Ute Jürgens
Oftmals steht bei geplanten Vorhaben eine gewisse Trägheit im Weg – sie wird manchmal auch Zeitmangel, Vergessen oder Zweifel am Nutzen genannt. Dazu gibt es noch den Zweifel an sich selbst, ob man diese Arbeit leisten kann und wie es im Detail ablaufen soll.
Der indische Managementberater Ram Charan sieht den Kern moderner Unternehmenskulturen und erfolgreicher, handlungsfähiger Unternehmen in der Fähigkeit zur Umsetzung neuer Ideen. Er beginnt ganz einfach damit, neue Anregungen täglich schriftlich zusammenzufassen.
Eindrücke Revue passieren lassen
Anstatt sich direkt nach Ende des Seminars wieder dem alltäglichen Geschäft zuzuwenden und sich etwa nach einem Kontrollanruf in der Apotheke gedanklich mit den dort geschilderten Problemen zu befassen, sollte man sich vielmehr eine halbe Stunde an einen ruhigen Ort setzen. Dort extrahiert, fantasiert oder plant man konkret – am besten auch mithilfe schriftlicher Notizen –, wie und was man im eigenen Betrieb einführen will oder welche fachlichen Inhalte aus der Fülle an „Stoff“ man tatsächlich für das HV-Gespräch übernehmen möchte. Bei umfangreicheren Vorhaben überlegt man, welche Bereiche man welchem Mitarbeiter zuordnet.
Optimal: Nach ein paar anstrengenden Tagen an einem weiter entfernt gelegenen (Seminar-)Ort voller „Input“ nehmen Sie sich einen ganzen Tag „frei“, begeben sich in ein bereits gebuchtes Hotel auf halber Wegstrecke nach Hause und lassen dort die Eindrücke Revue passieren. Ohne dieses Resümee kann man sich später nicht mehr genau erinnern, die eigenen Notizen erscheinen unvollständig, etwas wirr und regen nicht mehr dazu an, sie umzusetzen, da man bereits „innerlich den Kontakt dazu abgebrochen“ hat.
An dem freien Tag hingegen beschäftigen Sie sich intensiv mit den Ideen, die Sie umsetzen möchten, planen die einzelnen Schritte, bemerken Lücken, die Sie nach Kontaktaufnahme mit dem Seminarleiter schließen können, und sind insgesamt mit der Umsetzung zumindest gedanklich so weit fortgeschritten, dass gute Chancen bestehen, das Geplante erfolgreich anzugehen.
Stellen Sie sich das Ganze nun noch im Ablauf und mit „Zielbild“ vor und festigen Sie diese Bilder in Ihrem Gedächtnis, indem Sie zusätzlich eine Skizze zeichnen. Wie immer bei Zielen kommt noch die zeitliche Planung dazu. Wann soll welcher Schritt umgesetzt werden?
Doch zunächst zurück zu den „kleineren Vorhaben“: Sie wollen „nur“ die fachlichen Erkenntnisse aus einigen Vorträgen umsetzen. Stellen Sie sich vor, welchem Stammkunden Sie das Ganze erläutern und wie dieser darauf (positiv) reagiert. Tragen Sie sich außerdem ein paar Termine ein, zu denen Sie den „Stoff“ wiederholen wollen.
Beispiele für „größere Vorhaben“: Sie wollen nebenan ein Sanitätsgeschäft einrichten, in der Apotheke grundsätzlich zwei Aktionen monatlich starten oder Seminare anbieten.
Konkrete Umsetzung planen
Charan sieht bei vielen Unternehmen ein Defizit bei der Fähigkeit zur konkreten Umsetzung von Ideen. Er moniert: Strategische Planung vollzieht sich in der Praxis häufig ohne die Betrachtung der Umsetzungsfähigkeit. Mangelnde Tatkraft und eingeschränkte Handlungsfähigkeit lassen Unternehmen scheitern. Es geht ihm darum, Strategien mit der Realität zu verknüpfen und so die Lücke zwischen theoretischem Anspruch und operativer Umsetzung zu schließen. Besonders hebt Charan die Bedeutung und die Notwendigkeit hervor, Menschen auf Ziele einzuschwören und die versprochenen Resultate auch zu erreichen.
Wie kommuniziere ich meine Idee?
Stellt man eine umfangreiche Neuerung in der Teamsitzung vor? Im Einzelgespräch mit den Mitarbeitern? Direkt oder „hintenherum“ bekommen Sie eventuell Kommentare zu hören wie „Das geht bei uns nicht“, „Schon wieder etwas Neues“ oder „Da mache ich nicht mit“.
In dieser Situation fahren Sie am besten mit der Dreierstrategie: Bestätigung, Vertiefung, Aktivierung. Anstatt dass Sie sich jetzt selbst in Ihrem Standpunkt verankern und gegen diese von Ihnen so verstandenen „Sabotageakte“ angehen, lassen Sie die Mitarbeiter aussprechen ohne zu unterbrechen. Geben Sie ihnen Raum zur Selbstdarstellung, bestätigen Sie mit „Gut, dass Sie Ihre Bedenken gleich am Anfang äußern“ und vertiefen Sie durch Nachfragen. So gelingt es, gleichzeitig die erwünschte Zuwendung zu spenden und die Hindernisse zu eruieren. In der Aktivierungsphase motiviert man mit: „Was können wir besser machen?“ oder führt mit „Wie können wir dieses Mal zum Erfolg kommen?“ auf die konstruktive Schiene. Was brauchen die Mitarbeiter, um Ihre Idee zu unterstützen? Ist ihnen der Nutzen klar, den sie selbst von der Sache haben?
Wie wichtig ist Ihnen die Umsetzung? Wollten Sie durch die Teilnahme an der Veranstaltung nur auf andere Gedanken kommen? Dann lohnt der ganze Aufwand nicht! Seien Sie ehrlich zu sich selbst und machen Sie lieber ein paar Tage „frei“, anstatt sich oberflächlich und innerlich abgeschirmt einem Kongress oder Ihrer Erfa-Gruppe zu widmen.
Teilziele definieren
Sie hängen an der Hürde „keine Zeit“ fest? Starren Sie nicht verängstigt und entmutigt auf das große Ziel und die Arbeit, die der Weg dorthin bedeutet, sondern brechen Sie das Ganze auf kleinere Teilziele herunter. Wie sieht der erste Schritt aus? Er sollte so kurz sein, dass Sie ihn noch diesen Monat umsetzen können. Auch kleine Erfolge sind Erfolge, Sie sind weitergekommen! Unwichtige Aspekte des Großprojekts stellen Sie erst einmal hintenan.
Welche Ihrer bisherigen Arbeiten ist vielleicht mittlerweile gar nicht mehr so wichtig und fruchtbar wie früher und kann wegfallen? Beobachten Sie, welchen Tätigkeiten Sie wie viel Zeit widmen. Delegieren Sie einiges, nehmen Sie sich die Zeit, demjenigen, der die Arbeit übernimmt, die Aufgabe so zu erklären, dass es von Anfang an klappt.
Feedback einholen
Verabreden Sie ein „Transfer-Coaching“. Entweder setzen Sie von vornherein einen Termin für ein Treffen mit Kollegen aus der Gruppe fest, in der Sie die Ideen bekommen haben, oder Sie gehen zur Beratung zu jemandem, dem Sie das Geplante erläutert haben und der sie in Coaching-Sitzungen unterstützt. Bei beiden Möglichkeiten schildern Sie die bereits erzielten Erfolge und besprechen eventuell aufgetretene Hindernisse. Da Sie genau wissen, wann der nächste Termin ist und Sie zwischenzeitlich weiterkommen wollen, sind Sie motiviert, aktiv zu werden.
Ihnen fehlt der Mut? Was geschieht, wenn Sie weiterhin passiv bleiben? Geht es Ihnen damit besser? Machen Sie sich klar, was schlimmstenfalls passieren kann und wie wahrscheinlich das ist bzw. ob es bereits den Ruin bedeutet. Ist dies nicht der Fall, dann können Sie ja jetzt anfangen!
Finden Sie Freude an Ihrem Tun! Wenn Sie das Projekt begeistert und Sie sich damit identifizieren können, brauchen Sie weniger Energie als bei einer reinen Kopfentscheidung aus Vernunft. Am besten gehen Sie bei der Entscheidung für eine Idee auch nach dem Gefühl, welches Projekt am meisten Freude und Tatendrang bei Ihnen auslöst.
Ute Jürgens, Kommunikationstrainerin
und Einzelcoach,
KomMed, 28865 Lilienthal,
E-Mail: KomMed@freenet.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(21):8-8