Außerdienstliches Verhalten der Mitarbeiter

Wenn das Privatleben zur Chefsache wird


Jasmin Theuringer

Das außerdienstliche Verhalten eines Mitarbeiters ist grundsätzlich allein dessen Privatangelegenheit. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen, wie aktuell der Rücktritt von Margot Käßmann zeigt. Nur eine politische Entscheidung oder arbeitsrechtlich geboten?

Wie ein Mitarbeiter seine Freizeit verbringt, ist allein seine Entscheidung – auch wenn einige Freizeitbeschäftigungen aus Arbeitgebersicht wenig wünschenswert sind. Dennoch ist es jedem Arbeitnehmer grundsätzlich unbenommen, in seiner Freizeit verletzungsträchtigen Sportarten wie Kickboxen und Drachenfliegen nachzugehen oder sich politisch oder religiös in einer dem Arbeitgeber missfallenden Art zu betätigen. Ebenso wenig ist Alkoholkonsum zu beanstanden, auch dies gehört zur allgemeinen Handlungsfreiheit eines jeden.

Doch nicht immer lässt sich das Privat- vom Arbeitsleben trennen. Das außerdienstliche Verhalten eines Mitarbeiters kann sich unmittelbar störend auf das Arbeitsverhältnis auswirken – und dann entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen.

Alkoholkonsum

Wenn zum regelmäßigen Alkoholkonsum während der Freizeit ein gelegentlicher Konsum am Arbeitsplatz hinzukommt, muss das natürlich nicht toleriert werden. Alkoholkonsum während der Arbeitszeit kann abgemahnt werden und im Wiederholungsfall ohne Weiteres eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Gleiches gilt für das morgendliche Erscheinen am Arbeitsplatz mit einer Alkoholfahne.

Hat jedoch der Alkoholkonsum bereits das Stadium einer Sucht erreicht, ist der Arbeitnehmer nicht mehr schuld­fähig. Eine Abmahnung ist entbehrlich, da es sich nicht mehr um ein vom Arbeitnehmer steuerbares Verhalten handelt. Im Fall einer Sucht gelten die Regelungen zur krankheitsbedingten Kündigung. Es empfiehlt sich, zunächst das Gespräch mit dem Mitarbeiter zu suchen und ihn zu einer Therapie zu bewegen. Ist der Mitarbeiter nicht therapiebereit oder bleibt ein Therapieversuch erfolglos, so begründet dies die sogenannte negative Zukunftsprognose hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Suchtkrankheit. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist dann in der Regel gerechtfertigt.

Verliert der Mitarbeiter wegen einer Trunkenheitsfahrt seinen Führerschein, begründet dies weder eine Abmahnung noch eine verhaltens­bedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer allerdings um den Boten, der ohne Führerschein seiner Tätigkeit langfristig nicht mehr nachgehen kann, ist eine personenbedingte Kündigung möglich.

Drogen

Der Konsum von Drogen ist zwar strafbar, hat aber grundsätzlich keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis. Zweifelhaft ist, ob das auch für die me­dikamentenabhängige PTA gilt. Missbraucht diese ihre Tätigkeit zur Beschaffung der Medikamente, muss sie mit arbeitsrechtlichen Konsequen­zen rechnen. Auch ohne einen derartigen konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis ist jedoch das in Apotheken bestehende besondere Risiko einer Beschaffungskrimina­lität zu berücksichtigen.

Bei der Frage, ob im Bewerbungsverfahren ein Drogentest zu­lässig ist, stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob eine auf den konkreten Arbeitsplatz bezogene be­sondere Risikolage, die über das allgemeine Risiko einer Schlechtleistung des Arbeitnehmers im Rauschfall hin­ausgeht, besteht. Dies dürfte auf die Frage, ob Drogenkonsum zu einer Kündigung des Arbeitnehmers führen kann, entsprechend anwendbar sein. Das besondere Risiko bei drogenabhängigen Beschäftigten in Apotheken rechtfertigt daher entsprechende arbeitsrechtliche Maßnahmen.

Straftaten im Betrieb

Bei der Frage, ob Straftaten des Mitarbeiters arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, kommt es stets darauf an, ob die konkrete Straftat sich störend auf das Arbeitsverhältnis auswirkt. Im Betrieb selbst begangene Straftaten, wie z.B. Tätlichkeiten gegenüber Kollegen oder Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers, rechtfertigen in der Regel eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers.

Außerdienstlich begangene Straftaten

Außerhalb des Betriebs begangene Straftaten sind differenzierter zu betrachten. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers wird durch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen des Arbeitgebers eingeschränkt. Der Arbeitnehmer hat sich auch außerhalb des Betriebs so zu verhalten, dass er dabei die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so wahrt, wie es von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb verlangt werden kann (Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 2 AZR 953/07). Der Mitarbeiter ist daher auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Diese Rücksichtnahmepflicht wird dann verletzt, wenn das außerdienst­liche Verhalten des Arbeit­nehmers negative Auswir­kungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeits­verhältnis hat.

Außerhalb des Betriebs begangene Straftaten können zudem die persönliche Eignung des Arbeitnehmers für dessen Tätigkeit infrage stellen. Hierbei kommt es ganz wesentlich auf die Art des Delikts und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb an. Mitarbeiter, die das Unter­nehmen nach außen reprä­sentieren, haben sich auch außerhalb des Betriebs angemessen zu verhalten. Daher können Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers grundsätzlich auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn sie außerdienstlich begangen wurden und es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt.

Das gilt im gesteigerten Maße für sogenannte Tendenzunternehmen wie Kirchen, politische Parteien oder Gewerkschaften. Hier darf der Arbeitgeber erwarten, dass auch das außerdienstliche Verhalten im Einklang mit der betrieblichen Tendenz steht. So war es auch im Fall Margot Käßmann, die ihren Posten als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche aufgab, nachdem sie mit mehr als 1,5 Promille im Blut über eine rote Ampel gefahren war. Ihr Rücktritt war damit nicht nur eine politische Entscheidung, sondern auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar.

Diese Grundsätze gelten auch außerhalb des öffentlichen Dienstes und der Tendenzbetriebe. So begründet eine Verurteilung des Arbeitnehmers wegen außerhalb des Betriebs begangener Vermögensdelikte, wie z.B. Betrug oder Unterschlagung, erhebliche Zweifel an dessen Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit. Dies hat dann unmittelbaren Einfluss auf das Arbeitsverhältnis, wenn es sich um einen Mitarbeiter in einer Vertrauensposition handelt. In der Apotheke trifft dies nicht nur auf den Filialleiter zu, sondern auf nahezu jeden Mitarbeiter, denn die PTA hat Zugriff auf die Kasse, die PKA auf das Warenwirtschaftssystem. Der Apothekenleiter muss all seinen Mitarbeitern uneingeschränkt vertrauen dürfen.

Auch andere Delikte als Vermögensdelikte können die persönliche Eignung des Arbeitnehmers infrage stellen. So ist die PKA, die in ihrer Freizeit mit Betäubungsmitteln handelt, als Apothekenmitarbeiterin ungeeignet. Entsprechendes gilt für einen Boten, der wiederholt in grobe Verkehrsverstöße, wie z.B. Unfallflucht, verwickelt ist. Außerdienstliche Straftaten können daher zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.

Jasmin Theuringer, Rechts-
­anwältin, Bellinger Rechts­-
anwälte und Steuerberater,
40212 Düsseldorf,
E-Mail: theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(07):10-10