Editorial

Die Front bröckelt


Dr. Christine Ahlheim

Bei der anstehenden Gesundheitsreform verlief die Front bislang ziemlich klar: auf der einen Seite die Befürwor­ter der Gesundheitsprämie – insbesondere die FDP, überwiegend auch die CDU sowie zahlreiche renommierte Gesund­heits­öko­no­men. Und auf der anderen Seite de­ren Gegner – vor allem SPD, Grüne, CSU, Linkspartei, Gewerkschaf­ten und gesetz­liche Krankenkassen –, die ihre Ablehnung schon durch Verwendung des wenig menschenfreundlich klingenden Begriffs Kopfpauschale zum Ausdruck bringen.

Doch nun hat sich mit dem Vorstandsvorsitzenden der Techniker Kranken­kas­se Norbert Klusen erstmals ein prominenter Vertreter der gesetzlichen Kran­kenversiche­rung auf die Seite von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler gestellt und dessen Pläne für eine Gesundheitsprämie unterstützt. Und Klusen geht sogar noch viel weiter: Er fordert im Bild-Interview die Privatisierung der gesetzlichen Kran­kenkassen und will den „unerträglichen Unterschied zwischen Kassen- und Privatpatient“ abschaffen.

Mit dieser ebenso mutigen wie klugen Stellungnahme des TK-Chefs beginnt die Front der Gegner einer Gesundheits­prämie zu bröckeln. Vielleicht werfen nun auch noch andere GKV-Vertreter sowie maßgebliche Politiker ihre ideo­lo­­gi­schen Scheuklappen ab und ringen sich zu einer wirklichen Reform der Kran­ken­versicherung durch. Private und gesetzliche Kassen im fairen Wettbewerb, Einführung der Gesundheitsprämie und Sozialausgleich durch das (für diesen Zweck ide­ale) Steu­ersystem – auf dieser Basis könnte unser Gesund­heitswesen zukunfts­sicher und demografiefest werden.

Deutscher Apotheker Verlag
AWA -Redaktion
Dr. Christine Ahlheim M.A.
Apothekerin

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(07):2-2