Zahlungsverkehr

Der Trick mit der Cent-Überweisung


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die Zahl betrügerischer Finanztransaktionen ist in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. Doch den Schaden haben selten die Bankkunden: Wer verdächtige Trans­aktionen umgehend meldet, bekommt sein Geld meist sofort zurückerstattet.

Rund sieben Milliarden Lastschriften werden von deutschen Kreditinstituten Jahr für Jahr abgewickelt – Tendenz steigend. Eine genau Prüfung gibt es dabei nicht mehr: Wer eine Lastschrift bei einer Bank einreicht, muss im entsprechenden Rahmenvertrag lediglich einmalig „versichern“, mit diesem Verfahren keinen Missbrauch zu treiben. Er darf also – grundsätzlich – nur Lastschriften einreichen, bei denen eine entsprechende Einzugsermächtigung vorliegt, ggf. auch mündlich. Lediglich in Fällen, in denen sich Beschwerden häufen, sind gezielte Nach­fragen möglich und auch üblich. Doch auch die Bank des Zahlungspflichtigen interessiert sich kaum für die Rechtmäßigkeit einer Lastschrift: Alle eingehenden Aufträge werden verbucht, ohne die Übereinstimmung von Name und Kontonummer zu prüfen.

Keineswegs selten sind daher Fehlbuchungen. Zwar sind deutsche Kontonummern durch ein mehr oder minder kompliziertes Prüfziffernverfahren geschützt, d.h., nicht jede Ganzzahl kann auch eine Kontonummer sein. Doch oft genügt bereits ein Zahlen­dreher an der „richtigen“ Stelle, um das Prüfziffernverfah-ren auszuhebeln. Noch problematischer ist die Situation bei Banken, die das gleiche Prüfziffernsystem wie Mitbewerber anwenden: Hier genügt ein Zahlendreher bei der Bankleitzahl, um die Lastschrift einem fremden Konto bei einer anderen Bank zu belasten.

Nummern werden gesucht

Aber auch Betrüger haben den Lastschriftverkehr längst als rentable Einnahmequelle entdeckt. Zunächst wird versucht, an „gültige“ Konto­nummern zu gelangen. Dies geschieht entweder über das Internet oder über Phishing-Mails, zunehmend aber auch durch die Überweisung kleinster Cent-Beträge auf Kontonummern, die es gemäß Prüfzif­fernsystematik der jeweiligen Bankengruppe grundsätzlich geben kann. Kommt die Zahlung zurück, gilt die Nummer als „nicht genutzt“. Bleibt das Geld jedoch aus, kann von einem Beste- hen des Kontos ausgegangen werden. Meist folgt dann nach wenigen Wochen die erste Lastschrift über 30 € bis 60 €, wobei auf dem Kontoauszug oftmals nur Buchstabenkürzel als Auftraggeber angegeben werden. Viele Bankkunden – und damit rechnen die Betrüger – bemerken den Vorgang nicht oder erheben wegen des geringen Betrags keinen Widerspruch.

Wichtig ist es daher, die Kontoauszüge regelmäßig zu überprüfen und entsprechenden Zahlungen auf jeden Fall nachzugehen. Meist genügt ein Anruf bei der Hausbank, um die Buchung stornieren zu lassen. Ohne nähere Begründung ist dies gemäß den seit November 2009 geltenden AGBs der Banken innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses möglich (bei den künftigen SEPA-Lastschriften: acht Wochen nach Kontobelastung). Der Betrag wird dann zurückgebucht und muss – sofern der Lastschrifteinreicher nicht mehr in die Haftung genommen werden kann – von der „Einreicherbank“ getragen werden.

Was viele nicht wissen: Handelt es sich um betrügerische Transaktionen, kann der Zahlung sogar noch innerhalb von 13 Monaten widersprochen werden, selbst wenn manche Banken und Sparkassen diese Frist angeblich nicht kennen. Gerade bei offensicht­lichem Betrug sollten Sie auch vor einer Anzeige bei der Polizei nicht zurückschrecken, denn nur so kann den Betrügerbanden frühzeitig das Handwerk gelegt werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(17):16-16