Wirtschaftliche Zukunft der Apotheken

Drei Fragen an Karl-Heinz Resch


Claudia Mittmeyer

Karl-Heinz Resch ist Geschäftsführer Wirtschaft, Soziales und Verträge der ABDA – Bundesver­einigung Deutscher Apothekerverbände.

? Wie sollte – auch vor dem Hintergrund des Urteils zum Apothekenabschlag – aus Ihrer Sicht die Honorierung der Apotheker zukünftig erfolgen?

Der Apothekenabschlag für das Jahr 2009 wurde durch die Schiedsstelle auf 1,75 € festgelegt. Er ist noch nicht rechtssicher, weil die GKV dagegen klagt. Wir sind aber zuversichtlich, dass das Landes­sozialgericht Berlin das Ergebnis der Schiedsstelle bestätigen wird. Für 2010 muss wohl auch wieder die Schiedsstelle entscheiden.

Mit dem AMNOG hat Schwarz-Gelb nun den Abschlag willkürlich für zwei Jahre auf 2,05 € pro Packung heraufgesetzt. Zugleich wurde für den pharmazeutischen Großhandel ein ebenso gro­ßer Sparbeitrag vorgesehen, den dieser an die Apotheken weiterreicht. Die Mehrbelastung von 400 Mio. € pro Jahr bedeutet im Durchschnitt für die einzelne Apotheke rund 18.500 € Mehrbelastung im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr.

Deshalb fordern wir, den Abschlag bereits ab 2012 wieder der Selbstverwaltung zu überlassen. Noch konsequenter wäre es, die im Jahr 2004 festgesetzte packungsbezogene Honorierung bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu dynamisieren und damit die steigenden Personal- und Sachkosten sowie steigende Leistungen auszugleichen, wie dies seit vielen Jahren bei Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern die Regel ist. Ein Ausgleich unserer Kosten- und Leistungssteigerungen über den Apothekenabschlag ist unzureichend. Auch gilt der Abschlag nur für die GKV und nicht für die PKV, die jedoch von höheren Leistungen der Apotheken profitiert.

? Welche Wünsche haben Sie an die Apotheken­politik des neuen Bundes­gesundheitsministers?

Für den neuen Bundesgesundheitsminister gilt natürlich derselbe Anspruch wie für seinen Vorgänger. Wer die Apothekenpolitik in jüngster Zeit analysiert, stößt immer wieder auf dieselbe Grundsatzfrage: Wie viele Apothekenbetriebsstätten werden für die Versorgung inklusive Nacht- und Notdienste für erforderlich gehalten? Hier scheint eine große Lücke zu klaffen zwischen dem Bedarf der Bevölkerung nach hoher Versorgungsqualität durch möglichst viele und gute Apotheken und den Wunschvorstellungen der Politik. Diese will offensichtlich weniger Apotheken und argumentiert mit einer vermeintlichen Überversorgung in Großstadtlagen. Verkannt wird dabei der den Apotheken aufgegebene Versorgungsauftrag in Kombination mit dem Recht der Niederlassungsfreiheit.

Wer beides ernst nimmt und respektiert, kann nicht den Apothekenabschlag willkürlich und unvermittelt erhöhen, denn das trifft vor allem die­jenigen Apotheken, die sich auf ihre GKV-Versorgungsaufgabe konzentrieren. Für die Kassen macht es bei einer packungsbezogenen Honorierung der Apothekenleistung keinen finanziellen Unterschied, wie viele Apotheken die bei ihnen Versicherten versorgen. Dagegen macht es für die Versicherten einen erheblichen qualitativen Unterschied. Deshalb muss die Ratio einer qualitativ hochwertigen Versorgung in Zukunft lauten: Hände weg vom Apothekenabschlag, Vorfahrt für die Selbstverwaltungspartner, Dynamisierung der packungsbezogenen Leistung der Apotheken bei der Ab­gabe von Arzneimitteln.

? Welche Perspektiven haben die öffentlichen Apotheken, um ihre Existenz langfristig zu sichern?

Wir wollen deutliche Zeichen für eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung setzen. Deshalb haben wir gemeinsam mit den Ärzten ein detailliertes Zukunftskonzept zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung vorgelegt. Das ABDA-KBV-Konzept basiert auf einem gemeinsam von Arzt und Apotheker durchgeführten Me­dikationsmanagement. Hierdurch wird die Arzneimitteltherapie multimedikamentös behandelter, chronisch kranker Patienten verbessert. Weitere Aspekte des Konzepts sind die Wirkstoffverordnung, mit der die Steigerung der Compliance und die Erstellung von Medikationsplänen erleichtert wird, und ein wirkstoffbasierter Medikations­katalog, der eine bundesweit und kassenübergreifend einheitliche, leitliniengerechte Versorgung ermöglicht.

Um für Politik und Krankenkassen attraktiv zu sein, kann in der Summe ein Einspar­potenzial von mehr als 2 Mrd. € gehoben werden. Dieses Einsparpotenzial berücksichtigt eine adäquate Honorierung von Ärzten und Apothekern für ihre zusätzliche Dienstleistung. Vor einiger Zeit hatte der damalige Staatssekretär Daniel Bahr die ABDA und die KBV aufgefordert, den gemeinsamen Vorschlag in die Vorbereitung des Versorgungsgesetzes mit einzubringen. Dieser Aufforderung unseres heutigen Bundesgesundheitsministers sind wir gerne gefolgt.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(11):3-3