Apothekenkooperationen

Drei Fragen an Martin Lingen


Dr. Christine Ahlheim

Martin Lingen ist Vorstand der LINDA AG, die eine Apothekenkooperation mit etwa 1.300 Mitgliedern betreibt.

?Wie profilieren sich Ko­operationen gegenüber den Apothekerverbänden?

Die traditionelle Versorgung der Bevölkerung mit Arz­neimitteln hat sich seit 2004 fundamental verändert. Ohne Zweifel schreitet dieser Ver­änderungsprozess weiter voran. Alle Marktbeteiligten und damit auch Kooperationen müssen sich rechtzeitig und umfassend mit ihrer zu­künftigen Ausrichtung befassen.

Gegenüber den Verbänden ist den Kooperationen ein strategischer Vorteil zu attestieren: Ihr Handeln beruht nicht auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Apothekerschaft, sondern wird von einer homogeneren Interessenlage bestimmt.

Professionell organisiert kann eine Kooperation schneller und flexibler, verbunden mit einem höheren Durchsetzungsgrad, agieren. Die LINDA AG steht täglich in der Herausforderung, sämtliche Erwartungen ihrer Partner zu erfüllen, und entwickelt sich somit kontinuierlich für die Innen- und Außenwelt sicht- und erlebbar weiter. Dieses Funktionsprinzip schärft automatisch die Konturen gegen­über den restlichen Marktteilnehmern – so auch gegenüber den Verbänden.

Im Übrigen wurden die wettbewerbs- und kartellrechtlichen Freiheitsgrade der Landesapothekerverbände durch den Gesetzgeber deutlich verändert. Eine konstruk­tive Diskussion über das zukünftige Verhältnis der Standespolitik zu Kooperationen bleibt somit der Bundesebene vorbehalten – vorausgesetzt, die Leuchtturmfunktion des LINDA Konzepts wird erkannt, respektiert und die LINDA AG in politische Handlungen mitgestaltend ein­gebunden. Andernfalls führt der irreversib­le Marktumbruch zu einer weiter voranschreitenden Lagerbildung. Versandapotheken, kran­ken­hausversorgende Apotheken und weitere Spezialversorger vertreten ihre Interessen bereits wahrnehmbar selbst.

?Inwieweit können Ko­operationen ihre Mitglie­der bei der Bewältigung der Auswirkungen des AMNOG unterstützen?

Das AMNOG geht mit einer Verschlechterung der Betriebsergebnisse von Apotheken einher. Die ordnungspolitischen Spielregeln sind komplexer geworden und die Wettbewerbsintensität hat zugenommen. Einzelkämpfer werden von diesem Spannungsfeld – ebenso wie die dogmatischen Verfechter der Strategie des kleinsten gemeinsamen Nenners – überfordert. Ihnen steht mitunter weder die Zeit noch das In­strumentarium zur Verfügung, um nachhaltig eine wirtschaftlich effiziente Betriebsführung sicherzustellen und zugleich die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, die zu einer Ausweitung des lokalen Marktanteils führen – sei es im Vertrags- oder im Selbstzahlermarkt.

Die LINDA AG bietet bereits heute weitreichende Möglichkeiten zur Sachkostenoptimierung an und befasst sich mit Maßnahmen, die für die systemische Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung unter den ab 2012 geltenden Bedingungen eine optimierende betriebswirtschaftliche Wirkung entfalten werden. LINDA Apotheken können kontinuierlich und kosteneffektiv auf Marketinginstrumente sowie Versorgungskonzepte zurückgreifen und sich für den Versorgungsalltag individuell beraten lassen. So produziert das verbindliche Zusammenwirken einzelner Apotheken mit der Systemzentrale Effekte, die nachhaltig bei der Bewältigung zukünftiger Herausforderungen helfen werden.

?Wie beurteilen Sie die mittlerweile bekannt gewordenen Pläne für die neue Apothekenbetriebsordnung?

Die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung ist von äußerst hohem Stellenwert. Bislang liegt nicht mehr als ein inhaltlicher Kompass des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vor. Eine diesbezüglich seriöse Aussage bedarf der Übersetzung in einen konkreten Vorschlag. Die Eckpunkte drücken den Willen des BMG aus, brisante Themen mit weitreichenden Konsequenzen anzugehen. Alle Marktbeteiligten sollten darauf hinwirken, dass eine weiterentwickelte Apothekenbetriebsordnung die Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken in der Fläche nachhaltig fördert. Die LINDA AG wird überdies dafür ein­treten, unnötige bauliche, bürokratische und somit finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Darüber hinaus dürfen die Apotheken nicht von den Wachstumspotenzialen des Ge­sundheitsmarktes abgeschnitten werden. Denn eine dogmatische politische und standespolitische Grundhaltung zum Heilberuf des Apothekers – im Bilde gesprochen: „Kaufmann können andere besser“ – ist kontraproduktiv. Eine hochwertige, beratungsintensive Arzneimittelversorgung kann dauerhaft nur durch die Möglichkeit zur Erschließung neuer (apothekenaffiner) Betätigungs- und Einnahmefelder gewährleistet werden. Kooperationen stärken die kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Situation ihrer Mitglieder. Nur so können die Mitglieder ihre Betriebe auf einem hohen qualitativen Niveau – und insofern heilberuflich orientiert – führen und langfristig betreiben.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(10):3-3