Aktien

Erfolg mit Qualitätsauswahl


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die vergangenen Monate haben gezeigt: Die Börse entwickelt sich oft ganz anders als erwartet. Eine planmäßige Strategie ist daher sinnvoll, will man mit Aktien Geld verdienen. Entscheidungshilfe liefert die erstmals 1997 vorgestellte AWA-Dividendenstrategie.

Aktien – dies belegen zahlreiche Statistiken – gelten langfristig als überaus solide Form der Geldanlage, die in keinem gut sortierten Depot fehlen sollte. Doch die Finanzkrise hat selbst bei manchem erfahrenen Anleger Zweifel aufkommen lassen, ob Beteiligungswerte auch in Zukunft noch ein unverzichtbares Investment darstellen. Tatsache ist aber: Jede Krise geht vor­über – und dies oftmals schneller als erwartet. Gut beraten sind Anleger daher, wenn sie an ihren einmal gewählten Konzepten festhalten.

Strategie statt „heißer Tipps“

Allerdings gibt es zahlreiche unterschiedliche Möglichkei­ten der Aktienauswahl. Zweifellos die riskanteste Lösung ist der Aktienkauf, wenn ge­rade Geld auf dem Konto ist oder die Medien neue „heiße Tipps“ vorstellen. Mehr Erfolg verspricht das „Kaufen nach dem gesunden Menschenverstand“, d.h., Anleger erwerben Aktien von Unternehmen, die sie kennen, deren Produkte sie schätzen und von denen sie sich ein solides Wachstum erwarten.

Andere untersuchen die infra­ge kommenden Firmen nach fundamentalen Daten: Jahresgewinn und – daraus abge­leitet – der Gewinn je Aktie, Dividende und Dividendenrendite. Aber auch Buchwert, Cashflow und nicht zuletzt die Entwicklung verschiedener Kennzahlen über mehrere Jahre werden dabei als Entscheidungskriterium heran­­ge­zogen.

Eine weitere Gruppe nimmt den Kurschart unter die Lupe und untersucht ihn nach sogenannten „Formationen“ – also Kursentwicklungen, aus denen sich nach genauen Regeln auf die weitere Tendenz schließen lässt. Schließlich sind die „Computer-Anleger“ zu nennen, die mit mehr oder minder ausgeklügelten Computerprogrammen entweder eine Mischstrategie fahren oder gleich auf die – vermeintliche – künstliche Intelligenz setzen.

Börsenpsychologie spielt wichtige Rolle

Eine absolute Garantie für den Erfolg bietet jedoch keine Methode. Denn an der Börse spielt die „Psychologie“ eine wichtige Rolle. Ist die Mehrheit der Börsianer positiv gestimmt, klettern die Kurse selbst bei einer ungünstigen Gewinnentwicklung der Unternehmen. Herrscht an der Börse jedoch Pessimismus, dann nützen selbst gute Zahlen wenig, um die Kurse wieder aufleben zu lassen.

Zukunftserwartungen als Kriterium

Allerdings können die Unternehmen die „Psychologie“ zumindest für ihr eigenes Papier durchaus etwas be­einflussen. Hierbei spielen die in den regelmäßigen Berichten publizierten „Aussichten“ eine bedeutende Rolle. Wenn eine Firma über interessante Marktchancen, steigen­de Ertragserwartun­gen und nicht zuletzt neue Aufträge jubeln kann, stimmt dies die Anleger zuversichtlich. Verhal­tene oder gar negative Aussichten tragen jedoch kaum zu Kurssteigerungen bei, aber auch der gänzliche Verzicht auf die Bekanntgabe eigener Zukunftserwartun-gen gilt unter Börsianern als Warnhinweis.

Allerdings lassen sich die Zukunftserwartungen eines Unternehmens – zumindest in den meisten Fällen – auch an der Dividende ablesen. Firmen, die unter dem zunehmenden Konkurrenzkampf leiden, die sinkende Gewinne erwarten oder unterfinanziert sind, schütten selten hohe Dividenden aus. Geht es ihnen indes gut, haben sie finanziell wenig Sorgen und rechnen sie mit steigenden Umsätzen, „belohnen“ sie ihre Anteilseigner meist auch mit attraktiven Dividendenzahlungen.

„Attraktiv“ steht dabei allerdings nicht für die absolute Höhe der Dividendenzahlung, sondern für die Dividendenrendite. Denn schließlich spielt es für den Anleger keine Rolle, ob auf eine Aktie zum Börsenkurs von 50 € eine Di­vidende von 4 € ausgeschüttet wird oder auf eine Aktie zum Preis von 5 € „nur“ 0,40 € zur Auszahlung kommen: In beiden Fällen liegt die Dividendenrendite bei 8%.

Pflegeleichte Form der Geldanlage

Viele Anleger nehmen daher die Dividendenrendite als Maß­stab für die Aktienauswahl; diese liegt auch unserer bereits im Jahr 1997 entwickelten AWA-Dividendenstrategie zugrunde: Hierbei werden aus den 30 im Deutschen Aktienindex DAX geführten Papieren die 12 dividendenstärksten Titel ausgewählt. Kriterien wie Unternehmensentwicklung oder Chartverlauf spielen indes bei den Überlegungen keine Rolle. Nur einmal alle sechs Monate wird die Zusammensetzung des Depots überprüft und ggf. an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Alle Dividendenzahlungen und Bezugsrechtserlöse werden – analog zum DAX – stets in denselben Papieren wieder angelegt.

Letztlich handelt es sich da­‑ mit auch um eine vergleichsweise „pflegeleichte“ Form der Geldanlage, die keine spezifischen Fachkenntnisse erfordert. Der Anleger benötigt nur eine Tageszeitung mit den aktuellen Börsenkursen und den Dividendenangaben. Er muss nichts über die momentanen Börsentendenzen wissen, keine Bilanzen ana­lysieren oder Stimmungen wahrnehmen.

Kein absoluter Schutz vor Verlusten

Dennoch wird er – dies haben unsere Berechnungen der vergangenen Jahre gezeigt – in den meisten Perioden besser abschneiden als mit einer Direktanlage beispielsweise in DAX-Zertifikaten. Kleines Manko: Ein absoluter Schutz ist damit nicht verbunden – gibt die Börse auf breiter Front nach, wird auch die Dividendenstrategie Verluste produzieren.

Dies war etwa im ersten Quartal 2009 der Fall: Die Finanz­krise setzte sich fort und der DAX verlor bis Anfang März immerhin 26%. Nachdem jedoch in unserem Musterdepot nach wie vor manche Finanztitel enthalten waren, lag der Verlust hier sogar bei rund 30%. Doch dann kamen die Di­videndenzahlungen und die kräftige Stabilisierung, die den DAX bis zum Ende des ersten Halbjahrs immerhin auf ein Minus von nur noch 2% klettern ließ. Unser Musterdepot erreichte sogar – wieder einmal – einen überdurch­schnittli­chen Gewinn und schloss mit plus 1%.

Ende Juni 2009 erfolgte eine erneute Überprüfung der Depotzusammensetzung. Nicht mehr im Musterdepot sind nunmehr die Aktien von Daimler, der Commerzbank, der Deutschen Bank sowie der Lufthansa. Hingegen wurden die Papiere von E.ON, der Hannover Rück, von Bayer und der Metro neu ins Depot aufgenommen. Nachfolgende Tabelle zeigt Ihnen die aktuelle Zusammensetzung des Musterdepots.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(15):14-14