Jasmin Theuringer
Bei einer leistungsbezogenen Vergütung wird neben dem monatlichen Grundgehalt eine variable Vergütung gezahlt, deren Höhe von dem Geschäftserfolg der Apotheke oder der individuellen Leistung des Arbeitnehmers abhängt. Dieser Bestandteil der Vergütung wird in Abhängigkeit von dem konkreten Erfolg der Tätigkeit gezahlt, sodass der Mitarbeiter hierauf unmittelbar Einfluss nehmen kann.
Gratifikation
Eine leistungsbezogene Vergütung ist von einer Gratifikation, wie beispielsweise dem Weihnachtsgeld oder der im Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) in § 18 geregelten Jahressonderzahlung, zu unterscheiden.
Eine Gratifikation ist eine freiwillige, in der Regel an die Betriebstreue gekoppelte Zahlung und damit keine Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit. Daher ist es möglich, die Zahlung mit einem Rückzahlungsvorbehalt zu versehen für den Fall, dass der Mitarbeiter kurzfristig – meist bis zum 31. März des Folgejahres – nach Auszahlung der Gratifikation sein Arbeitsverhältnis löst.
Tantieme
Eine weitverbreitete Form der variablen Vergütung ist die Tantieme. Bei der Tantieme wird der Mitarbeiter am Ergebnis des Betriebs beteiligt. Als Bezugsgröße für die Beteiligung wird in der Regel der Gewinn (Reingewinn oder beispielsweise Rohertrag abzüglich Werbekosten) definiert. Der Mitarbeiter erhält meist einen gewissen prozentualen Anteil des Gewinns.
Die Beteiligung des Mitarbeiters ist nur mittelbar von dessen individuellem Einsatz abhängig, er partizipiert vielmehr am Erfolg des Unternehmens. Das kann oftmals als ungerecht empfunden werden, insbesondere dann, wenn einzelne Mitarbeiter durch häufige Fehlzeiten oder unmotiviertes Arbeiten auffallen und dennoch eine ungeschmälerte Tantieme erhalten.
Umsatzbeteiligung
Eine Sonderform der Tantieme, die auch Elemente einer Provision aufweist, ist die Umsatzbeteiligung. Die Beteiligung der Mitarbeiter am gesamten Umsatz der Apotheke ist allerdings nicht ratsam, da einem Umsatz nicht zwingend ein Gewinn gegenüberstehen muss. Denkbar ist jedoch die Beteiligung am Umsatz mit bestimmten, im Einzelnen definierten Produkten aus der Sicht- oder Freiwahl.
Vereinbarungen, die den Umsatz nicht verschreibungspflichtiger Ware ankurbeln sollen, sind aber nicht uneingeschränkt mit dem Charakter einer Apotheke vereinbar. Denn es ist nicht das Ziel des Apothekers, so viel Ware wie möglich umzusetzen, im Vordergrund muss vielmehr stets eine gewissenhafte Beratung stehen. Das kann bei der Beteiligung der Mitarbeiter am Umsatz schnell in Vergessenheit geraten. Reine Umsatzbeteiligungen der Apothekenmitarbeiter sind auch aus kaufmännischer Sicht wenig sinnvoll. Nicht der Kunde, der viel einkauft, wird wiederkommen, sondern derjenige, der sich gut beraten fühlt.
Zielvereinbarung
Ausgewogener und gerechter als eine Gewinn- oder Umsatzbeteiligung ist die Zielvereinbarung. Hierbei treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Rahmenvereinbarung, in der geregelt ist, welchen Bonus der Mitarbeiter bei vollständiger Zielerreichung beanspruchen kann. Zu Beginn eines Jahres wird dann bestimmt, welche individuellen Ziele vom Arbeitnehmer im laufenden Jahr erreicht werden sollen. Darüber hinaus kann auch ein Teil des Bonus vom allgemeinen Geschäftserfolg abhängig gemacht werden. Durch die Mitberücksichtigung von Unternehmenszielen hat der Apothekenleiter die Möglichkeit, in einem weniger erfolgreichen Geschäftsjahr geringere Boni auszuzahlen.
Die betreffenden Ziele sollten in einem gemeinsamen Gespräch definiert werden. Wichtig ist, dass sie für den Mitarbeiter tatsächlich erreichbar sind. Zu diesen Zielen können beispielsweise die Teilnahme an einer Fortbildung, die Anzahl der durchgeführten Ernährungsberatungen oder die Kundenfrequenz gehören.
Neben diesen klaren Vorgaben ist es auch möglich, „weiche“ Ziele, wie etwa die Erhöhung der Kundenzufriedenheit oder die Verbesserung der Teamarbeit, zu vereinbaren. Da sich diese „weichen“ Ziele schwer fassen lassen, sollte bereits von Anfang an so klar wie möglich definiert werden, wann ein Ziel als erreicht gilt.
Diese Zielvereinbarung wird durch das Unternehmensziel vervollständigt, beispielsweise die Gewinnsteigerung oder die Kostensenkung um einen bestimmten Prozentsatz.
Werden Unternehmensziele vereinbart, sollte darauf geachtet werden, dass den Mitarbeitern im Streitfall die Möglichkeit gegeben wird, das Erreichen dieser Ziele überprüfen zu lassen, ohne dass dazu die Zahlen der Apotheke gegenüber den Mitarbeitern offengelegt werden müssen. Das lässt sich etwa dadurch erreichen, dass die Mitarbeiter – wenn sie den vom Steuerberater des Apothekenleiters mitgeteilten Prozentsätzen misstrauen – einen eigenen Steuerberater mit der Überprüfung beauftragen dürfen. Dieser muss sich aber der Schweigepflicht hinsichtlich der absoluten Zahlen unterwerfen und darf sie auch dem Mitarbeiter gegenüber, der ihn beauftragt hat, nicht offenlegen.
Anwesenheitsprämie
Eine besondere Form der variablen Vergütung ist die Anwesenheitsprämie. Hierbei handelt es sich um eine zusätzlich zur geschuldeten Vergütung zu zahlende Prämie, die nur dann voll zur Auszahlung gelangt, wenn der Mitarbeiter während des Kalenderjahres weder entschuldigte noch unentschuldigte Fehlzeiten aufweist.
Da der Arbeitnehmer durch die Kürzung der Prämie aufgrund von krankheitsbedingten Fehlzeiten für etwas „bestraft“ wird, das nicht in seiner Macht liegt, sind die Kürzungsmöglichkeiten begrenzt. Pro Fehltag darf die Prämie um ein Viertel des Gehalts, das auf einen Tag entfällt (Grundvergütung für ein Jahr, geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage im Jahr) gekürzt werden.
Modell der TGL – „LOB“
Einen begrüßenswerten Vorstoß hat die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL) mit den Verhandlungen zur Einführung von „LOB“ (Leistungsbezogene Bezahlung) gemacht. Anlässlich der jüngsten Tarifverhandlungen hat sich die TGL nicht dem allgemeinen Gehaltstarifvertrag und der darin festgesetzten Tariferhöhung ab 2010 um 1,5% angeschlossen, sondern zunächst nur eine Steigerung der Grundgehälter um 0,5% vereinbart. Gleichzeitig wurde angekündigt, ab 2010 eine leistungsbezogene Vergütung in Abstimmung mit der ADEXA einzuführen, in die das fehlende ein Pro-zent Eingang finden sollte.
Von der TGL und der ADEXA wurde ein ausführliches Bewertungsverfahren entwickelt, um die Leistungen der Mitarbeiter so umfassend und objektiv wie möglich zu erfassen. Das Modell unterscheidet zwischen Arbeitnehmern mit und ohne Kundenkontakt und bewertet die Kompetenzen der Arbeitnehmer in fachlicher, sozialer und methodischer Hinsicht. Darüber hinaus werden Arbeitsmethoden und -effizienz beurteilt. Jedes der einzelnen Kriterien kann mit bis zu vier Punkten bewertet werden, die Gesamtzahl der Punkte entscheidet über die Höhe der auszuzahlenden Zusatzvergütung. Es handelt sich bei diesem Modell um eine Form der Zielvereinbarung, die allerdings ausschließlich individuelle und keine unternehmensbezogenen Ziele erfasst. Das Modell kann und soll aber vom einzelnen Apothekenleiter entsprechend den individuellen Bedürfnissen ergänzt werden.
Leider ist es zu keiner Einigung zwischen der TGL und der ADEXA gekommen. Diese scheiterte an der Frage, ob ein Teil der tariflichen Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) schrittweise in „LOB“ umgewandelt werden könne. Das hat für den Bereich Nordrhein zur Folge, dass es bei der bislang vereinbarten Tariferhöhung um 0,5% bleibt und das fehlende ein Prozent keinen Eingang in den Gehaltstarifvertrag findet. Die TGL empfiehlt daher, „LOB“ auch ohne tarifliche Grundlage einzuführen, und leistet ihren Mitgliedern entsprechende Hilfestellung.
Arbeitsrechtliche Umsetzung
Bei einer Neueinstellung ist die Einführung einer leistungsbezogenen Vergütung unproblematisch. Sie kann anstelle einer übertariflichen Zulage vereinbart werden oder – wenn das Arbeitsverhältnis mangels beiderseiti-ger Tarifbindung nicht dem BRTV unterliegt – ein Weihnachtsgeld ersetzen.
Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen ist die Einführung dann unproblematisch, wenn es sich um einen zusätzlich zu dem ursprünglich vereinbarten Gehalt gezahlten Vergütungsbestandteil handelt. Der Arbeitnehmer wird dann bessergestellt, Proteste sind also nicht zu erwarten.
Anders sieht es aus, wenn die Mitarbeiter vermeintlich schlechtergestellt werden, so z.B., wenn das Weihnachts-geld nicht mehr die bloße Betriebstreue, sondern die individuelle Leistung des Einzelnen belohnen soll. Ist beabsichtigt, das Weihnachtsgeld in eine leistungsbezogene Vergütung umzuwandeln, ist zunächst zu prüfen, ob ein Rechtsanspruch auf das Weihnachtsgeld besteht. Das ist der Fall, wenn das Weihnachtsgeld aufgrund beiderseitiger Tarifbindung oder ausdrücklicher Zusage im Arbeitsvertrag verbindlich ist. Auch kann ein Anspruch aus „betrieblicher Übung“ gegeben sein, also wenn der Arbeitgeber das Weihnachts-geld drei oder mehr Jahre hintereinander gezahlt hat.
Besteht ein durchsetzbarer Anspruch auf das Weihnachtsgeld, kann eine Umwandlung in eine leistungsbezogene Vergütung ohne Weiteres dann erfolgen, wenn der Arbeitnehmer einverstanden ist. Weigert der Mitarbeiter sich, eine entsprechende Vereinbarung zu unterzeichnen, stellt sich die Frage nach der einseitigen Durchsetzbarkeit. Eine einseitige Änderung der arbeitsvertraglichen Regelungen durch den Arbeitgeber kann im Wege einer sogenannten Änderungskündigung erfolgen. Durch diese wird das Arbeitsverhältnis in seiner bisherigen Form gekündigt und gleichzeitig wird angeboten, es unter geänderten Bedingungen – hier also unter Wegfall des Weihnachtsgeldes und Einführung einer leistungsbezogenen Vergütung – fortzusetzen. Gilt für die Apotheke aufgrund der Anzahl der Mitarbeiter das Kündigungsschutzgesetz, können die Arbeitnehmer gegen die Änderungskündigung vor dem Arbeitsgericht klagen. Eine Rechtfertigung der Änderungskündigung mit betrieblichen Notwendigkeiten wird kaum möglich sein. Der Weg einer Änderungskündigung kann also nur in Apotheken Erfolg versprechen, die nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fallen.
Aber auch in Kleinbetrieben ist die „zwangsweise“ Einführung der leistungsbezogenen Vergütung wenig ratsam und wird kaum zur Motivation der Mitarbeiter beitragen. Selbst wenn eine Änderungskündigung zulässig wäre, ist eine einverständliche Lösung stets vorzuziehen. Das setzt voraus, dass den Mitarbeitern ein System präsentiert wird, das eine deutliche Verbesserung zur bisherigen starren Weihnachtsgeldregelung verspricht.
Jasmin Theuringer, Rechtsanwältin,
Bellinger Rechtsanwälte und Steuerberater,
40212 Düsseldorf,
E-Mail: theuringer@bellinger.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(06):7-7