Geldanlage

Strategien bei steigendem Zins


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Gerade einmal 1,25% bringen derzeit Bundesanleihen mit drei Jahren Laufzeit, zehnjährige Bonds werfen nur 2,5% ab. Doch die Niedrigzinsphase könnte bald zu Ende sein: Sollte die Inflationsrate – wie von vielen Experten erwartet – steigen, klettern auch die Zinsen.

Gerade bei Rentenwerten lohnt jetzt eine sorgfältige Planung. Denn schließlich ist das Wechselspiel zwischen Kapitalmarktzinsen und Kursen unausweichlich: Steigen die Zinsen, dann fallen die Notierun­gen der ausgegebenen Papiere, gehen die Zinsen zurück, dann klettern auch die Preise. Die Schwankungen fallen dabei umso größer aus, je länger die Papiere noch laufen.

Erste Wahl sind derzeit weiterhin Papiere mit überschaubaren Laufzeiten. Investoren, die z.B. eine vierjährige Anleihe mit einer aktuellen Rendite von 2,4% erwerben, müssen kaum ein Kursrisiko fürchten. Denn selbst wenn die durchschnittliche Umlaufrendite in den kommenden beiden Jahren z.B. auf 4,0% steigen sollte, dürfte die Marktrendite für zweijährige Papiere – die für den gewählten Titel dann maß­geblich ist – kaum wesentlich über den genannten 2,4% liegen. Und zum Ende der Laufzeit wird die Anleihe zum vol­len Nennwert von 100% getilgt, sodass Daueranleger oh­nehin kein Kursrisiko tragen.

„Teures“ Zwischenparken

Zurückhaltung ist hingegen beim von zahlreichen Banken und Sparkassen propagierten „Zwi­schenparken“ freier Gel­der auf Tages- und Festgeldkonten sowie in Geldmarktfonds geboten: Im kurzfristigen Geldmarktbereich werden heute kaum über 1,5% bezahlt – mithin deutlich weniger als am Rentenmarkt. Vergleiche zeigen, dass eine solche „Park-Anlage“ selbst mit kursreagibleren Papieren mit längeren Restlaufzeiten nicht mithalten kann: Da Geldmarktanlagen extrem wenig abwerfen, lässt sich mit vierjährigen Papieren Jahr für Jahr ein Renditevorsprung erreichen, der das bestehende Kursri­siko meist problemlos ausgleicht. Sollte das Zinsniveau auf heutigem Niveau verharren oder sogar sinken, ist das vierjährige Papier ohnehin ganz klar im Vorteil.

Andererseits sollte der „Laufzeitenspielraum“ auch nicht überreizt werden: Zwar bringen Papiere mit zehn oder mehr Jahren Restlaufzeit derzeit die höchsten Renditen, allerdings drohen hier im Falle des vorzeitigen Verkaufs auch die größten Risiken.

Wird das Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder benötigt, sollte die Fälligkeit nahe dem Datum der voraussichtlichen Verfügung liegen. Bei ungewissem Termin können variabel verzinste Anleihen interessant sein, deren Zinssatz sich z.B. nach dem Euribor richtet – dem Zinssatz, der zwischen Großbanken für kurzfristige Anlagen gezahlt wird. Da dieser in regelmäßi­gem Turnus, meist halbjährlich, an die aktuelle Markt­entwicklung angepasst wird, beschränkt sich das Kursrisiko allenfalls auf kurzzeitige Schwankungen.

Bonität beachten

In jedem Fall sollten Sie auf die Bonität des Emittenten achten. Beispiele wie etwa die Swiss­air oder auch Ar­gentinien haben gezeigt, dass selbst bekannte Namen kein Garant für eine verbindliche Rückzahlung des Kapitals darstellen. Daher gilt:

  • Vorsichtige Investoren wählen in erster Linie konservative deutsche Bank- und Unternehmensanleihen,
  • chancenorientierte Anleger setzen auf internationa-le Unternehmensanleihen erstklassiger Emittenten und
  • risikofreudigere Sparer erwerben zur Depotbeimischung und Renditeoptimierung auch den einen oder anderen ausländischen Titel aus der zweiten Bonitätskategorie, mit dem sich eine deutliche Mehrrendite erzielen lässt.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(14):15-15