Prof. Dr. Reinhard Herzog
Sicher wird sich jeder Inhaber Gedanken machen, wen er für welche Aufgabe sucht. Die Realität sieht jedoch oft so aus: Im überlasteten HV-Betrieb schaut man nach „Verstärkung“. Auf die Schnelle muss „Ersatz“ für die plötzlich ausgeschiedene PTA her. Und obwohl die Filiale schon lange ein Thema ist, beginnt die richtige Personalsuche erst spät und mit noch schemenhaften Vorstellungen über die Besetzung. Diese Beispiele illustrieren, dass Sie rasch in die Rolle des Getriebenen kommen können und dann nehmen müssen, was der Arbeitsmarkt gerade hergibt.
Je größer die Apotheke, umso eher dominiert eine eng umschriebene Festlegung von einzelnen Positionen. Meist ist eine Personalreserve vorhanden und plötzliche Weggänge stürzen den Betrieb nicht gleich ins Chaos. In kleinen Apotheken wünscht man sich hingegen die „Mädchen für alles“, die notfalls sogar einmal zum Putzlappen greifen. Immer gibt es jedoch Kernaufgaben, und diese sollten klar umrissen werden:
- Welches sind diese Kernaufgaben?
- Welche Qualifikationen werden dafür unbedingt benötigt?
- Welche Qualifikationen sind zumindest wünschenswert?
- Welche Befähigungen können bzw. müssen im eigenen Betrieb erworben werden?
- Was sind zusätzliche Nebenaufgaben?
- Ist Berufserfahrung (in welchem Umfang?) erforderlich oder zumindest gewünscht?
- Welcher vorhandene Mitarbeiter deckt obiges Profil bereits ab und kann ggf. als Stellvertreter fungieren?
Ein Thema für sich ist das Abstecken der Arbeitszeiten. Häufig liest man „... in Voll- oder Teilzeit gesucht“. Das ist sinnvoll, um Kandidaten nicht gleich abzuschrecken. Aus wirtschaftlicher Sicht sollten Sie jedoch über einen Personaleinsatzplan verfügen, aus dem die Planstunden für die verschiedenen Funktionsbereiche hervorgehen. Die Öffnungszeiten und die jeweilige Personalbesetzung in den einzelnen Wochenstunden bilden dafür die Grundlage. So wird schnell klar, wie viele Wochenstunden Sie noch „hinzukaufen“ müssen. Daran schließt sich die Frage der Verfügbarkeit an: Ab wann benötigen Sie jemanden und welcher Personenkreis kommt dann z.B. aufgrund der Kündigungszeiten (ggf. nicht mehr) infrage?
Überdenken Sie zudem die gewünschten persönlichen Eigenschaften. Je näher Sie selbst mit dem künftigen Angestellten zusammenarbeiten, umso mehr werden Sie Ihre eigenen Vorstellungen bei der Auswahl durchsetzen. Ist der „Neue“ jedoch im Tagesgeschäft primär in das Team integriert und hat mit Ihnen gar nicht so viel zu tun, müssen vor allem die Mitarbeiter mit ihm klarkommen. Das Team sollte deshalb ein Mitspracherecht erhalten, Ihre eigenen Bedenken bekommen vielleicht weniger Gewicht. Ein gutes Betriebsklima ist ein zentraler Erfolgsfaktor und darf keinesfalls den „Marotten“ Einzelner (einschließlich Ihrer eigenen!) geopfert werden.
Mehr-Augen-Prinzip
Ein Sonderthema sind Führungspositionen wie die Stellvertretung des Chefs oder die Filialleitung. Hier wird primär der Inhaber die Auswahl in die Hand nehmen. Wer dabei unsicher ist oder über keine gute Menschenkenntnis verfügt, sollte bei der Besetzung solch wichtiger Stellen das Mehr-Augen-Prinzip anwenden. Ob ein vertrauter, filial‑ erfahrener Kollege, ein Verwandter in einer Führungsposition oder ein Personalberater: Die Kosten von personellen Fehlgriffen in solch herausgehobenen Stellungen bewegen sich regelmäßig im hoch fünfstelligen Bereich. Grund genug also, hier Sorgfalt walten zu lassen – und vor allem genügend Zeit einzuplanen.
Schritt 1: Entwickeln Sie ein realistisches Idealbild der künftigen Bewerber. Ideal heißt nicht maximal, und so muss selbst der Idealkandi-dat nicht alles perfekt können und nur Top-Eigenschaften aufweisen. Bedenken Sie dabei immer, in welcher Gehaltsregion die Position angesiedelt ist und was Sie dafür erwarten können. So gelangen Sie zum „Wunschprofil“.
Schritt 2: Legen Sie sich eine abgemagerte Version des Wunschprofils zurecht. Bei welchen Eigenschaften können Sie am ehesten Kompromisse eingehen? Was sind dagegen absolute „Muss-Kriterien“, was sind „K.-o.-Kriterien“?
Effizient suchen
Die klassische Suche führt über die Anzeige in der Fachzeitschrift. Längst etabliert ist das auch von der Fachpresse erschlossene Internet und selbst das Portal der Arbeitsagentur ist für „normale“, nicht allzu herausgehobene Stellenangebote eine ernsthafte Option. Zudem haben die Such‑ listen des Großhandels und der regionalen Verbands- und Vertrauensapotheker nach wie vor ihre Bedeutung. Nicht zu verachten ist zudem stets die lokale Presse.
Je anspruchsvoller die Stelle, umso stärker zählt der überregionale Aspekt und umso mehr erweitern sich die Suchkreise. Zunehmend sind Personalagenturen aktiv. Vieles spielt sich dort aber auf dem Markt der Vertretungen (und nur begrenzt im „Headhunting“) ab. Die angesetzten Stundensätze bei Vertretungen sollten allerdings stets gegengerechnet werden. Nach der Faustformel „Monatsbruttogehalt mal 16 geteilt durch 1.700 Jahresstunden“ für eine Vollstelle können Sie rasch überschlagen, wie günstig solche Dienste für Sie sind.
Schritt 3: Legen Sie den Suchradius und damit die entsprechenden Medien fest. Für hochdotierte qualifizierte Vertrauenspositionen überregional, für die einfacheren Tätigkeiten vor allem lokal.
Anzeigen gestalten
Die optische Anzeigengestaltung hat in letzter Zeit stark zugelegt: bunter, ansprechender, mehr Bilder und Logos. Weniger deutlich sind dagegen die Fortschritte bei der Textgestaltung. Prinzipiell gibt es zwei grobe Richtungen: Die allgemeine Suche umfasst z.B. „pharmazeutisches Personal“ oder „eine(n) Approbierte(n) in Voll- oder Teilzeit“ ohne allzu tiefer gehende Stellenanforderungen. Sie suchen also recht breit. Erwarten Sie aufgrund des engen Personalmarktes in Ihrer Region sowieso nur wenige Bewerbungen, dann ist dies eine sinnvolle Strategie. Mit Allgemeinplätzen wie „suchen wir ... für unseren Offizinbetrieb“ haben Sie das Wesentliche in dieser Situation gesagt.
Dagegen ist die spezielle Suche auf eine ganz bestimmte Funktion zugeschnitten. Wer z.B. eine erfahrene PTA für sein Zytostatika-Labor sucht und keine lange Einarbeitung leisten kann, sollte entsprechend spezifisch formulieren: „... suchen wir für unser Zytostatika-Labor eine/n PTA. Unbedingt erforderlich sind einschlägige Berufserfahrungen und aktuelle Fortbildungen.“ Es hat keinen Sinn, hier um den heißen Brei herumzureden. Sie vertun ansonsten nur viel Zeit mit dem Aussortie‑ ren ungeeigneter Kandidaten. Selbst bei so klarer Formulierung melden sich noch Leute, die „zwar keine Erfahrung haben, aber immer schon gerne im Labor arbeiten wollten“ usw. Formulieren Sie so „hart“, gehen Sie zwar das Risiko ein, nicht genügend Bewerber anzusprechen. Im Zweifelsfall müssen dann der Suchradius sowie die Zahl der verwendeten Medien und „Suchkanäle“ vergrößert werden.
Eine – allerdings nicht unkritische – Alternative besteht in der gezielten Abwerbung von Personal, wobei man mit viel Fingerspitzengefühl unter Achtung der kollegialen Fairness vorgehen muss. Doch schließlich gibt es einen Arbeitsmarkt mit Angebot und Nachfrage, und zum Abwerben gehören immer zwei: Einer, der abwirbt, und jemand, der sich abwerben lässt.
Scheuen Sie sich nicht, Top-Leute auch als solche anzusprechen, wenn Sie selbst zu den Top-Apotheken gehören und erstklassige Leistungen bieten (und dafür ebensolche einfordern). Legen Sie jedoch die Messlatte nicht zu hoch, falls es sich um eine ganz normale Stelle in einer typischen Apotheke bei durchschnittlicher Bezahlung handelt. Setzen Sie hier eher persönliche Schwerpunkte: „Für unsere stammkundenorientierte ländliche Apotheke suchen wir ..., der/die Wert auf ein persönlich geprägtes Umfeld legt und sich bei uns in der XY-Gegend wohlfühlt.“ Oder: „Uns interessieren nicht so sehr Ihre Noten. Uns interessiert viel mehr, wie Sie mit unseren Kunden und mit uns auskommen und welche frischen Ideen Sie in unser Team einbringen können.“ Damit signalisieren Sie eine andere „Ebene“, nämlich die Suche nach Persönlichkeit und nicht nur nach Zeugnissen.
Sind Sie an einem langfristigen Arbeitsverhältnis interessiert, sollten Sie das auch ausdrücken („für eine Dauerstelle“), selbst wenn das natürlich keinerlei Gewähr bietet.
Seien Sie attraktiv!
Doch fordern Sie nicht nur. Wenn Sie Besonderes suchen, sollten Sie auch Außergewöhnliches bieten. Formulierungen wie „leistungsgerechtes Gehalt“ oder „übertariflich“ locken niemanden bzw. sind Selbstverständlichkeiten, die im Grunde die Druckzeile nicht wert sind. Anders dagegen eine solche Formulierung: „Unsere besten Kräfte erzielen Prämien in Höhe von ein bis zwei zusätzlichen Gehältern für ihre außergewöhnlichen Leistungen.“ Oder: „Bei uns kommen Sport und Spaß nicht zu kurz, wie gemeinsame Bergtouren und Wildwasserrafting.“ Kleiner Hintergedanke: Mit einer solchen Formulierung sprechen Sie natürlich aktive, sportliche Menschen an, ohne das direkt zu fordern... Versprechen Sie aber nicht Dinge, die Sie nicht halten können oder die hohe Folgekosten verursachen (Dienstwagen, Altersversorgung etc.). Besprechen Sie das vorher mit Ihrem Steuerberater.
Gestalten Sie die Kontaktaufnahme möglichst niedrigschwellig. Das heißt: Nennung der Apotheke, Telefon, E-Mail, Ansprechpartner, Position frei ab ... Vermeiden Sie Chiffre-Anzeigen, denn viele Bewerber lassen sich darauf nicht ein. Ausnahmen mögen die Nachfolgersuche oder außergewöhnliche Positionen sein. Faktisch schränken aber Chiffre-Suchen ein, eine Alternative können hier Personal- und Führungskräfteagenturen („Headhunter“) sein.
Die Bewerbung per E-Mail ist heute die Methode der Wahl. Die Rücksendung der Unterlagen entfällt – ein Kostenaspekt! Im Gegenzug drucken jedoch viele Arbeitgeber die Anlagen dann wieder für sich aus... Bei der E-Mail-Bewerbung werden bereits die Computerkenntnisse deutlich: Wie sind die Anlagen (Lebenslauf, Zeugnisse, Deckblätter, Fotos usw.) gestaltet? Profis verschicken möglichst PDF-Anhänge. Originale Textdateien (meist in Word) bergen manch aufschlussreiche „Geheimnisse“ – die Sie lüften, indem Sie die Datei-Eigenschaften (Menü Datei 3 Eigenschaften) aufrufen. Man staunt bisweilen, wer da als Lizenzinhaber auftaucht, wann die Dokumente erstellt wur-den und welche Autorennamen erscheinen.
Beachten Sie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Hüten Sie sich vor Aussagen wie: „Junger Apotheker gesucht.“ Vermeiden Sie jeden direkten Bezug zu Alter, Nationalität, Rasse und Herkunft, Religion, Weltanschauung, sexueller Orientierung sowie Behinderungen. Wahren Sie zudem die Geschlechtsneutralität der Ausschreibung: Apotheker(in), PTA (w/m) usw. Unter www.gesetze-im-internet.de lässt sich der Gesetzestext leicht heraussuchen.
Schritt 4: Erstellen Sie ein Groblayout sowie einen passenden Anzeigentext. Bringen Sie Fakten auf den Punkt, verlieren Sie sich nicht in Allgemeinplätzen. Formulieren Sie, je nach eigener Präferenz, kreativ oder betont persönlich und heben Sie sich von der 08/15-Anzeigensprache ab.
Dr. Reinhard Herzog,
Apotheker, 72076 Tübingen,
E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de
Checkliste online
Eine Checkliste „Anforderungsprofil“ finden Sie hier |
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(11):5-5