Steuer-Spartipp

Krankenversicherungsbeiträge: Mögliches Steuersparpotenzial


Helmut Lehr

Seit 2010 sind Beiträge zur Basis-Krankenversicherung („Grundversorgung“) in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig, ebenso Beiträge zur Pflegeversicherung1). Steuerpflichtige können auch die von ihnen im Rahmen der Un­terhaltsverpflichtung getragenen Beiträge zur Krankenversicherung ihrer Kinder als eigene Beiträge ansetzen, sofern sie für diese Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge haben.

Hinweis: Diese Regelung führt dazu, dass auch bei sozialversicherungspflichtig beschäftigten Kindern (z.B. im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses) die auf der Lohnsteuerbescheinigung des Kindes ausgewiesenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von den Eltern geltend gemacht werden könnten.

Bisherige Verwaltungs­auffassung umstritten

Nach bisheriger Rechtsauffassung der Finanzverwaltung können die auf der Lohnsteuerbescheinigung des Kindes ausgewiesenen Beiträge (nur dann) bei den Eltern berücksichtigt werden, wenn diese die Beiträge dem Kind erstattet haben und insoweit wirtschaftlich belastet sind. Einige Steuerexperten vertreten allerdings die Ansicht, dass Eltern die Aufwendungen bereits dann tragen, wenn sie ihrer Unterhaltsverpflichtung (Wohnung, Nahrung etc.) gegenüber dem Kind nachkommen.

Hinweis: Aufgrund dieser Rechtsauffassung überprüft die Finanzverwaltung derzeit ihre bisherige Haltung. Eltern sollten die Beiträge auf der Lohnsteuerbescheinigung ihrer Kinder deshalb als Sonderausgaben geltend machen, sofern der Sonderausgabenabzug nicht bereits vom Kind selbst beansprucht wird. Die Bearbeitung entsprechender Einsprüche stellt die Finanzverwaltung bis auf Weiteres zurück2). Wer dennoch auf eine Bearbeitung seines Einspruchs besteht, muss mit einer ablehnenden Entscheidung rechnen.

Vorauszahlung von Beiträgen

Da bei Sonderausgaben grundsätzlich das Abflussprinzip gilt, kann durch eine Vorauszahlung von größeren Krankenversicherungsbeiträgen ein erhöhter Sonderausgabenabzug erreicht werden. Der Gesetzgeber hat die steuerliche Anerkennung solcher Vorauszahlungen jedoch mit dem Jahressteuergesetz 2010 eingeschränkt3). Vorausgezahlte Krankenversicherungsbeiträge werden nur noch dann im Jahr der Zahlung als Sonderausgaben berücksichtigt, wenn die Zahlungen in der Summe nicht das 2,5-fache der auf den Ver­anlagungszeitraum entfallenden Beiträge übersteigen.

Trotz der Begrenzung des Vorauszahlungspotenzials kann sich in Einzelfällen eine Steuerersparnis ergeben. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Abzugsbetrag für sonstige Vorsorgeaufwendungen wie Unfall- und Haftpflicht­versicherungen, Risikolebensversicherungen, Alt-Kapitallebensversicherungen etc. (bei Selbstständigen: 2.800€) entfällt, wenn im jeweiligen Kalenderjahr bereits die Basis-Krankenversicherungsbeiträge diesen Höchstbetrag übersteigen – und das ist bei (privat versicherten) Selbstständigen regelmäßig der Fall. Vorausgezahlte Krankenversicherungsbeiträge führen ggf. dazu, dass in den unmittelbar folgenden Jahren kein Krankenversicherungsbeitrag zu entrichten ist und deshalb die sonstigen Vorsorgeaufwendungen bis zu maximal 2.800€ abzugsfähig „bleiben“.

Hinweis: Ob das „Steuersparmodell Vorauszahlung“ tatsächlich lohnenswert ist, sollte aber vorab vom Steuerberater durchgerechnet werden. Weil bis auf Weiteres im Rahmen der Einkommensteuer­festsetzung noch eine Günstigerprüfung (Vergleich mit alter Rechtslage bis 2004) durchgeführt wird, kann es durchaus sein, dass der Sonderausgabenabzug nach altem Recht günstiger ist und der „Vorauszahlungseffekt“ verpufft.

Beitragsrückerstattungen

Die neuen Steuerregelungen zur Abzugsfähigkeit von Krankenversicherungsbeiträgen machen privat versicherten Steuerpflichtigen die Entscheidung „für oder gegen“ eine Beitragsrückerstattung nicht leicht, da die Rückerstattung dazu führt, dass sich der Steuervorteil vermindert, weil die geleisteten Beiträge entsprechend zu kürzen sind. Die Verrechnung findet aus Praktikabilitätsgründen im Erstattungsjahr statt4). Daher ist im Einzelfall genau zu rechnen.

Krankheitskosten, die wegen Inanspruchnahme der Beitragsrückerstattung nicht bei der Krankenkasse eingereicht werden, können grundsätzlich nicht beim Finanzamt als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, weil ein vertraglicher Erstattungsanspruch besteht. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese dann – rein steuerlich – von der Beitragsrückerstattung abzuziehen sind und somit den Steuernachteil (Kürzung des Sonderausgabenabzugs um die Beitragsrückerstattung) vermindern – schließlich wurde der Steuerpflichtige lediglich um den Unterschiedsbetrag entlastet.

Hinweis: Diese Rechtsauffassung wurde bislang erst vereinzelt in der Fachliteratur vertreten5). Die Finanzbehörden werden eine solche Vorgehensweise bis auf Weiteres sicher ablehnen, sodass „im Ernstfall“ geklagt werden müsste.

Krankheitskosten als außer­gewöhnliche Belastung

In diesem Zusammenhang wurde aktuell ein sehr praxisrelevantes Verfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz bekannt6). Danach ist die für Steuerzahler nachteilige Berücksichtigung der zumutbaren Belastungsgrenze bei Krankheitskosten womöglich verfassungswidrig, da zum Teil auch bei erheblichen Aufwendungen keine steuerliche Entlastung zum Tragen kommt.

Hinweis: Steuerpflichtige sollten deshalb die Berücksichtigung der zumutbaren Belastungsgrenze mit­tels Einspruch anfechten und auf dieses Verfahren verweisen. Die Finanzbehörden stellen die Bearbeitung solcher Einsprüche bis zu einer Entscheidung über die weitere Vorgehensweise zunächst zurück7).

1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 24 vom 15. Dezember 2009, Seite 10 bis 12.
2)
Vgl. Oberfinanzdirektion Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 14/2011 vom 25. Mai 2011.
3)
Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 3 vom 1. Februar 2011, Seite 10 bis 12.
4)
Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 4 vom 15. Februar 2010, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
5)
Vgl. Gestaltende Steuerberatung, Heft 6/2011, Seite 186.
6)
Aktenzeichen 4 K 1970/10.
7)
Vgl. Oberfinanzdirektion Rheinland und Münster, Kurzinformation Verfahrensrecht Nr. 04 vom 31. Mai 2011.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(14):18-18