Sammeln als Geldanlage

Nur bei Erfahrung winken Profite


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Zins und Dividende sind vielen Anlegern nicht genug: Sie wollen auch Freude an ihren Investments haben und wählen historischen Schmuck, edle Gemälde oder einen guten Rotwein als Geldanlage. Ohne Erfahrung lässt sich jedoch kaum eine nennenswerte Rendite erzielen.

Schlägt man die Wochenendausgaben der großen Tageszeitungen auf, sind hohe Gewinne offenbar kein Problem: Man kaufe ein begehrtes Sammelstück, warte ein paar Jahre und dann scheint ein Verkauf weit über dem Einstandspreis nahezu sichergestellt. Diesen Eindruck vermitteln Berichte über einschlägige Kunstauktionen, bei denen alles verkauft wird, dessen Wert über Flohmarktpreise hinausgeht.

Und in der Tat lässt sich mit vielem gut verdienen. Einst galten z.B. Briefmarken als die „Wertpapiere des kleinen Man­nes“. Für einen postfrischen Satz etwa der Posthorn-Serie der Bundesrepublik Deutschland zahlten Sammler in den 1980er-Jahren bis zu 6.000 DM, der Preis stieg Jahr für Jahr um mindestens 10%. Kamen neue Briefmarken an die Schalter, standen die Sammler am Morgen Schlange – stets in der Hoffnung, eine niedrige Auflage werde diesmal ein Schnäppchen ermöglichen. Doch gerade hier hat sich gezeigt, dass sich Trends schnell ändern können. Heute leidet die Philatelie unter chronischem Nachwuchsmangel und manche einst teure Sammlung wird für wenige hundert Euro verramscht – auch die „Posthörnchen“ sind oft für unter 700 € zu haben.

Dabei konnten sich Briefmarken als Sammelgebiet noch über Jahrzehnte halten. Dagegen verschwanden viele neuere Sammelobjekte ebenso schnell wieder in der Versenkung, wie sie gekommen waren. Beispielsweise Telefonkarten

Antiquitäten sind beständig

Dem stehen Sammelgebiete gegenüber, die sich seit Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten behaupten können. Schmuck beispielsweise, aber auch Porzellan oder Möbel finden bei Auktionen nach wie vor großen Zuspruch. Gemälde stehen ebenfalls wieder hoch im Kurs. Nicht zuletzt sorgen neuerdings einige noch recht junge Sammelgebiete für Schlagzeilen, die auf Langfristigkeit hindeuten, z.B. Wein, edle Armbanduh­ren oder Oldtimer renommierter Markenhersteller. Auch für Werke der Fotografie werden bereits sechs- oder siebenstellige Summen gezahlt. Besonders preistreibend in allen Fällen: die Provenienz. Wurde ein Schmuckstück von einer historischen Person getragen oder ein Oldtimer von einem „Promi“ gelenkt, steigt sein Preis nicht selten auf ein Mehrfaches.

Das Problem dabei: Die meisten (Anlage-)Käufer verstehen relativ wenig vom gewählten Sammelgebiet und den hier geltenden Trends. Sie vertrauen auf Medienberichte, setzen auf aktuell boomende Segmente und Moden. Und zahlen nahezu jeden geforderten Preis. Dabei ist der Kunstmarkt von hohen Unsicherheitsfaktoren geprägt und zudem weitgehend intransparent. Werke, die heute mit sechsstelligen Summen gehandelt werden, können morgen schon „out“ sein. Umgekehrt stehen manche bisher unbeachtete Stücke plötzlich in der Gunst der Käufer – und mangels angebotenen Materials steigen sie entsprechend im Preis. Eine Pauschalierung hinsichtlich der Preissteigerungsraten ist damit keinesfalls möglich.

Eine besondere Rolle spielt dabei auch der Einstandspreis. Der Kauf beim Händler ist zwar bequem, aber oft nicht billig. Denn dieser hat das gu­te Stück möglicherweise bei einer Auktion erworben und dafür entsprechende Gebühren gezahlt. Hinzu kommt seine Gewinnspanne von – ob­jekt­abhängig – 10% bis 100%. Günstiger sind oft Auktionen, selbst wenn zum Zuschlagspreis des Auktionators noch ein Aufgeld von bis zu 33% kommt. Dafür kann man aber hier wie beim Fachhandel im Regelfall davon ausgehen, dass das Objekt einwandfrei und richtig klassifiziert ist.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn von Versandhändlern Sammelstücke gezielt als Wertan­lage angepriesen werden, z.B. in Mailings. Meist handelt es sich dabei um neu hergestellte Massenware, die mit entsprechendem Werbeaufwand vertrieben werden soll. Stoppt jedoch erst einmal das Marketing, finden sich auch keine Kaufinteressenten mehr – der Preis tendiert gegen null.

Alternativ zum Händlererwerb bietet sich auch der Kauf von Privat an. Er ist zwar oft besonders preiswert, aber auch riskant. Von manchen Sam­melstücken gibt es mehr Fälschungen als echte Ware, allenfalls Fachleute erkennen den Unterschied. Auch bei On­line-Auktionsplattformen wie eBay steigt die Zahl der schwarzen Schafe, die mangel­hafte Ware mit ansprechenden Beschreibungen verkaufen.

Fachkenntnisse sichern den Erfolg

Und gerade hier liegt das Hauptproblem: die Fachkenntnisse. Wer ohne eigenes Wissen in Sammelstücke investiert, erzielt höchstens in Einzelfällen gute Renditen. Je detaillierter jedoch die Kenntnisse, umso besser sind – ähnlich wie an der Börse – die Chancen. Vor jedem Einstieg sollte daher erst eine Marktbeobachtung, aber auch das Lesen von Fachbüchern und Magazinen stehen. Wer hier seine „Hausaufgaben“ macht, hat gute Aussichten auf ein gewinnbringendes Investment. Denn schließlich liegen „wertvoll“ und „wertlos“ eng nebeneinander. Wer z.B. eine seltene Goldmünze eines europäischen Staats erwirbt, besitzt durchaus ein werthaltiges Objekt, das sich auch jederzeit wieder zu einem angemessenen Preis veräußern lässt. Kauft man indes eine von privater Hand etwa zu einem Stadtjubiläum herausgegebe­ne Goldmedaille, ist diese in der Regel nur so viel wert wie das enthaltene Metall. Denn für Medaillen – die keinen staatlich vorgegebenen Nennwert repräsentieren – gibt es kaum einen Sammelmarkt, zudem sind die Auflagen meist nicht kontrollierbar.

Nahezu alle Sammelgebiete haben jedoch eines gemeinsam: Die Qualität entscheidet über den Preis und die Verkäuflichkeit. Beispiel Armbanduhren: Absolut tadellos erhaltene Exemplare edler Marken aus den 1960er- oder 1970er-Jahren lassen sich meist problemlos wieder verkaufen. Weist das gute Stück jedoch Kratzer oder gar größere Beschädigungen auf, ist sein Wert deutlich niedriger anzusetzen. Noch extremer ist dies bei Briefmarken: Ein erstklassig erhaltenes Exemplar etwa einer seltenen Marke der altdeutschen Staaten kann durchaus 5.000 € oder mehr kosten. Schon eine herstellungsbedingte Verschiebung des Druckbildes mindert den Wert jedoch möglicherweise um 50%. Hat das dünne Papier dann gar noch einen kleinen Einriss oder ist die Zähnung beschädigt, lassen sich beim Verkauf eventuell nur noch 200 € dafür erzielen.

Nur erstklassige Ware erwerben

Ähnliches gilt für nahezu alle weiteren Bereiche des Sammelmarkts, seien es nun alte Teddys, Porzellanfiguren, Ölgemälde, Möbel oder andere Antiquitäten. Käufer, die mit dem Ziel der Geldanlage investieren, sollten sich also ausschließlich auf erstklassige Ware beschränken, denn selbst bei einer für den Laien kaum erkennbaren Beschädigung ist der Wert meist dauerhaft extrem gemindert.

Im Mittelpunkt der Kaufentscheidung sollte bei Sam­melstücken ohnehin weniger die Chance auf Wertsteige­run­gen, sondern vielmehr die „Freude am Kunstwerk“ stehen. Ein Bild, das jeden Tag aufs Neue gefällt, ist für sei­­‑ nen Besitzer wesentlich wertvoller als ein teures Schmuckstück, das aus Angst vor Diebstahl im Tresor bei der Bank aufbewahrt wird, oder eine Uhr, die einen persönlich nicht anspricht. Hat der Käufer dann zusätzlich noch einen langen Atem – Investments sollten sich mindestens über ein Jahrzehnt erstrecken –, kann mit Sammeln durchaus auch verdient werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(02):15-15