Editorial

Mythos 60-Stunden-Woche


Dr. Christine Ahlheim

Wer kennt sie nicht – die (beifallheischenden) Klagen vieler „Leistungsträger“ in unserer Gesellschaft über ihre 60- oder 70-Stunden-Woche. Angesichts solcher Power fragt sich manch einer, der seinem Beruf „nur“ magere 50 Stunden oder gar weniger widmet, ob er seine Arbeit womöglich schlechter macht als andere.

Die Antwort dürfte in den meisten Fällen „nein“ sein. Zum einen stellt sich die Frage, was unter Arbeitszeit zu verstehen ist. Wer mit dem befreundeten Bankdirektor stundenlang auf dem Golfplatz seine Runden dreht oder mit Geschäftspartnern den gelungenen Abschluss im Gourmettempel feiert, ist nicht gleichermaßen eingespannt wie ein Apothekenleiter, der sich nach 15 anstrengenden Kunden der nicht eben vergnügungssteuerpflichtigen Büroarbeit widmet. Und für einen Manager, der im ICE hinter seinem Laptop döst oder einen Spielfilm betrachtet, ist auch die 60-Stunden-Woche durchaus nicht immer nur mit Stress verbunden.

Zum anderen ist – wir erinnern uns an unser erstes Staatsexamen in Physik – Leistung immer noch Arbeit pro Zeit. Wer dieselbe Arbeit in kürzerer Zeit erledigt, leistet mehr – und keinesfalls weniger – als jemand, der aufgrund mangelnder Effizienz länger braucht.

Es besteht also kein Grund, sich ins Bockshorn jagen zu lassen von (oft aufgeblähten) Mammutarbeitszeiten. Im Gegenteil: Wer auf Dauer produktiv sein will, braucht Zeit für sich und seine Inter­essen. Wie Sie diese guten Gewissens gewinnen können, lesen Sie im Beitrag „Lob der Faulheit“ auf den Seiten 8 und 9 der vorliegenden AWA-Ausgabe.

Deutscher Apotheker Verlag
AWA -Redaktion

Dr. Christine Ahlheim M.A.
Apothekerin

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(20):2-2