Arzneimittel und Verbraucherschutz

Drei Fragen an Dr. Stefan Etgeton


Claudia Mittmeyer

Dr. Stefan Etgeton ist Leiter des Fachbereichs Gesundheit und Ernährung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V.

? Wie beurteilen Sie als Verbraucherschützer die zunehmende Verbreitung der sogenannten Pick-up-Stellen?

Ob Pick-up-Stellen tatsächlich zunehmen werden, kann man derzeit kaum vorhersehen. Zunächst muss man sich einmal fragen, wozu der Verbraucher denn so etwas überhaupt braucht? Immerhin findet sich an fast jeder Straßenecke mindestens eine Apotheke. Und der Versandhandel liefert Arzneimittel sogar nach Hause.

Für Berufstätige, die eine solche Lieferung nicht persönlich entgegennehmen können, ist es allerdings praktisch, um die Ecke eine Abholstelle zu haben. Das könnte ja auch die Apotheke um die Ecke sein. Kritisch ist sicher, dass mit jeder Station auf dem Weg eines Medikamentes zusätzliche Risiken entstehen. Und wenn jetzt Drogerieketten in ihren Prospekten für rezeptfreie Arzneimittel werben, dann verwischt die Grenze zwischen Apotheke und Drogeriemarkt. Das halte ich für problematisch.

? Wie können sich die Apotheker zukünftig noch mehr als bisher als „Anwälte“ der Patienten profilieren?

Vor allem indem sie ihre eigenen Interessen offenlegen und nicht verschleiern. Apotheker sind immer auch Unternehmer, die den Erhalt des ei­ge­nen Betriebes und der da­mit verbundenen Arbeitsplätze sichern müssen. Das ist auch völlig in Ordnung! Sie können das nur, wenn sie nah am Kunden sind und sich durch gute Beratung, ein bedarfsgerechtes, möglichst umfassen­des Sortiment, günstige An­gebote und/oder speziellen Service, zum Beispiel für chronisch kranke Menschen, aus­zeichnen.

Zum „Anwalt“ der Patienten werden sie dadurch allerdings nicht. Das sollte man den Patienten und ihren Organisationen schon selbst überlassen. Gut finde ich, dass die Apothekerverbände und -kammern sich mit diesen Organisationen treffen und über gesundheitspolitische Fragen diskutieren.

? Wie wichtig für die Kunden sind aus Ihrer Sicht niedrige Arzneimittelprei­se?

Natürlich wird der preisbewusste Verbraucher vergleichen und die für sich günstigste Auswahl treffen. Bei den geringen Preisunterschieden im rezeptfreien Bereich wird der Einsatz von Recherchezeit aber begrenzt sein. Arznei­mittel sind allerdings keine Lutschbonbons. Daher empfiehlt es sich hier nicht, Preisnachlässe mit höherer Konsummenge zu verbinden.

Wichtiger für Verbraucher, von denen die meisten ja gesetzlich versichert sind, ist jedoch, dass der Preisdruck im verschreibungspflichtigen Bereich erhalten bleibt oder noch erhöht wird. Hier erwirtschaften die Hersteller Jahr für Jahr Gewinnzuwächse, ohne dass damit in jedem Fall entsprechende therapeutische Verbesserungen verbunden sind.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(15):3-3