DAX-Familie

Spekulieren auf den Index


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die Wirtschaftskrise hat auch ihre Spuren beim Deutschen Aktienindex DAX hinterlassen. Gleich fünf Werte wurden seit Anfang 2008 ausgetauscht. Dennoch steht die „DAX-Familie“ für Beständigkeit, die attraktive Index-Investments ermöglicht.

Als der DAX am 11. Januar 1988 von der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Wertpapierbörsen, der Frankfurter Wertpapierbörse und der Börsen-Zeitung ins Leben gerufen wurde, war man sich über den tatsächlichen Bedarf für einen neuen Index keineswegs einig. Finanzdienstleister, aber auch Medien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatten schon vor Jahrzehnten eigene Börsenbarometer eingerichtet. Die Berechnungsmethoden wa­ren zwar unterschiedlich, im Ergebnis spiegelten jedoch alle die Kursbewegung an der deutschen Börse wider.

Doch bald folgte ein Umdenken: Der neu entwickelte DAX – zusammengesetzt wie sein US-Vorbild Dow-Jones-Index aus 30 wichtigen Aktien – fand dank häufiger Medienpräsenz zunehmend Beachtung. Fernsehmagazine wie die Telebörse sorgten für wachsendes Interesse. Heute verzichtet keine Börsensendung mehr auf diesen „Grundstein des deutschen Aktien­ge­sche­hens“. Ursache des Er­folgs ist insbesondere seine einfache, aber dennoch zuverlässige Kon­struktion. Enthalten sind die 30 wichtigsten Aktien aus dem Prime Standard der Börse, die in regelmäßigem Turnus auf Basis der Streu­besitz-Markt­kapita­lisierung und des Orderbuch­umsatzes im XETRA-Handel und im Frankfurter Parketthandel ausgewählt werden.

Zur Anpassung des DAX gelten folgende Regeln:

  • Regular-Entry (30/30): Ein Unternehmen wird neu aufgenommen, wenn es nach beiden Kriterien mindestens zu den 30 größten Unternehmen gehört und ein Index-Wert existiert, der nach mindestens einem Kriterium nicht mehr zu den 35 größten zählt.
  • Regular-Exit (40/40): Ein Unternehmen wird aus dem DAX genommen, wenn es nach einem der beiden Kriterien nicht mehr zu den 40 größten Unternehmen gehört, ein Nicht-Index-Wert aber in beiden Kriterien zumindest Rang 35 erreicht.
  • Fast-Entry (25/25): Ein Unternehmen wird neu aufgenommen, wenn es nach beiden Kriterien mindestens zu den 25 größten Unternehmen zählt. Ausscheiden muss dann jener Wert, der in ei­nem der beiden Kriterien einen Rang schlechter als 35 aufweist. Gibt es keinen solchen Wert, gilt die Marktkapitalisierung als Grundlage.
  • Fast-Exit (45/45): Ein Unternehmen wird aus dem DAX genommen, wenn es nach einem der beiden Kriterien (Börsenumsatz oder Marktkapitalisierung) nicht mehr zu den 45 größten Unternehmen gehört, ein Nicht-Index-Wert aber in beiden Kriterien mindestens Rang 35 bzw. 45 erreicht.

Alle vier Regeln kommen jeweils zum ordentlichen Anpassungstermin im September zur Anwendung, die Fast-Exit- und die Fast-Entry-Regel werden auch an den außer­ordentlichen Anpassungsterminen im März, Juni und Dezember genutzt.

Allerdings ist der DAX längst nicht mehr der einzige be­deutende Index. Mittlerweile gruppieren sich rund um dieses Börsenbarometer mehr als 300 verschiedene Indizes, teilweise auf deutsche, zunehmend aber auch auf ausländische Aktien. Hinzu kommen rund 2.000 Indizes auf andere Finanzprodukte, überwiegend Anleihen.

Zusammensetzung entscheidet

Bei der DAX-Familie unterscheidet man zwei Kategorien: die Aktienindizes, die sich aus einer bestimmten Anzahl von Aktien eines Marktsegments zusammensetzen, und die Strategieindizes, die innerhalb dieser Segmente nach bestimmten Kriterien zusammengestellt werden. Zur ersten Kategorie zählt insbesondere der MDAX, in dem die Deutsche Börse AG 50 Aktien vereinigt, die anhand des Börsenumsatzes und der Größe den 30 DAX-Titeln nachfolgen. Der SDAX wiederum repräsentiert 50 nochmals kleine­re Unternehmen. Bei Spekulanten besonders beliebt ist der TecDAX: Hier werden die 30 wichtigsten Technologiewerte zusammengefasst, also Papiere aus den Sparten Te­lekommunikation, Halbleiter, Computer, Biotechnologie usw. Weniger bekannt ist hingegen der HDAX, der die 110 bisher genannten Aktien enthält.

Gemeinsam ist diesen Indizes, dass sie sich aus einer nach bestimmten Kriterien ermittelten Auswahl von Aktien zusammensetzen. Daneben er-rechnet die Börse aber auch sogenannte „All Share-Indices“, in denen alle Papiere aus einem Börsensegment zusammengefasst sind. Diese Indi-zes haben also keine stückzahlmäßige Begrenzung, auch wenn sie in einigen Computerprogrammen mit entsprechenden Hinweisen versehen werden. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Kategorie ist der bereits 1993 eingeführte CDAX, in dem alle rund 600 Werte aus dem Prime und General Standard der deutschen Börse zusammengeführt sind.

Zu den bekanntesten Strategieindizes zählt der DivDAX, der sich aus den 15 dividendenstärksten Werten des DAX zusammensetzt. Der Grund­gedanke: Unternehmen mit attraktiver Dividendenzahlung sind aktionärsfreundlich, zudem schützt die hohe Dividende vor Kursverlusten. Aber auch der DAXplus Seasonal Strategy erfreut sich wachsen­der Beliebtheit: Er umfasst die 30 DAX-Titel, seine Berechnung wird jedoch in den Sommermonaten komplett ausgesetzt. Denn diese sind meist von Kursverlusten geprägt, sodass der Seasonal-Index besser abschneiden sollte als sein „großer Bruder“.

Da der Export in Deutschland oftmals besonders gut läuft, hat die Börse einen eigenen Index entwickelt. Der DAX­plus Export Strategy enthält zehn Unternehmen aus dem DAX und dem MDAX, die sich durch eine besonders hohe Exportquote auszeichnen und damit von der Entwicklung außerhalb Deutschlands profitieren.

Indizes für Profis

Während die Konstruktion dieser Indizes auch dem Laien verständlich ist, wird es bei anderen Börsenbarometern schwieriger. Hierzu zählt etwa der DAX­plus Covered Call, der sich auf die „Covered-Call-Investmentstrategie“ bezieht. Dabei wird eine Kaufoption verkauft und gleichzeitig der gesamte DAX-Index erworben. Die Prämie aus dem Verkauf der Option bietet einen Risikopuffer gegenüber einem reinen Investment in den DAX. Ebenfalls als Profi-Instrument gilt der im Juni 2006 eingeführte LevDAX. Seine Entwicklung ist an den DAX gekoppelt, allerdings mit einem Hebel (Leverage) versehen. Da der LevDAX doppelt so stark steigt und fällt wie der DAX, bietet er eine einfache Strategie, um überproportional an Marktbewegungen zu partizipieren.

Spekulation auf fallende Kurse

Zu einem der wichtigsten Instrumente hat sich in den vergangenen Jahren der ShortDAX entwickelt, der alle 30 DAX-Titel umfasst und genau gegenläufig zum DAX reagiert. Steigt also der DAX um 2%, gibt der ShortDAX um 2% nach – und umgekehrt.

Für Anleger erfüllen Indizes vorrangig zwei Funktionen: Zum einen informieren sie auf einen Blick über die Kursentwicklung einer Börse oder einer Aktie. Die Schlagzeile „DAX +50 Punkte“ sagt alles aus über den Gesamtmarkt­trend. Zum anderen erlauben sie strategische Geldanlagen in Form von Fonds oder Zertifikaten, die sich an einem Index orientieren. Wer z.B. auf deutsche Nebenwerte setzen will, ist mit einem Derivat auf den MDAX gut beraten, wer an der Kursentwicklung dividendenstarker Standardwerte interessiert ist, kann ein Papier auf den DivDAX kaufen. Und es geht sogar noch einfacher: Je nach aktueller Meinung zum DAX kann ein Anleger wechselweise in Derivate auf den DAX und den ShortDAX in­vestieren – und so von jeder Kursentwicklung profitieren.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(21):12-12