Prof. Dr. Reinhard Herzog
Bis zum Jahr 2007 waren es nur zwei Größen, die Sparer bei ihren Anlageentscheidungen zu berücksichtigen hatten – die Laufzeit und die Rendite. Dabei galt: Je länger die Laufzeit, umso höher der Ertrag. Doch seit der Finanzkrise hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Jetzt steht die Sicherheit im Vordergrund vieler Anlageentscheidungen. Gefragt sind Tages- und Festgelder von Instituten, die einem der großen Einlagensicherungssysteme angeschlossen sind, aber auch Bundeswertpapiere und Anleihen mit Staatsbürgschaft. Gemieden wird hingegen alles, was nur mit dem leisesten Hauch des Risikos behaftet ist. Schließlich hat die Pleite von Lehman Brothers gezeigt, dass selbst die als sicher geltenden Zertifikate – rechtlich gesehen nichts anderes als Inhaberschuldverschreibungen einer Bank – erhebliche Risiken bergen können, wenn der Emittent in finanzielle Schieflage gerät.
Den Ruf nach Sicherheit nützen viele Institute jetzt aus: Sie legen verstärkt „Garantieprodukte“ auf, bei denen die Kapitalrückzahlung „zu 100%“ gewährleistet ist. Die Palette reicht von Zertifikaten, die auf einem Korb unterschiedlicher Aktien basieren und bei denen aber der Emittent die Mindestrückzahlung garantiert, bis hin zu Investmentfonds mit entsprechenden Sicherungsinstrumenten. Sogar auf Prospekten für normalverzinste Anleihen findet sich inzwischen der Hinweis auf Kapitalgarantie – selbst wenn es hier gar keinen Grund gibt, die Kapitalrückzahlung bei Fälligkeit zu kürzen.
Garantie nur als Versprechen
Bei genauerem Hinsehen relativieren sich ohnehin die meisten dieser Garantiezusagen. Zum einen gilt eine Garantie grundsätzlich nur für den Zeitpunkt der Fälligkeit. Wer sich vorher von dem Papier trennen will, muss den dann aktuellen Börsenkurs akzeptieren, der möglicherweise deutlich unter dem Garantiebetrag liegt. Zum anderen sind die Garantieaussagen nicht selten an bestimmte Bedingungen geknüpft, z.B. an eine bestimmte Entwicklung eines Aktienindex oder Zinssatzes. Auch bei Garantiefonds liest man in den Vertragsbedingungen oftmals den Passus, dass das Fondsmanagement „bestrebt ist, den Kapitalerhalt zu sichern“. Gelingt dies nicht, geht der Verlust zu Lasten des Anlegers. Ausgeklammert ist schließlich auch die Frage der Bonität: Wenn der Emittent einer Anleihe bzw. eines Zertifikats insolvent wird, nützt dem Anleger auch die Kapitalgarantie nichts mehr. Lediglich Investmentfonds sind dann bessergestellt: Sie gelten als Sondervermögen, das auch bei einer Pleite der Fondsgesellschaft erhalten bliebt – wobei sich auch hier die Frage nach dem Wert der zugesagten Garantie stellt. In allen Fällen sollten Sie sich als Anleger zudem die Frage stellen, ob eine Kapitalgarantie bei einer z.B. sechsjährigen Anlagedauer wirklich ein Kaufargument ist. Denn schließlich würde sich zu einer „zinslosen“ Anlage dann auch der heimische Tresor eignen.
Noch gravierender ist freilich die Kostenproblematik: Fundierte Garantien, die durch entsprechende Absicherungsinstrumente an den Terminmärkten erreicht werden, kosten heute bis zu 2% des Anlagebetrags pro Jahr. Entsprechend niedrig fällt damit auch die Rendite etwa eines Investmentfonds aus, der ohnehin bereits mit hohen Kosten belastet ist. Vergleichbares gilt für Zertifikate, bei denen die Sicherheit meist mit erheblichen Nachteilen – etwa bei der Beteiligung an einer positiven Wertentwicklung eines Aktienkorbs – „erkauft“ werden muss.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(23):15-15