Projektmanagement

Ziele sicher und kostenoptimiert erreichen


Prof. Dr. Reinhard Herzog

„Das schaffen wir nicht“, „Leider ist es etwas teurer geworden“, „Die Aktion hat unsere Erwartungen nicht erfüllt“ – Aussagen, die zum täglichen Geschäft gehören, aber unnötige Kosten bedeuten. Vieles davon lässt sich durch ein straffes Projektmanagement vermeiden.

Was fällt unter den heutzutage viel strapazierten Begriff Projekt und wo setzen Sie Grenzen? In der Tat kann man die einfachsten Dinge kompliziert machen: In manchen Großbetrieben benötigen Sie bereits eine Bohrgenehmigung unter Hinzuziehung der Planungsabteilung, nur um ein Bild aufzuhängen...

Andererseits kann aber bereits die Anschaffung einer Laborwaage ein „Kleinprojekt“ sein. Denn wie heißt es so schön: Wer am billigsten kauft, kauft oft dreimal und so schlussendlich am teuersten. Mit anderen Worten: Es ist schon sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, wo die Waage überhaupt hin soll oder kann und welche Anforderun­gen an Genauigkeit, Anbindung an die EDV usw. zu stellen sind. In der Industrie hat eine Waagenauswahl, -be­schaf­fung und -aufstellung heute durchaus Projektdimensionen, müssen doch umfangreiche Qualifizierungsschritte und Do­kumentationspflichten erfüllt werden. Da vergehen etliche Wochen von der Bestellung bis zur Inbetriebnahme.

Eindeutig einen „Projektstatus“ bekommen sollten alle Vorhaben, die

  • mindestens einige „Manntage“ an Arbeit erfordern,
  • von mehreren Personen erledigt werden (Abstimmungsaufwand) oder
  • verschiedene Arbeitsvorgänge beinhalten.

Damit haben größere Kun­den­aktionen, ein neues Marketing­konzept oder ausführli­chere Analysen (z.B. eine Kundenstrukturanalyse) bereits Pro­jekt­charakter. Umbauten, Anschaffung eines Lagerautoma­ten, Einstieg in das Verblistern usw. sind selbstredend Großprojekte, die einer ausge­feil­ten Vorausplanung bedürfen.

Projekte sollten immer eindeutige Ziele haben sowie klar definiert (und damit gegenüber benachbarten Themen abgegrenzt) sein. Vermei­den Sie schwammige Formulierungen wie „Verbesserung der Kundenansprache“ oder „Erhöhung der Apotheken-Attraktivität“. Sagen Sie konkreter: „Steigerung der Kundenzahl um mindestens 5% durch Entwicklung eines neuen Konzepts zur Kundenansprache bis Ende des Jahres.“ Die Ziele sollten immer überprüfbar sein.

Am Anfang stehen also die Zieldefinitionen sowie der Zeitpunkt, an dem das Projekt abgeschlossen sein soll. Manch­mal wird man erst im weiteren Verlauf feststellen, dass die Zeitvorgabe zu optimistisch war. Dies wird dann noch korrigiert, bevor z.B. schon Flyer oder Einladungen mit nicht haltba­ren Terminen gedruckt sind.

Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit! Seien Sie lieber mit der Zeitplanung nicht zu kleinlich und sehen Sie Zeitpuffer vor, denn es geht meist ge­nug schief und es kommt Ungeplantes dazwischen.

Ressourcenplanung

Die zu beantwortenden Fragen sind im Grunde auch hier wieder einfach: Wer macht was bis wann und mit welchen Mitteln und Budgets? Doch hier kann man viele Fehler machen. Das meiste steht und fällt mit der Motivation und den Fähigkeiten der Mitarbeiter. Deshalb beherzigen Sie folgende Regeln:

  • Setzen Sie nur Personen ein, die für das Thema motiviert sind.
  • Betrauen Sie nur Leute mit dem Projekt, die entsprechend befähigt sind.
  • Achten Sie auf Synergien oder im Gegenzug auf Hemmnisse und sich ge­genseitig blockierende Persönlichkeitsmerkmale.

Je größer das Projekt, umso mehr kommt es darauf an, dass Hand in Hand gearbeitet wird. Die unschöne Alternative: Alles Wesentliche und leider auch Unwesentliche bleibt an Ihnen hängen! Achten Sie also darauf, dass die Beteiligten miteinander „können“, entschärfen Sie mögliche Konflikte im Vorfeld durch die entsprechende Auswahl der Personen und Aufgabenzuordnung. Nichts ist so hinderlich wie versteckt oder offen ausgetragene Animositäten. Lassen Sie lieber jemanden von vornherein „draußen“, anstatt sich hinterher mit allerlei Kon­flikten auseinandersetzen zu müssen.

Achten Sie auch darauf, dass die Mitarbeiter nicht überfordert werden. Die meisten Projekte leben zwar nicht von außergewöhnlicher Kreativität oder geistigen Höchstleistungen. Damit sie zielgerichtet, schnell und kosten­effizient „durchgezogen“ werden, muss die Arbeit aber gut von der Hand gehen. Andernfalls stockt es hier und da, häufen sich die Fehler und lästige Nachfragen. Binden Sie die Be­tei­ligten deshalb an den Stellen ein, wo sie hingehören, und führen Sie sie dann Schritt für Schritt an Größeres heran.

Wer erfolgreich arbeiten möchte, braucht die entsprechende Ausstattung. Man wundert sich oft, mit welch bescheidenen Mitteln viele Ak­tionen durchgeführt werden. Nicht selten sieht man das dem Ergebnis aber auch an. Profis sparen jedoch nicht an sinnvollem Arbeitsmaterial. Ob eine Grafiksoftware für Marketingaufgaben, ansprechendes Dekomaterial, ein guter Drucker, Auswerteprogramme für Analysen, ein schneller Internetzugang – gemessen an den hohen Personalkosten, die viele Projekte verursachen (siehe weiter unten), sind das meist tatsächlich die berühmten „Peanuts“. In eine vernünftige Projektplanung gehören diese Arbeitsmittel mit hinein, insbesondere, falls sie gegebenenfalls neu beschafft werden müssen.

Alternativ ist über Dienstleistungsunternehmen nachzu­den­ken. Doch lauern hier gefährliche Fallen. Vergewissern Sie sich rechtzeitig, wer zu welchen Konditionen überhaupt infrage kommt, und klären Sie Vorlauf- und Lieferzeiten ab. Vergewissern Sie sich zudem, was Sie möglicherweise beitragen müssen – z.B. Druckvorlagen (in welcher Qualität?) bei Marketingaktionen. Nur mit einer solchen gut gepflegten Zuliefererliste gelingt es, zutreffende Projektpläne zu erstellen.

Zeitplanung

Setzen Sie stets Zeitbudgets bzw. stimmen Sie diese im Team ab. Die Erfahrung zeigt, dass auch unter knappen Zeitvorgaben brauchbare Ergebnisse erzielt werden; doppelte Zeit bedeutet in aller Regel eben nicht doppelt so gute Resultate. Sorgen Sie aber dafür, dass für Dinge, die „Projektstatus“ haben, die geplante Zeit tatsächlich zum konzen­trierten Arbeiten zur Verfügung steht. Gerade hieran krankt es im Apothekenalltag, der ja aus zahlreichen Tätigkeiten besteht, die quasi parallel erledigt werden müssen. Und Ungeplantes ist die Regel: die komplizierte Rezep­tur, der schwierige Kunde, ein ständig läutendes Telefon.

Mitarbeiter freistellen

Tipp: Stellen Sie Ihre Mitar­beiter lieber konsequent für eine gewisse Zahl an Stunden frei und verlagern Sie die intensive Projektarbeit vielleicht sogar aus der Apotheke heraus. Sie werden sehen, es lohnt sich – in zwei Richtungen: Das Projekt kommt besser voran und im Tages­geschäft sind die Mitarbeiter konzentrierter bei der Sache, wenn sie nicht immer wieder zwischen Projekt- und Offizintätigkeit hin- und herwechseln müssen. Falls Sie diese Zeit nicht erübrigen können, sollten Sie sich fragen, ob das Projekt überhaupt so wichtig ist und, wenn ja, ob Sie es nicht besser an einen externen Dienstleister vergeben.

Die konsequente Zeitplanung erschließt die Kostendimension so mancher Vorhaben. Multipliziert mit dem Stundensatz der jeweiligen Mitarbeiter zu Vollkosten, ergeben sich die Personalkosten. Da wird sich manch einer die Augen reiben, was die Aktion X und der Teeausschank Y tatsächlich kosten und welche Um­sätze zur Kompensation nötig sind. Noch drastischer fallen die nüchternen Zahlen aus, wenn Großprojekte wie die Einführung eines QMS-Systems ehrlich nach Stundensätzen nachkalkuliert werden.

Projektverfolgung und kontinuierliches Entscheiden

Die Arbeit läuft. Jeder Beteilig­te weiß anhand des Projektplans (siehe unten), was er zu tun hat. Also alles in bester Ordnung? Je umfangreicher und zeitaufwendiger das Projekt ist, umso mehr werden Sie sinnvollerweise mit Zwi­schen­zielen („Milestones“) und Ent­scheidungspunkten („De­ci­si­on Points“) im Hinblick auf den weiteren Ablauf arbeiten. Überlassen Sie nichts dem Zufall, insbesondere, falls mehre­re Mitarbeiter beteiligt sind.

Der ständige Soll-Ist-Abgleich ist das Los eines jeden Projektleiters. „Von selbst“ läuft interessanterweise erstaunlich wenig. Sie sind also gefordert, das Erreichen der Zwischenziele regelmäßig abzufragen. Dies gilt insbesondere bei den in aller Regel wenig projektaffinen, sondern eher spontan und punktuell handelnden (Teilzeit-)Mitarbeitern in der Apotheke. Sie können hier nicht unbedingt ein Industrieniveau zugrundelegen, wo die Mitarbeiter es gewohnt sind, in Projektabläufen zu denken, und die Möglichkeit haben, an etwas über Tage und Wochen hinweg konstant „dran“ zu bleiben.

Setzen Sie also bei Großprojekten regelmäßige Besprechungen an. Bummeleien und Zeitverzügen sollten Sie vorbeugen. Eine Methode besteht darin, dass derjenige, der am meisten zurückliegt, mit der Vorstellung seiner Resultate anfängt und sich den kriti­schen Fragen des Teams stellen muss. Liegt hingegen alles im oder über Plan, eröffnen Sie selbst. Die Erfahrung zeigt, dass sich keiner darum reißt, im Fokus zu stehen. Seien Sie aber nicht zu „tough“. Der Managementstil „Marke Großunternehmen“ liegt den meisten Apothekenmitarbeitern nicht, das ist eine andere Welt. Kompromisse und Fingerspitzengefühl sind gefragt.

Entscheidungspunkte helfen, dem Projekt eine neue Richtung zu geben oder es womöglich ganz abzubrechen, bevor es weiter in die falsche Richtung läuft. Liegen z.B. die Ergebnisse der Kundenstrukturanalyse vor, wird die Marketingstrategie noch einmal hinterfragt. Themen und Ar­tikelbestückung der Flyer kommen erneut auf den Prüfstand, Werbemittel werden womöglich auf andere Kundenkreise fokussiert. Gute Projektpläne zeichnen sich da­durch aus, dass sie mehrere Wege und Reaktionsmöglichkeiten vorsehen, falls sich im Verlauf des Vorhabens unerwartete Resultate zeigen.

Projektplanungs­werkzeuge

Mit Kalender, Farbstiften sowie einem Ablaufplan, der sich entlang eines Zeitstrahls orientiert, kommen Sie immer noch recht weit. Manuell werden hier alle wichtigen Teilschritte, den Verantwortlichen farblich zugeordnet, eingetragen. Besonders hervorgehoben werden die einzelnen Zwischenziele und die regelmäßigen Projektbesprechun­gen. Erreichtes wird abgehakt oder mit Textmarker grün hinterlegt, Probleme werden je nach Dringlichkeit gelb oder rot markiert.

Für größere Vorhaben gibt es Planungsprogramme, wobei Microsoft Project sicher das bekannteste ist. Wer Spaß am strukturierten Arbeiten hat und aufgrund der Betriebsgröße viele Projekte schultern muss, sollte sich damit näher beschäftigen. Wie bei allen solchen Programmen gilt: Sie erfordern eine gewisse Ein­arbeitung und entfalten ihren ganzen Nutzen erst bei häufigerer Anwendung.

Fazit: Erfolg entscheidet sich vielfach an der Vorbereitung. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, größere Vorhaben grundsätzlich als Projekte zu formulieren, konkret durch­zuplanen und damit auch die Kosten sowie den Zeitaufwand abzuschätzen. Was derart angegangen wird, hat beste Erfolgschancen – während ansonsten viele Ideen und Vorschläge auf der bloßen Gedankenebene verharren und dann rasch wieder in der Versenkung verschwinden.

Dr. Reinhard Herzog,
Apotheker, 72076 Tübingen,
E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Checkliste

Ein Excel-Projektplanungsblatt für Marketingaktionen finden Sie hier

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(07):5-5