Führung

Das ist mein Platz – Kämpfe im Team


Klaus Hölzel

Machtspiele sind bei der Zusammenarbeit eines Teams nicht wegzudenken. Wer glaubt, in seiner Apotheke gebe es keinerlei Revierkämpfe, verschließt davor nur die Augen. Die beste Reaktion des Chefs: Kommunikation mit Souveränität.

Den Machtspielern im Team geht es in der Regel nicht um die Sache selbst, sondern sie missbrauchen den Streitinhalt, um sich eine Machtposition aufzubauen oder diese zu festigen. Beispiel: Im Teammeeting kritisiert die langjährige PTA – die rechte Hand des Chefs – die neue Kollegin mit harschen Worten, um rigoros klarzustellen, wer in der Apotheke das Sagen hat. Das Machtspiel beginnt vor allem dann, wenn die „Neue“ nun ihrerseits in diesen Kampf einsteigt und bei der nächsten Gelegenheit selbst eine Intrige spinnt.

Der Apothekenleiter als Regisseur

Wie kann der Apothekenchef reagieren? Er sollte versuchen, in die Rolle des agierenden Spielleiters zu schlüpfen und zum Regisseur des Machtspiels zu werden. Sicher ist es möglich, das aufkommende Geplänkel demonstrativ mit einem Machtwort zu beenden. Doch das Machtspiel wird dann höchstwahrscheinlich als ungelöster Konflikt weiterschwelen. Er kann jedoch auch den Dialog mit den Machtspielerinnen suchen und durch eine konstruktive Konfliktbewältigung, zum Beispiel durch ein Gespräch, eine Lösung herbeiführen.

Möglicherweise kommt der Apothekenleiter aber auch zu dem Ergebnis, dass es besser ist, die Beteiligten das Machtspiel austragen zu lassen, damit diese ihr Verhältnis un­tereinander endgültig klären. Das heißt, er greift nur dann ein, wenn das Machtspiel aus dem Ruder zu laufen droht oder um den schwächeren Mitstreiter zu unterstützen.

In den meisten Machtspielen gibt es einen überlegenen Beteiligten, der relativ aggressiv agiert. Der Chef kann durch sein Eingreifen für Chancengleichheit sorgen, indem er den Schwachen in seinem Selbstbewusstsein stärkt und den Starken deutlich darauf hinweist, dass dieser zu weit gegangen ist.

Verhaltenskodex aufstellen

Eine Möglichkeit, um Teamkämpfe einzudämmen oder von vornherein zahlenmäßig zu reduzieren, besteht darin, einen Verhaltenskodex vorzugeben oder am besten gemeinsam mit dem Team zu erarbeiten. Es werden also Spielregeln aufgestellt in Form von Leitlinien für die Kommunikation untereinander. Das Grundprinzip: Alle Argumen­te werden sachlich vorgetragen, dabei gewinnt das beste Argument, nicht derjenige, der am lautesten schreit.

Der Chef als Teil des Machtspiels

Auch der Apothekeninhaber selbst kann „Opfer“ eines Machtspiels werden. Die Vollzeitapprobierte und Stellvertreterin des Chefs ist mit seinem Führungsstil und seinen Personalentscheidungen oft nicht einverstanden und kritisiert sein Vorgehen in Teammeetings. Hier ist auf jeden Fall eine sachliche Schlichtung zu empfehlen, zum Beispiel durch ein klärendes Gespräch über die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Kollegin. Bei einer weniger tief gehenden Auseinandersetzung ist auch einmal Humor angebracht („Liebe Kollegin, machen Sie nicht aus jeder Mücke einen Elefanten!“) oder von vornherein eine klare Absage an ein aufkommendes Machtspiel: „Darüber müssen wir nicht weiter diskutieren, meine Entscheidung ist bereits gefallen.“

Der Chef muss souverän bleiben

Souveränität des Chefs ist bei allen Machtspielen das Entscheidende. Denn das Vertrackte an vielen Intrigen, Gerüchten und Verleumdungen ist: Je mehr sich der Vorgesetzte damit beschäftigt oder sich gar in die Verteidigungsposition hineindrängen lässt, desto eher ist sein Team geneigt, sich ebenfalls weiter damit zu beschäftigen und Energien darauf zu verwenden. Falls er sich dennoch entschließt, sich auf ein Machtspiel einzulassen oder dieses zu kommentieren, sollte er das Aufkommen von Emotionen vermeiden, um das Thema nicht weiter anzustacheln.

Wenn es um Machtdemons­tra­tion geht, muss dies nicht immer in verbale Attacken münden. Macht kann ein Team­mitglied auch demonstrieren, indem es – analog zur Tier­welt – sein „Revier“ markiert. Hier geht es um eher subtile Machtspiele, die bis zu einem gewissen Grad in der Natur des Menschen angelegt sind und auch als Territorialverhalten bezeichnet werden. Je nach Charakter gibt es dabei vier verschiedene Verhaltensweisen.

Kontrollorientiertes Markieren

Eine Mitarbeiterin grenzt Dinge oder ihren Arbeitsplatz gegenüber den Kolleginnen symbolisch ab, um diese als „schon belegt“ zu kennzeichnen. Sie beansprucht bestimmte Gegenstände im Backoffice dauerhaft, zum Beispiel indem sie mit einem Kleidungsstück „ihren“ Stuhl markiert, immer eine bestimmte Tasse verwendet oder gar durch das Verrücken von Möbeln ihren Bereich abgrenzt. Mit diesen allzu bekannten Maßnahmen will sie die Kollegen entmutigen, „ihr“ Territorium in Beschlag zu nehmen.

Eine solche Art von Machtdemonstration ist recht harmlos und dient dazu, die eigene Arbeitsumwelt zu organisieren und zu kontrollieren. Dies kann sogar das soziale Miteinander erleichtern, da dadurch Regeln und Normen vermittelt und Konflikte von vornherein vermieden werden.

Identitätsorientiertes Markieren

Hier verändert oder dekoriert ein Mitarbeiter Dinge oder einen Arbeitsplatz, sodass sie die Identität des Eigentümers widerspiegeln. Ein typisches Beispiel ist das Familienfoto auf dem Schreibtisch oder ein Kalender mit dem eigenen Hobby an der Wand. Er bezweckt damit, sich von anderen abzugrenzen und das eigene Selbstwertgefühl zu stärken, er möchte sich wie zu Hause fühlen. Gerade in der Apotheke, wo nicht jeder an „seinem“ Schreibtisch sitzt, kann dies schon zu kleinen Reviermachtkämpfen und Reibereien führen.

Vorbeugendes Verteidigen

Kritisch wird es, wenn ein Mitarbeiter bereits vorbeugend das Eindringen in bzw. das Besetzen des eigenen Arbeitsbereiches verhindern will: Ein Schrank wird de­monstrativ abgeschlossen, der Computer mit einem eigenen Passwort geschützt oder die Unterlagen an einer unbekannten Stelle abgelegt. Mit dieser Verhaltensweise will der Mitarbeiter Stress und ein Gefühl der Bedrohung vermeiden, die durch ein unerwünschtes Eindringen eines Kollegen hervorgerufen werden. Dies kann jedoch durchaus dauerhaft Machtrangeleien und Eifersucht unter den Angestellten zur Folge haben. Hier muss der Inhaber auf jeden Fall ein Machtwort sprechen oder für alle verbindliche Regeln aufstellen.

Nachträgliches Verteidigen

Es kann passieren, dass eine Mitarbeiterin in das Territorium, in den „Machtbereich“ einer anderen versehentlich oder absichtlich eingedrungen ist. Dann greift die Betroffene automatisch zu Gegenmaßnahmen, um den alten Zustand wiederherzustellen. Spätestens hier fängt das Machtspiel an, wenn durch Worte, Gesten oder Blicke das Verhalten der anderen missbilligt wird.

Eindämmen ja, verhindern nein

Fazit: Kommunikation mit den Streithähnen einerseits, der Verhaltenskodex als Spielregel andererseits dämmen Revierkämpfe ein. Ganz verhindern kann sie auch der beste Chef nicht.

Dipl.-Volkswirt Klaus Hölzel,
Apotheken Management-
Institut GmbH, 65375 Oestrich-Winkel,
E-Mail: sekretariat@apothekenzukunft.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(09):8-8