Editorial

Tschechows Gewehr


Claudia Mittmeyer

„Man kann kein Gewehr auf die Bühne stellen, wenn niemand die Absicht hat, einen Schuss daraus abzugeben.“ Diese Worte des russischen Schriftstellers Anton Tschechow möchte man derzeit gerne den Protagonisten in Politik und Gesundheitswesen zurufen, die angesichts der Ankündigun­g einiger Kranken­kassen, Zusatzbeiträge zu erheben, heftig debattieren und dabei an gegenseitigen Schuldzuweisungen nicht sparen.

Zur Erinnerung: Die Krankenkassen nutzen mit den Zusatzbeiträgen nur ein – gesetzlich verankertes – Instrument, das ihnen Union und SPD seinerzeit an die Hand gegeben haben. Allein ihnen den Schwarzen Peter zuzuschieben, wäre verfehlt – vorausgesetzt, sie erheben die Zusatzbeiträge tatsächlich aufgrund eines finanziellen Defizits. Etwas mehr Transparenz seitens der Kassen wäre allerdings durchaus angebracht.

Und den SPD-Oppositionspolitikern, die Schwarz-Gelb und insbesondere Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler in diesem Zusammenhang Versagen in Sachen Gesundheitspolitik vorwerfen, sollte man in Erinnerung rufen, dass die Zusatzbeiträge und der Gesundheitsfonds erst in der letzten Legislaturperiode durch die Koalition von Union und SPD eingeführt wurden. Nun ein System und dessen Auswirkungen anzupran­gern, für das man vormals – trotz Wissen um schlechte Prognosen für die Finanz­lage der Kassen – mit verantwortlich zeich­nete, zeugt von wenig Seriosität.

Indes: Philipp Rösler kann man nur raten, über kurz oder lang etwas mehr Aktivitäten in Sachfragen an den Tag zu legen. Ansonsten wird er sich zunehmend seiner (politischen) Haut erwehren müssen – eine Haut, in der man zurzeit wahrlich nicht stecken möchte.

Deutscher Apotheker Verlag
AWA-Redaktion

Claudia Mittmeyer

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(04):2-2