Helmut Lehr
Seit dem 1. Januar 2006 können Kinderbetreuungskosten bis zum vollendeten 14. Lebensjahr des Kindes in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000 € pro Kind und Jahr, steuerlich geltend gemacht werden1). Die Berücksichtigung erfolgt entweder als bzw. wie Betriebsausgaben- oder Werbungskosten oder im Rahmen des Sonderausgabenabzugs. In bestimmten Fällen der Behinderung eines Kindes ist auch ein Abzug über das 14. Lebensjahr hinaus möglich.
Zu den begünstigten Aufwendungen zählen etwa Kosten für die Unterbringung von Kindern in Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorten, Kinderheimen und Kinderkrippen sowie bei Tagesmüttern, Wochenmüttern und in Ganztagspflegestellen. Gleiches gilt für die Beschäftigung von Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen oder Kinderschwestern sowie für die Beschäftigung von Haushaltshilfen, sofern sie ein Kind betreuen.
Hinweis: Erfolgt die Kinderbetreuung durch einen Angehörigen (z.B. Mutter/Schwiegermutter), können die Aufwendungen grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn den Leistungen klare und eindeutige vertragliche Vereinbarungen zugrunde liegen und der Angehörige nicht ohnehin zusammen mit dem Kind in einem Haushalt lebt.
Wichtige Voraussetzungen
Die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten bestehen grundsätzlich nur dann, wenn die Eltern/Erziehenden erwerbstätig, krank oder behindert sind oder sich noch in Ausbildung befinden. Bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren („Kindergartenalter“) müssen diese Voraussetzungen nicht vorliegen.
Hinweis: Mit Wirkung ab 2009 wurde der bisherige Betriebsausgaben-/Werbungskosten- bzw. Sonderausgabenabzug in einer neuen Vorschrift (§9c Einkommensteuergesetz) zusammengefasst. Inhaltliche Änderungen haben sich dadurch jedoch nicht ergeben.
„Musterverfahren“ anhängig
Zur Frage der Nichtabziehbarkeit des verbleibenden Drittels der Kinderbetreu-ungskosten sind mittlerweile bundesweit fast 50 Klagen bei den Finanzgerichten anhängig, u.a. beim Finanzgericht Sachsen (Aktenzeichen 1 K 1240/07), beim Hessischen Finanzgericht (Aktenzeichen 8 K 2151/ 07), beim Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (Aktenzeichen 1 K 156/ 08) und beim Niedersächsischen Finanzgericht (Aktenzeichen 10 K 200/07). Betroffenen Steuerpflichtigen ist zu empfehlen, mit Hinweis auf die laufenden Verfahren Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid einzulegen und ein Ruhen des eigenen Verfahrens zu beantragen.
Hinweis: Ein Rechtsanspruch auf Verfahrensruhe besteht bislang noch nicht, weil – soweit ersichtlich – noch kein Verfahren in dieser Sache bei einem obersten Gericht anhängig ist. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit sollte allerdings ein Ruhen des Verfahrens beim Finanzamt erreicht werden können2).
„Betreuungsfreibetrag“
Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts3) wird der Betreuungsbedarf eines Kindes unabhängig von der Art der Betreuung und unabhängig davon, ob konkrete Aufwendungen anfallen, durch den – zusätzlich zum Kinderfreibetrag zu berücksichtigenden – einheitlichen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf steuerfrei gestellt. Bereits deshalb könnte fraglich sein, ob der Gesetzgeber darüber hinaus einen vollen Abzug der Kinderbetreuungskosten gewährleisten muss.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 8 vom 15. April 2006, Seite 12 und 13.
2) Vgl. § 363 Absatz 2 Satz 1 Abgabenordnung.
3) Vgl. Beschluss vom 10. November 1998, Aktenzeichen 2 BvR 1057/91.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(14):17-17