Steuer-Spartipp

Sonderausgaben: Auslandsspenden


Helmut Lehr

In der Vergangenheit waren lediglich Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. inländische Dienststellen sowie an bestimmte gemeinnützige „Einrichtungen“ als Sonderausgaben begünstigt. Direktspenden in das EU- Ausland konnten nicht steuerlich geltend gemacht werden. Dies war insbesondere für diejenigen Steuerpflichtigen äußerst misslich, die auf-grund verwandtschaftlicher oder freundschaftlicher Beziehungen ins Ausland größere Summen an dortige Einrichtungen gespendet hatten.

Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht

Nach Ansicht des Europäi­schen Gerichtshofs1) steht die sogenannte Kapitalverkehrsfreiheit als europäisches „Grundrecht“ dem Abzugsverbot für Auslandsspenden (vgl. §10b Einkommensteuergesetz alte Fassung) jedoch entgegen. Danach muss auch eine Spende an einen ausländischen Spendenempfänger abzugsfähig sein, sofern der Spender nachweist, dass die Auslandsspende den übrigen Anforderungen an den gesetzlichen Tatbestand (z.B. gemeinnütziger Zweck) genügt. Die EuGH-Rechtsprechung gilt nicht nur für Geld-, sondern auch für Sachspenden und somit auch für Gegenstände des täglichen Gebrauchs.

Gesetzliche Neuregelung

Durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 8. April 20102) hat der deutsche Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs reagiert und den Anwendungsbereich des Spendenabzugs räumlich ausgeweitet. Danach sind künftig auch aus­ländische juristische Personen des öffentlichen Rechts und öffentliche Dienststellen begünstigt, sofern sie in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat liegen. Direkt begünstigt sind auch ausländische „gemeinnützige“ Einrichtungen sowie Spenden in den Vermögensstock einer ausländischen Stiftung.

Strenge Anforderungen

Die Neuregelung hat es allerdings in sich, denn keineswegs sind nun Spenden jeglicher Art ins Ausland abzugsfähig, sondern nur unter folgenden engen und zunächst sehr abstrakten Voraussetzungen:

  • Der jeweilige Staat muss Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung von Abgaben, Zöllen und Steuern leisten.
  • Werden die steuerbegünstigten Zwecke nur im Ausland verwirklicht, müssen zumindest natürliche Personen im Inland gefördert werden oder
  • die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers muss zumindest zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen (sogenannter Inlandsbezug).

Hinweis: Die Neuregelung gilt grundsätzlich in allen Fällen, in denen die Einkommensteuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind, somit ggf. auch noch für Altjahre. Der erforderliche Inlandsbezug muss bei Spen-den an ausländische juristische Personen des öffentlichen Rechts und öffentliche Dienststellen ab dem 1. Januar 2010 vorliegen, bei Spenden an gemeinnützige Einrichtungen (bestimmte Vereine) bereits seit 2009.

Zahlreiche Unklarheiten

Die oben bezeichneten An­forderungen machen deutlich, dass die praktische Umsetzung der Neuregelung äußerst problematisch wird. Insbesondere ist bislang völlig unklar, in welcher Form der Steuerpflichtige/Spender die Voraussetzungen nachweisen kann/muss. So hat bereits der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren angemahnt, dass die vom Spender zu erbringenden Nachweise noch spezifiziert werden müssen und ein gemeinnützigkeitsrechtliches Anerkennungs­verfahren für die Steuerbegünstigung ausländischer Zuwendungsempfänger (insbesondere Vereine) zu entwickeln sowie eine zentrale Zuständigkeit für diese Entscheidungen (Finanzamt XY?) zu schaffen ist. Außerdem ist weitgehend unklar, wie der Inlandsbezug konkret aussehen kann/muss.

Hinweis: Das Bundesfinanzministerium muss nun baldmöglichst ein ausführliches Anwendungsschreiben erlassen und die aufgeworfenen Fragen umfassend klären.

Risiken in der Praxis

Wer zum jetzigen Zeitpunkt größere Geld- oder Sachspenden an „Einrichtungen“ im EU-/EWR-Ausland plant, muss sich der bestehenden Unwägbarkeiten bewusst sein. Bis zu einer weitergehenden Konkretisierung des Spendenabzugs durch die Finanzverwaltung könnte anstelle einer Direktspende ins Ausland eine Spende an eine im Inland tätige ausländische Empfängerkörperschaft in Betracht gezogen werden. Die Abzugsvoraussetzungen einer solchen sogenannten mittelbaren Auslandsspende sind weitestgehend geklärt.

Entspricht dies nicht den Vorstellungen des Spenders, muss er dafür Sorge tragen, dass er die „Begünstigung“ der ausländischen Körperschaft (hypothetische Anerkennung durch den deutschen Fiskus) durch besondere Dokumente belegt. Insbesondere muss eine Vergleichbarkeit der Organisationsstruktur und der Zweckverfolgung gegenüber inländischen Einrichtungen möglich sein.

Hinweis: Nach der Rechtsprechung genügen hierzu formlose Unterlagen des ausländischen Spendenempfän-gers, aus denen der Betrag und die Art der Spende sowie die von der Einrichtung verfolgten Ziele hervorgehen. Außerdem sollte sich daraus ergeben, dass die Einrichtung mit den in Vorjahren erhaltenen Spenden ordnungsgemäß umgegangen ist. Hinzu kommt, wie bereits erwähnt, dass der Spendenempfängerstaat Amtshilfe leisten muss. Außerdem werden die meisten Finanzämter bis auf Weiteres Nachweise in deutscher Sprache anfordern (vgl. § 87 Abgabenordnung).

Im Vorfeld größerer Auslandsspenden sollte deshalb gegebenenfalls der steuerliche Berater kontaktiert werden.

1) Vgl. Urteil vom 27. Januar 2009, Rechtssache C-318/07 „Persche“.
2) Vgl. Bundesgesetzblatt 2010 Teil I, Seite 386.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(10):18-18