Ursula Hasan-Boehme
Im Jahr 2010 hat sich die Anzahl der Filialapotheken per Saldo um 254 erhöht. Das läuft der Entwicklung bei den Einzel- und Hauptapotheken völlig zuwider: Diese haben um 361 abgenommen, womit sich die Anzahl der Betriebsstätten insgesamt um 107 verringert hat. Es gibt also nach wie vor einen Trend zur Filialisierung.
Anzahl und Struktur der Filialapotheken
Die meisten Filialen entstehen durch Übernahme einer bisherigen Einzelapotheke, das trifft auf fast zwei Drittel aller neu am Markt etablierten Filialbetriebe zu. Beim übrigen Drittel handelt es sich um Neugründungen, vorrangig in Centerlagen.
Den Neugründungen von 125 Filialbetrieben stehen 109 Schließungen gegenüber – siehe hierzu die unten stehende Tabelle. Die Schließungen erfolgen fast immer wegen zu geringer Rentabilität. Die absolute Zahl der Schließungen ist bei den Einzel- und Hauptapotheken mit 261 gegenüber 109 bei den Filialapotheken deutlich höher. Setzt man jedoch die jeweilige Anzahl der Schließungen in Beziehung zum jeweiligen Bestand an Apotheken, so ergibt sich, dass die Schließungsquote bei den Filialbetrieben mit 3,4% rund 2,4-mal so hoch ist wie bei den Einzelapotheken mit 1,4%.
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Umsätze der Filialapotheken
Damit Filialbetriebe wirtschaftlich Bestand haben, ist eine erste Voraussetzung das Erreichen eines tragfähigen Umsatzvolumens. Der durchschnittliche Umsatz der Filialen liegt 2010 in den alten sowie auch in den neuen Bundesländern zwischen 1,4 Mio. € und 1,5 Mio. € ohne Umsatzsteuer.
Das Durchschnittsniveau liegt dabei deutlich unter dem Durchschnittsumsatz der Einzel- und Hauptapotheken, hat sich aber stärker nach oben entwickelt als bei den übrigen Betrieben. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es sich bei den Schließungen fast immer um umsatzschwache Filialen handelt. Demgegenüber sind die hinzukommenden Filialen insbesondere bei Übernahme bestehender Betriebe durchweg umsatzstärker.
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Ertragslage der Filialapotheken im Überblick
Die Filialapotheken haben eine deutlich schwächere Ertragslage als die übrigen Apotheken. Der wesentliche Grund für die Abweichungen in der Rendite liegt in der höheren Belastung mit filialtypischen Kosten. Eine Rolle spielt weiter dabei, dass Filialapotheken im Durchschnitt eine geringere Umsatzhöhe haben als die übrigen Betriebe im Durchschnitt und dass bei kleineren Betrieben bestimmte Kosten stärker zu Buche schlagen.
Um die Umsatzunterschiede zu eliminieren, werden in der Tabelle den durchschnittlich großen Filialapotheken der alten und neuen Bundesländer für das Jahr 2010 gleich große Einzelapotheken gegenübergestellt.
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Rohgewinne in Filialapotheken
Auffällig ist, dass die prozentualen Rohgewinne in den alten Bundesländern bei Filialbetrieben deutlich besser sind als bei den Vergleichsapotheken. Dafür dürften mehrere Gründe maßgebend sein, ohne dass sich dies eindeutig klären lässt:
- Zum einen haben die westlichen Filialen einen etwas größeren Anteil des Handverkaufs am Gesamtumsatz und damit spielt der Umsatzbereich mit höheren Spannen eine größere Rolle.
- Zum anderen werden die Warenströme zwischen den Hauptapotheken und der jeweiligen Filiale nicht immer vom Inhaber sauber auseinandergehalten. Ware, die für die Filiale bestimmt ist, aber von der Hauptapotheke eingekauft wird, verbleibt mangels richtiger Zuordnung bei der Hauptapotheke. Der Rohgewinn der Filiale wird dann zu gut ausgewiesen.
Kostenstruktur und -entwicklung
Die höhere Kostenbelastung der Filialapotheken gegenüber den Vergleichsapotheken resultiert in erster Linie aus den höheren Personalkosten, da hier das Gehalt und die Personalzusatzkosten für den angestellten Filialleiter zu Buche schlagen.
In den alten Bundesländern betragen die Personalkosten der durchschnittlichen Filialapotheke 13,8% vom Umsatz gegenüber 10,5% bei der vergleichbaren Einzelapotheke, das ist eine Differenz von 3,3%-Punkten. In den neuen Bundesländern weisen die Filialapotheken eine Personalkostenbelastung von 11,6% vom Umsatz auf gegenüber 9,3% in den Vergleichsbetrieben, d.h., die Differenz ist mit nur 2,3%-Punkten geringer.
Bezieht man diese Differenzen auf das Umsatzniveau 2010, so ergibt sich ein Kostenunterschied von rund 50.000 € im Westen und rund 35.000 € im Osten. Diese Beträge können insbesondere im Osten die Mehrkosten für einen vollbeschäftigten Filialleiter nicht abdecken. Es muss also an anderer Stelle ein personeller Ausgleich stattfinden.
Die Anzahl der Mitarbeiter in den verschiedenen Betrieben unterstützt diese These. Umgerechnet auf Vollzeitkräfte sind in durchschnittlich großen Filialapotheken im Westen 0,9 mehr pharmazeutische Mitarbeiter beschäftigt als in den Vergleichsbetrieben, im Osten liegt diese Differenz bei 0,7. Die Zahl der übrigen Mitarbeiter beträgt in der durchschnittlichen Filiale West 1,6 gegenüber 1,7 im Vergleichsbetrieb und im Osten 1,2 gegenüber 1,3.
Die Gesamtzahl der Mitarbeiter ist demnach in Filialen um 0,8 (West) bzw. 0,6 (Ost) höher als in den Vergleichsapotheken. Rechnet man in den inhabergeführten Apotheken den Inhaber hinzu, so liegt allerdings die Zahl aller Beschäftigten in diesen Betrieben um 0,2 (West) bzw. 0,4 (Ost) höher als in den Filialen. Ein personeller Ausgleich findet häufig auch zwischen Hauptapotheke und Filiale statt, diese Transfers werden aber oft nicht sauber zugeordnet.
Absolute Personalkosten deutlich erhöht
Gegenüber dem Vorjahr hat sich der absolute Betrag der Personalkosten deutlich erhöht. Gleichwohl ist die Personalkostenbelastung in Prozenten vom Umsatz in Filialapotheken gesunken, da sich der durchschnittliche Umsatz deutlich stärker nach oben entwickelt hat.
Bei den übrigen Kosten haben die Filialapotheken im Westen eine höhere Kostenbelastung als die vergleichbaren Einzelapotheken, während dies in den neuen Bundesländern genau umgekehrt ist.
In den alten Bundesländern liegen insbesondere die Mietkosten, die Abschreibungen und die Zinskosten über denen der Vergleichsbetriebe. Andere Kosten unterscheiden sich nicht wesentlich. In den neuen Bundesländern sind lediglich die Abschreibungen höher als bei den Vergleichsbetrieben, die anderen Positionen fallen niedriger aus.
Die höheren Abschreibungskosten und Zinskosten lassen sich im Wesentlichen dadurch erklären, dass bei Filialapotheken durch die Investitions- und Aufbauphase im größeren Ausmaß neues Investitionsvolumen dazugekommen ist.
Gewinne der Filialapotheken
Die höheren Kostenbelastungen ziehen niedrigere Gewinne nach sich. Im Westen erzielen die Filialapotheken im Durchschnitt ein steuerliches Betriebsergebnis von 3,9% vom Umsatz, während dies in den Vergleichsbetrieben immerhin 7,1% sind. Im Osten erreichen die Filialen im Durchschnitt ein steuerliches Betriebsergebnis von 5,3% vom Umsatz gegenüber den Vergleichsbetrieben mit 7,4%.
Respektable Gewinnbeiträge für die Hauptapotheke
In absoluten Größen beträgt das steuerliche Betriebsergebnis der Westfilialen 2010 im Durchschnitt rund 56.000 € und im Osten rund 76.000 €. Diese durchaus respektablen Gewinnbeiträge fließen der jeweiligen Hauptapotheke zusätzlich zu ihrem selbst erwirtschafteten Ergebnis zu. Ein solcher Gewinnsprung ist bei der inhabergeführten Stammapotheke kaum zu erreichen.
Während aus dem Gewinn einer Hauptapotheke auch der persönliche Arbeitseinsatz des Inhabers konkretisiert durch einen kalkulatorischen Unternehmerlohn erwirtschaftet werden muss, ist dies bei Filialbetrieben nicht mehr in gleicher Weise der Fall. Allerdings ist unbestreitbar, dass die Existenz einer Filiale auch beim Inhaber einen höheren Arbeitseinsatz auslöst. Dieser höhere Arbeitsaufwand sollte nicht unterschätzt werden.
Insoweit kann es gerechtfertigt sein, im Rahmen einer über steuerliche Aspekte hinausgehenden Betrachtung auch bei Filialbetrieben einen anteiligen Unternehmerlohn für die größere Leitungsspanne und die Mehrarbeit des Inhabers kalkulatorisch anzusetzen.
Filialen zunehmend rentabel
Die Gewinnsituationen in den Filialen sind sehr unterschiedlich. Der Anteil der Filialen, die mit Gewinn arbeiten, ist heute deutlich höher als noch in den Anfangsjahren. In den alten Bundesländern wird in rund 80% der Filialen ein Gewinn erzielt und in den neuen Bundesländern sogar in rund 90%.
Umgekehrt betrachtet ist die Quote der Filialbetriebe mit Verlusten gesunken. Dies ist auch eine Folge des Strukturwandels; so werden unrentable Filialapotheken wieder aufgegeben und bei neuen Engagements wird nach rentableren Möglichkeiten gesucht.
Damit Filialbesitz für den Einzelnen zum Erfolgsmodell wird, ist eine Reihe von Voraussetzungen zu beachten. Insbesondere muss sich der Inhaber kritisch fragen, ob er den persönlichen Mehreinsatz realistisch einschätzt und bereit und in der Lage ist, diesen auch auf Dauer zu leisten. Wichtig ist das Entwickeln einer klaren Strategie, wie der Filialverbund und die einzelnen Betriebe positioniert und ausgerichtet werden sollen.
Neben den Ansprüchen an die eigene gute Führungs- und Delegationsfähigkeit des Inhabers gilt es, einen fachlich versierten, unternehmerisch denkenden Filialleiter mit Sozialkompetenz zu finden. Die wechselseitigen Erwartungen sind klar zu thematisieren und der Kompetenzrahmen muss sauber abgesteckt werden.
Hinweise zur praktischen Umsetzung finden sich in der Treuhand-Plus-Broschüre „Filialbesitz – Erfolgsfaktoren aus der Praxis“ und in der ergänzenden „Checkliste für Filialisierung“.
Dipl.-Volkswirtin Ursula
Hasan-Boehme, Steuerberaterin,
TREUHAND HANNOVER GmbH,
Steuerberatungsgesellschaft,
30519 Hannover,
E-Mail: ursula.hasan-boehme@treuhand-hannover.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(10):5-5