Prof. Dr. Reinhard Herzog
„Diamonds are a girl‘s best friend“ sang einst Marilyn Monroe und sorgte damit für einen wahren Boom bei den großen Diamantenhändlern. Aber auch Geldanleger stuften den „härtesten Rohstoff der Welt“ gerne als interessante Alternative zu Gold, Silber und Platin ein. Die Preistendenz machte es ihnen leicht: Diamantenpreise verzeichneten Jahr für Jahr eine solide, wenn auch keineswegs spektakuläre Entwicklung. Nur allzu gerne wurde dabei übersehen, dass die Spanne zwischen Händlerverkaufspreis und realem Wert mindestens 40%, oft sogar 50% und mehr erreichte. Und auch die schwierige Bewertung der Qualität wurde allenfalls als Argument für die Einzigartigkeit eines Diamanten gelten gelassen.
Mittlerweile hat sich die Lage jedoch grundlegend verändert. In den letzten Jahrzehnten war es dem südafrikanischen De-Beers-Konzern gelungen, die Marktpreise über gezielte Marktbeeinflussung zu steuern. Drohte – etwa im Zuge der Asienkrise 1998 – ein Preisverfall, trat De Beers als Käufer auf, spekulative Preisüberhitzungen wurden mit entsprechenden Verkäufen abgemildert. Doch inzwischen hat De Beers seine Monopolstellung verloren. Am Markt tummeln sich zahlreiche Konkurrenten vorrangig aus Russland und Kanada, denen der eigene Gewinn wichtiger ist als die ausgleichende Funktion bei der Preisbildung.
Während – bedingt durch die Wirtschaftskrise – potenzielle Käufer inzwischen rar geworden sind, bringen diese „jungen“ Firmen nach wie vor umfangreiche Bestände an den Markt. De Beers, selbst inzwischen finanziell in schwierigem Fahrwasser, ist jedoch nicht mehr in der Lage, die Preise mit ausgleichenden Käufen stabil zu halten. Entsprechend haben die Notierungen in den vergangenen Monaten bereits rund 30% nachgegeben.
Diamanten als Sachwerte
Anbieter versuchen jetzt, mit umfangreichen Werbekampagnen neue Kundenkreise zu erschließen. Verwiesen wird dabei insbesondere auf den Sachwertcharakter von Diamanten, der sie zu einem erstklassigen Inflationsschutz mache. Und mit diesem Argument wird tatsächlich das Interesse mancher Anleger geweckt, denn schließlich rechnen viele Analysten angesichts der angeschlagenen Staatshaushalte durchaus mit einem massiven Anstieg der Inflationsrate.
Preisrückgänge drohen
Doch selbst wenn es dazu kommen sollte, erscheint der propagierte Preisanstieg für Diamanten eher fraglich. Unbestritten ist zwar, dass Diamanten letztlich Sachwerte sind, die sich – sehr langfristig betrachtet – in einem Inflationsszenario besser entwickeln sollten als Geldwerte. Erheblichen Einfluss darauf hat jedoch das aktuelle Bewertungsniveau. Und hier wird die bisherige Preisstabilität zum Bumerang, da sie nicht auf dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage beruhte, sondern quasi künstlich geschaffen wurde. Bei Wegfall entsprechender Maßnahmen drohen Preisrückgänge – im ungünstigsten Fall auf ein Niveau, das der Nachfrage seitens der Industrie entspricht.
Dies zeigt jedoch, dass Diamanten alles andere als eine wertbeständige Geldanlage oder gar einen Inflationsschutz darstellen. Ihren Wert haben sie vielmehr im privaten Bereich vorrangig als Schmuck, der seinem Besitzer Freude macht. Die Zeiten steigender Preise dürften jedoch zumindest vorerst vorbei sein.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(15):16-16