter 16-Jährige erhalten mindestens 30 Werktage, unter 17-Jährige 27 Werktage und unter 18-Jährige 25 Werktage Urlaub jährlich. Der Urlaub soll während der Berufsschulferien gewährt werden. Der Ausbildende ist nicht befugt, den Auszubildenden von dem Besuch der Berufsschule zu entbinden. Ein zusammenhängender Urlaub ist also nur während der Berufsschulferien möglich.

Beendigung des Ausbildungsverhältnisses

Das Ausbildungsverhältnis endet grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit. Legt der Auszubildende vorher bereits erfolgreich seine Abschlussprüfung ab, endet das Ausbildungs­verhältnis mit dem Tag des Bestehens der Prüfung. Besteht er die Prüfung nicht, so kann er die Verlängerung des Ausbildungsverhältnis­ses bis zur nächstmöglichen Prüfung verlangen, höchstens jedoch eine Verlängerung um ein Jahr. Besteht der Auszu­bildende die erste Wieder­holungsprüfung nicht, so verlängert sich das Ausbildungsverhältnis bis zur zweiten Wiederholungsprüfung, sofern diese noch in der Höchstfrist von einem Jahr abgelegt werden kann.

Wird der Auszubildende nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses stillschweigend weiter beschäftigt, so wird dadurch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Die wohlwollende Weiterbeschäftigung des Auszubildenden bis zum Antritt seiner erste Stelle in einer anderen Apotheke kann daher zu unliebsamen Überraschungen führen. In diesen Fällen ist die Vereinbarung einer befris­teten Weiterbeschäftigung nach §14 Teilzeit- und Befristungsgesetz möglich. Dies muss jedoch vor der weiteren Beschäftigung schriftlich vereinbart werden.

Eine Kündigung des Aus­bildungsverhältnisses ist grundsätzlich nur während der längstens vier Monate andauernden Probezeit möglich. Innerhalb dieser kann von bei­den Parteien eine Kündigung ohne Angabe von Gründen und ohne Einhalten einer Frist schriftlich erklärt werden.

Nach der Probezeit ist eine Kündigung stets schriftlich zu begründen, wobei die Kündigungsmöglichkeiten eingeschränkt sind: Der Auszubildende selbst kann kündigen, wenn er sich entschließt, die Ausbildung aufzugeben. Daneben ist nur eine außerordentliche Kündigung möglich, die jedoch das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt. Hier gelten die Grundsätze einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses entsprechend. Es muss dem Kündigenden unzumutbar sein, das Ausbildungsverhältnis fortzusetzen. Wann dies der Fall ist, ist Gegenstand zahlreicher gerichtli­cher Entscheidungen und kann nur im Einzelfall beantwortet werden. So kann z.B. das wiederholte und mehrfach abgemahnte Fernbleiben von der Berufsschule eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies kann aber schon dann anders zu beurteilen sein, wenn der Auszubildende kurz vor seiner Abschlussprüfung steht und durch die Kündigung seine Ausbildung insgesamt gefährdet würde. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist hingegen jederzeit möglich.

Rechtsschutz

Will sich der Auszubildende gegen eine Kündigung wehren, so muss er zunächst beantragen, dass bei der zuständigen Kammer ein Schlichtungsverfahren durchgeführt wird. Ist dort keine einvernehmliche Lösung möglich, hat er innerhalb von zwei Wochen Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben.

Jasmin Theuringer, Rechts­anwältin, Bellinger Rechts­anwälte und Steuer­berater, 40212 Düsseldorf, E-Mail: theuringer@bellinger.de

Eine umfassende Darstellung der für Ausbildungsverhältnisse in Apotheken wichtigen Regelungen finden Sie im fortlaufend aktualisierten Arbeitsrecht Formular-Handbuch für Apotheker (mit CD-ROM), das Sie über den Deutschen Apotheker Verlag beziehen können (Telefon 0711/ 2582-342, Telefax: 0711/5282-290, E-Mail: mailto:service@deutscher-apotheker-verlag.de)

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(14):9-9