Prof. Dr. Reinhard Herzog
Während die Renditen in der Apotheke unter Druck stehen, scheint es bei vielen Zulieferern immer noch „Apothekenpreise“ zu geben. Vergleicht man, welche Beträge in klassischen Einzelhandelsgeschäften, aber auch in Friseur- oder Kosmetiksalons, ja selbst in Arztpraxen aufgewendet werden, liegt die Apotheke meist an der Spitze. Regulatorische Erfordernisse – wie das Labor – erklären das nur teilweise. Ohne Frage ist hier noch „Luft“ drin. Dies gilt es für eigene Zwecke zu nutzen.
Fest in Maklerhand
Die Zahl der Neugründungen hat in jüngerer Zeit wieder zugenommen, die der Schließungen aber ebenso in etwa gleichem Maße. Es tut sich also eine Reihe neuer Standorte auf, bei denen Makler und „Standortentwickler“ heute eine große Rolle spielen. Hier ist meist der teure Erwerb einer „schlüsselfertigen“ Einrichtung zwingend, wobei freilich in aller Regel noch wichtige Utensilien wie Laborgeräte, Literatur, Reagenzien oder EDV fehlen. Das sorgfältige Studieren des Leistungsverzeichnisses ist also unabdingbar. Dabei sollte man besonders auf Fallen achten wie die zahlreichen Aufpreise, falls man z.B. nicht die Standardbeleuchtung Marke „Großmarkthalle“ wünscht. Das Internet hilft, den einen oder anderen unklaren Begriff des Leistungsverzeichnisses zu klären. Ansonsten sollten Sie sich nicht scheuen, einen spezialisierten Architekten über das Ganze schauen zu lassen. Der gesamten Vertragskonstruktion einschließlich Werkvertrag, Unterbeauftragungen, Gewährleistungsvereinbarungen usw. tut der kritische Blick eines versierten Juristen gut. Gemessen an den Beträgen, die schnell in den Sand gesetzt werden, sind die Honorare dafür unbedeutend.
Hier nur am Rande erwähnt sei, dass vielfach ein Untermietvertrag abgeschlossen wird, der Hauptmietvertrag ist das Pfand des Anbieters auf den Standort. Manchmal werden eigene „Vermietungsfirmen“, gerne als GmbH oder gar Ltd. firmierend und praktisch bisweilen nur aus einem Briefkasten bestehend, bemüht. Dieser Untermietvertrag kostet meist Geld, werden doch auf den ursprünglichen Mietpreis Zuschläge erhoben. Neben der teuren Einrichtung wird also noch laufend „Rente“ aus der Apotheke gezogen.
Hier muss man schlicht von strategischen Preisen reden, die mit den „echten“ Preisen der Einrichtung kaum etwas zu tun haben. Im Einzelfall kann auch das ohne Zweifel zu einer rentablen Apotheke führen und dem Inhaber schöne Gewinne bescheren – nur günstig ist das nicht, sondern vielmehr ein Partizipationsmodell, bestenfalls nach der Devise: leben und leben lassen.
Kostenfaktor Ausbauzustand
Sind Sie dagegen selbst Herr über die Räumlichkeiten, stehen Ihnen alle Wege offen. Entscheidender Kostenfaktor ist dabei der Ausbauzustand der Räume. Vom nackten Betonboden und einer Betondecke ohne Elektroverkabelung bis hin zu einer weitgehend bezugsfertigen Innengestaltung inklusive Decken, Trockenbauwänden, Wasseranschlüssen und Sanitärinstallationen reicht das Spektrum.
Je nach Objekt ist es für den Vermieter oder Bauträger im Allgemeinen kein Problem, die Handwerker im Haus einige Zimmer weiter ziehen zu lassen. Mit etwas Geschick können Sie hier manche „Veredelung“ des Rohbaus aushandeln, die Ihnen oftmals mehr nützt als ein paar Euros Miete im Monat weniger. Hier lassen sich durchaus clevere Kompensationsgeschäfte machen.
Ansonsten werden Sie sehen, dass im Ausbau – quasi der Vorbereitung für die eigentliche Apothekeneinrichtung, die schnell aufgestellt ist – der größte Aufwand steckt. An erster Stelle stehen die verschiedenen Pläne: Grundriss mit Baubeschreibung, Elektroplanung, Sanitär-, Heizungs-und Lüftungsplan, am Schluss der eigentliche Apotheken‑ einrichtungsplan – wo kommt was hin? Achten Sie bei der Offizingestaltung auf eine Optimierung der Laufwege. Und treffen Sie eventuell Vorbereitungen für einen Kommissionierautomaten, sofern dieser nicht gleich angeschafft wird. Tipp: Besorgen Sie sich Millimeterpapier, am besten im größeren Format A3, und zeichnen Sie maßstabsgetreu (1:50, d.h. 2 cm gleich 1 m in natura) alles ein. EDV-Fans finden günstige oder gar kostenfreie einfache CAD-Programme im Internet. Planungsfirmen haben heute ausgefeilte 3D-Simulationswerkzeuge, mit denen sich die Apotheke virtuell am Rechner anschauen lässt. Für den Do-it-yourself-Apotheker als „Hobby-Architekt“ dürfte der Aufwand dafür jedoch zu hoch sein. Weitere wichtige Punkte sind:
- Wasserleitungen und -anschlüsse müssen gelegt werden u.a. für Labor, Sanitäreinrichtung, Rezeptur und vielleicht auch im Beratungsraum.
- Die Decke muss abgehängt, eine Verkabelung für die Beleuchtung eingezogen werden.
- Installation der Ladentür (Automatiktür?) und Schaufensterfront inklusive Notdienstkasten. Dies ist in der Regel sehr teuer.
- Heizung/Lüftung: Heizkörper und ggf. eine Klimaanlage müssen eingebaut werden. Die Frage der Be-/Entlüftung (Achtung: Abzug und Gefahrstoffschrank im Labor nicht vergessen) muss geklärt und mit der Haustechnik im Objekt abgestimmt werden.
- Elektroinstallation einschließlich EDV-/Telefon-/Datenleitungen, möglichst flexibel, damit EDV-Arbeitsplätze leicht verschoben werden können. Sie sollten sich nicht nur auf die Funktechnik (WLAN) verlassen.
- Brandschutz- und Sicherheitstechnik.
- Beleuchtung: Grundbeleuchtung an Decken und Wänden, zusätzlich Sicht-/ Freiwahlbeleuchtung. Arbeitsstättenrichtlinien beachten, Blendungen grundsätzlich vermeiden.
- Boden- und Wandbelag: Fliesen, Gestaltung des Wandbelags, ist eine besondere Art und Farbgestaltung des Putzes gewünscht? Die Bodenfliesen müssen eine gewisse Rutsch- und Trittfestigkeit aufweisen und insoweit für ein Ladengeschäft geeignet sein.
Bereits diese Liste der wichtigen Punkte – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zeigt, dass Sie beim Modell „Selbst ist die Frau/der Mann“ ganz schön „ranmüssen“.
Tipp: Lassen Sie Ihren Plan unbedingt frühzeitig vom Regierungspräsidium abzeichnen. Gerade, falls Sie viel in Eigenregie machen, kann Ihnen schnell ein empfindlicher Fehler unterlaufen. Ihre Handwerker sind, sofern nicht auf Apothekenbau spezialisiert, in aller Regel nicht im Apothekenrecht bewandert.
Einrichterfirmen
Falls Sie an dieser Stelle bereits kapitulieren, dann führt der einfachste Weg über die vielen bekannten und manche weniger bekannte kleinere Apothekeneinrichter, die den Komplett- oder aber nur einen Teilausbau übernehmen.
Der Zeitfaktor spielt hier wiederum eine überragende Rolle: Je langfristiger Sie planen, umso mehr können Sie den Markt eruieren, Referenzapotheken besichtigen, Kollegen befragen und sich dann eine ganze Reihe verschiedener Angebote einholen. Überwinden Sie Denkblockaden und schauen Sie sich auch Anbieter an, die vielleicht erst einmal nicht in das Konzept zu passen scheinen. Manchmal ist man positiv überrascht, was auch unbekanntere Adressen zuwege bringen.
Sie sind auch bei der Beauftragung einer Fremdfirma in einer wesentlich besseren Position, wenn Sie sich mit den oben angesprochenen Punkten auseinandergesetzt haben, über den Ausbauzustand Bescheid wissen, bereits Vorstellungen von Ihrer Apotheke entwickelt und sich zu guter Letzt auch einen klaren Budgetrahmen gesetzt haben.
Im Idealfall läuft es so, dass Sie die wichtigen Fakten und Rahmendaten zum Objekt liefern und zugleich ein Budget für den Komplettausbau (den Begriff „komplett“ müssen Sie klar definieren!) festlegen. Dann schließen Sie eine Festpreisvereinbarung mit Terminzusage. Es sollte nicht passieren, dass Sie hinterher mit einer Reihe Zusatzleistungen konfrontiert werden.
Für einen solchen Apotheken-Komplettbau werden gern Beträge von 1.200 € bis 1.600 € je Quadratmeter genannt, wobei es je nach individuellen Wünschen zu deutlichen Abweichungen kommen kann.
Selbst bauen (lassen)
Der wirtschaftlich lukrativste, aber auch arbeitsreichere Weg ist der Bau in Eigenregie. Sie erstellen einen Plan (oder lassen einen vom Architekturbüro erstellen) und bauen idealerweise mit Handwerkern aus Ihrer Umgebung, die bei späteren Wünschen wieder schnell zur Stelle sind. Das verlangt nach ausgeprägten Fähigkeiten im Projektmanagement und strukturierter Arbeitsweise, gepaart mit zumindest rudimentären technischen Kenntnissen.
Dabei können Sie auf eine der von den bekannten Verwerterfirmen zahlreich angebotenen Gebrauchteinrichtungen zurückgreifen. Nicht wenige davon sind fast neuwertig und stammen aus gescheiterten Neugründungen. Oft im Preisbereich von einigen zehntausend Euro angesiedelt, haben Sie hier das meiste beisammen. Manchmal sind sogar die komplette Laboreinrichtung und Literatur dabei. Idealerweise schauen Sie sich das vor Ort an. Der Ab- und Wiederaufbau wird von den Firmen ebenfalls übernommen, hier ist nach dem Komplettpreis zu fragen. Je nach Ausbauzustand der Räume kann es gelingen, eine Apotheke für Preise um 100.000 € tatsächlich schlüsselfertig einzurichten, wobei EDV und Warenlager stets separat hinzukommen. Noch günstiger wird es, falls solch ein gescheiterter „Pechvogel“ in Ihrem Umfeld wohnt und Sie die Einrichtung ohne Vermittler erhalten.
Spielen Sie auch hier wieder erst einmal „Puppenstube“, indem Sie sich die Maße der einzelnen Einrichtungsgegenstände geben lassen. Tipp: Schneiden Sie diese Gegenstände wie HV-Tisch, Freiwahlgondel, Sichtwahlregal, Generalalphabet usw. aus Karton maßstabsgerecht 1:50 aus. Sie können dann auf dem Millimeterpapier, auf dem Ihr Grundriss eingezeichnet ist, beliebig „Einrichter“ spielen und schauen, ob die angebotene Einrichtung überhaupt in Ihre Räume passt.
Die entscheidende Frage ist hier jedoch: Was müssen Sie alles vorbereiten, damit die Einrichtung eingebaut werden kann? Auch werden Sie das Thema Beleuchtung – marketingtechnisch sehr wichtig –unabhängig vom Gebrauchteinrichtungshändler angehen müssen, selbst wenn etliche Frei- und Sichtwahlmöbel über eigene Beleuchtungskörper verfügen. Beachten Sie auch Dinge wie Stromverbrauch oder Wärmeentwicklung. Neue Beleuchtungstechniken, z.B. die inzwischen marktfähig werdende LED-Technik, verdienen gesteigerte Beachtung.
Fazit
Es hängt ganz entscheidend von Ihrer Eigeninitiative, aber auch ein wenig von Ihren technischen und Managementfähigkeiten ab, ob Sie eine Apotheke wirklich günstig einrichten oder aber die „klassischen“ Preise bezahlen. Je dünner jedoch das wirtschaftliche Eis ist, auf dem sich die Apotheke bewegt, umso wichtiger ist es, die Vorausinvestitionen im Zaum zu halten. Bei einer Neugründung mit 3 Mio. € Umsatzerwartung sind dagegen 100.000 € mehr oder weniger schnell verkraftet – auch wenn dies absolut viel Geld ist und auch hier erst einmal verdient sein will. Am teuersten baut jedoch oft derjenige, der meint, alles am billigsten machen zu wollen, aufgrund mangelnder Fachkenntnisse viele Fehlversuche hinnehmen muss, sich in Bastlereien verliert und dann doch beim Profianbieter landet...
Dr. Reinhard Herzog,
Apotheker, 72076 Tübingen,
E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(04):5-5