Prof. Dr. Reinhard Herzog
Zunächst ist zu unterscheiden, um welche Art von Reise es sich handelt: Bucht ein Urlauber direkt oder über einen Vermittler z.B. ein Hotel in Italien und kümmert er sich auch um die Anreise selbst, ist allein der italienische Hotelier der richtige Ansprechpartner für alle Fragen. Mängel einer solchen Individualreise müssen also vor Ort reklamiert werden, mögliche Regressansprüche nach italienischem Recht in Italien geltend gemacht werden. Da dies ein weitgehend aussichtsloses Unterfangen ist, sollte man sich bereits vor der Buchung genau darüber informieren, ob möglicherweise Probleme auftreten können. Hierzu bieten Internetportale wie etwa HolidayCheck.de umfangreiche Urlauberberichte, auch werden direkt oder zumindest „zwischen den Zeilen“ Warnungen ausgesprochen.
Handelt es sich um eine Pauschalreise, gibt es zunächst zwei Ansprechpartner. Das Reisebüro ist für alle Probleme im Zusammenhang mit der Buchung selbst zuständig. Wird also z.B. ein falscher Flug gebucht oder werden die Theaterkarten zu einem falschen Termin ausgestellt, muss sich der Urlauber direkt an das Reisebüro wenden. Wichtig ist es, Unklarheiten bereits frühzeitig zu beseitigen. Erfolgt die Buchung im Reisebüro vor Ort, sollten Sie vor der endgültigen Reservierung die Daten nochmals genau prüfen. Bei telefonischer Buchung ist es sinnvoll, sicherheitshalber den Austausch einer E-Mail mit den Terminen zu vereinbaren – und dies möglichst vor der endgültigen Buchung. Auch bei Online-Buchungen im Internet ist es ratsam, ganz genau darauf zu achten, dass die Termine stimmen. Schnell vertippt man sich z.B. um einen Monat und dann kann allenfalls auf dem Kulanzweg versucht werden, den Vorgang zu regeln. Aber auch wenn Sie die Reiseunterlagen erhalten, sollten Sie sich die Zeit nehmen, alles nochmals genau durchzulesen.
Veranstalter als Ansprechpartner
Bei Reklamationen hinsichtlich der Reiseleistungen ist allein der Veranstalter der richtige Ansprechpartner. Urlauber müssen sich also grundsätzlich nicht an das Hotel wenden, wenn z.B. die Toilette im Zimmer defekt ist. Gleiches gilt für Probleme bei der An- und Abreise oder bei Ausflügen, die direkt beim Veranstalter gebucht wurden. In eigenem Interesse wird bei kleineren Problemen jedoch meist der „schnelle Dienstweg“ – also der Gang an die Rezeption – die bessere Lösung darstellen. Wenn sich allerdings der Hotelier stur stellt, ist der Kontakt zum Reiseveranstalter bzw. seiner Vertretung vor Ort der richtige Weg. Aufgetretene Mängel sind dabei genau zu beschreiben und Abhilfe innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen. Bei gravierenderen Punkten ist es ratsam, sich den Mangel von der Reiseleitung bestätigen zu lassen und ggf. auch Fotos zu machen oder Zeugen hinzuzuziehen. Besteht keine Möglichkeit zur Abhilfe, sollten Sie ein Beschwerdeprotokoll schreiben, das später als Grundlage für Regressforderungen verwendet werden kann.
Regressforderungen
In welcher Höhe Regress genommen werden kann, richtet sich nach der Art des Reisemangels. Einige Internet-Anbieter, etwa der ADAC, haben umfangreiche Tabellen mit Gerichtsentscheidungen als Orientierungshilfe veröffentlicht. Ein fehlender Meerblick z.B. kann den Veranstalter bis zu 10% des Reisepreises „kosten“, eine defekte Toilette 15% und ein verschmutzter Pool bis zu 20%. Höhere Forderungen sind möglich, wenn der Veranstalter eine andere Unterkunft anbietet. Wer etwa statt in einem idyllischen Landhotel in einem großen Hotel ohne Ambiente einquartiert wird, kann 40% des Reisepreises zurückfordern. Selbst wer auf den Malediven auf einer anderen Insel untergebracht wird, kann den Reisepreis um 25% mindern. Alle Minderungen gelten pro Reisetag, an dem der Mangel vorliegt. Ist die Toilette bei einer 10-Tage-Reise für 1.000 € einen Tag defekt, stehen dem Urlauber allenfalls 15 € Preisminderung zu – sodass sich die Frage stellt, ob diese Summe den Rückforderungsaufwand überhaupt rechtfertigt.
Vulkanasche ist Lebensrisiko
Nach Reisebeginn kommt es regelmäßig wegen veränderten bzw. verspäteten Transports zu Problemen. Hier wurden in den vergangenen Jahren konkrete Regelungen geschaffen, die sich insbesondere nach der Art der Reise richten. Grundsätzlich ist der Transporteur für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich. Kommt es zu langen Verspätungen oder gar Annullierungen, muss er dem Urlauber Alternativen bieten und sich ggf. auch um eine Notunterkunft kümmern. Vorgesehen sind auch Entschädigungsleistungen z.B. für Flugverspätungen.
Im Fall höherer Gewalt, z.B. bei einem Flugverbot wegen Aschewolken, können jedoch meist beide Vertragspartner den Reisevertrag mit sofortiger Wirkung kündigen. Dies bedeutet aber: Der Reiseveranstalter muss die Kosten eines unfreiwillig verlängerten Aufenthalts nicht übernehmen, vielmehr sind diese dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen. Zudem geht es vielfach um die Verhältnismäßigkeit: Verkürzt sich ein einwöchiger Urlaub wegen Flugproblemen um mehrere Tage, kann der Urlauber den Vertrag kündigen. Wer jedoch auf den Kanaren „überwintern“ möchte, hat auch eine um mehrere Tage verzögerte Anreise in Kauf zu nehmen. Urlauber müssen aber kein Gesetzbuch im Koffer haben: Gerade bei höherer Gewalt sind die meisten Veranstalter bemüht, Kulanz walten zu lassen. Denn schließlich würden negative Schlagzeilen über gestrandete Urlauber weitaus mehr kosten als einige kulanterweise übernommene Hotelübernachtungen.
In jedem Fall muss allerdings geprüft werden, ob es sich überhaupt um einen Reisemangel handelt. Dabei gilt: Was im Katalog versprochen wurde, ist auch verbindlich. Wird also bei einer Sportreise darauf hingewiesen, dass der Urlauber z.B. einen Tennis- und einen Golfplatz nutzen kann, muss dies auch möglich sein. Falls jedoch bereits im Katalog mögliche Probleme wie etwa Baulärm genannt werden, kann der Urlauber deswegen nicht mehr reklamieren. Allerdings verstehen es manche Veranstalter trefflich, bereits mit der „Katalogsprache“ jeder Haftung aus dem Weg zu gehen. Die „Geheimsprache der Reisekataloge“ (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 6 vom 15. März 2010, Seite 14 bis 16) ist regelmäßig ein Problem, an dem Reklamationen scheitern.
Sind Mängel so gravierend, dass die Reise erheblich beeinträchtigt wird, kann der Urlauber den Reisevertrag auch unterwegs kündigen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Mängel einen Regressanspruch von mehr als 50% zur Folge haben und keine Abhilfe in angemessener Zeit geschaffen wird. Der Reiseveranstalter muss sich dann meist um die Rückreise des Urlaubers kümmern oder die Kosten einer selbst gebuchten Rückreise übernehmen.
Fristen beachten
Die bestehenden Schadensersatzansprüche sowie Preisminderungen müssen grundsätzlich innerhalb eines Monats nach der vertraglich vereinbarten Reisebeendigung beim Reiseveranstalter geltend gemacht werden. Ausgenommen davon sind Ansprüche auf Schadensersatz bzw. auch Schmerzensgeld für Erkrankungen, die dem Veranstalter anzulasten sind. Hierfür gilt je nach Veranstalter eine ein- oder zweijährige Verjährungsfrist. In jedem Fall sollten die Mängel bei Beschwerden exakt einzeln genannt werden und eine entsprechende Rückforderung erfolgen – ein allgemeines Nörgeln z.B. über schlechtes Essen genügt nicht.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(13):12-12