Altersstruktur der Apothekenleiter

Sorge um den Nachwuchs


Uwe Hüsgen

Während die Ärzteschaft mit der fortlaufenden Thematisierung eines drohenden Ärztemangels politische Erfolge einfährt, finden Nachwuchssorgen bei den Apothekern kaum Erwähnung. Doch die Fakten zeigen, dass die Lage hier durchaus problematisch ist.

Die Zahl der öffentlichen Apotheken in Deutschland erreichte im Jahr 2000 mit 21.592 Betriebsstätten einen ersten Höhepunkt und fiel dann bis Ende 2003 um 1,3% auf 21.305 zurück. Mit der durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) geschaffenen Möglichkeit, als Apotheker neben der Hauptapotheke zusätzlich bis zu drei Filialen betreiben zu können, stieg die Zahl der öffentlichen Apotheken ab 2004 wieder an bis auf einen neuerlichen Höchstwert von 21.602 Betriebsstätten im Jahr 2008. Nicht zuletzt aufgrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds ist die Zahl über 21.548 (Ende 2009) auf aktuell 21.441 Apotheken (Ende 2010) zurückgegangen.

Deutlicher Rückgang bei der Zahl der Hauptapotheken

Auf den ersten Blick mag dieser Rückgang bei der Zahl der öffentlichen Apotheken moderat erscheinen. Vergegenwärtigt man sich allerdings die Tatsache, dass – bedingt durch die seit Anfang 2004 bestehende Filialisierungsmöglich­keit – die Zahl der Hauptapotheken (Apotheken mit einer Betriebserlaubnis nach §2 Apothekengesetz) von 21.305 Ende 2003 kontinuierlich um 3.342 bzw. um 15,7% auf ak­tuell 17.963 Haupt­apotheken Ende 2010 zurückgegangen ist, so gibt diese Entwicklung doch zu denken. Und mit einer weiteren Beschleunigung dieser negativen Entwicklung muss gerechnet werden.

Kammerbezirk Nordrhein zum Vergleich

Mit Blick auf den Kammerbezirk Nordrhein kann festgestellt werden, dass die Entwicklung bei den Apothekenzahlen ähnlich ver­läuft wie im ganzen Bundesgebiet. Hierbei zeigt sich im Umkehrschluss, dass man aus den nordrheinischen Verhältnissen oft auf die Situation in Deutschland insgesamt schließen kann, sowohl po­sitive als auch negative Entwicklungen betreffend.

Bereits 1990, also zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung Deutschlands, wurde in Nordrhein mit 2.617 Betriebsstätten die höchste Zahl an öffentlichen Apotheken registriert. Von da ab nahm die Zahl Jahr für Jahr (bis auf 1996) ab und erreichte – im Gleichschritt mit dem Bundesdurchschnitt – im Jahr 2003 mit 2.505 Apotheken einen Tiefstand.

Auch in Nordrhein sorgte die Möglichkeit der Filialisierung ab 2004 zunächst für eine (moderate) Zunahme an Betriebsstätten; ab Ende 2008 ist erneut ein signi­fikanter Rückgang festzustellen, sodass die Zahl der öffentlichen Apotheken – analog zur Entwicklung im Bundesgebiet – bis Ende 2010 wieder auf 2.480 gesunken ist. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich nur bei 2.092 dieser 2.480 Betriebsstätten um Haupt­apo­theken (Apotheken mit einer Betriebserlaubnis nach §2 Apothekengesetz) handelt. Das entspricht, bezogen auf 2003, einem Rückgang von 413 (Haupt-)Apotheken bzw. von 16,5%.

Da die überwiegende Anzahl der (Haupt-)Apotheken sowohl auf Bun­desebene als auch im Kammerbezirk Nordrhein als Einzelunternehmen geführt wird – die Zahl der OHGs und GbRs ist nach wie vor überschaubar –, hat auch die Zahl der Apothekeninhaber (= potenzielle Mitglieder der Landesapothekerverbände) von 2003 bis 2010 um mehr als 15% ab­genommen.

Es mag zwar sein, dass die Möglichkeit der politischen Einflussnahme mittelständischer Betriebe nicht zwingend von der Zahl der Unternehmen abhängt, dennoch sollte dieser Trend zu denken geben. Und dabei nimmt diese negative Entwicklung weiter an Fahrt auf.

Entwicklung der Alters­struktur: Konsequenz der wirtschaftlichen Situation

Fast jeder vierte Apotheken­leiter ist über 60

Waren 1994 noch gut 84% der Inhaber der 2.595 nordrheinischen Apotheken 58 Jahre oder jünger, so fiel dieser Anteil über 81,1% im Jahr 2003 (bei nur noch 2.505 Apotheken) auf aktuell 76,1% (bei 2.092 Hauptapotheken). Anders ausgedrückt: Wurden Ende 1994 gut 410 Apotheken von Apothekern geleitet, die älter als 58 Jahre waren, so waren es Ende 2003 –bei einer gegenüber 1994 um 90 verringerten Zahl an Apotheken – gut 470 Apotheken, deren Inhaber älter als 60 Jahre waren. Diese Zahl ist bis 2010 weiter angestiegen auf rund 500 Hauptapotheken – und das, obwohl die Zahl der Apotheken mit einer Betriebserlaubnis nach §2 Apothekengesetz im Zeitraum von 2003 bis 2010 um 413 zurückgegangen ist. Dabei darf unterstellt werden, dass sich diese Entwicklung kaum von der im gesamten Bundesgebiet unterscheidet.

Weg in die Selbstständigkeit immer weniger attraktiv

Die Apotheker als mittelständische Unternehmer haben offensichtlich ein Nachwuchsproblem. Jüngere Kolleginnen und Kollegen sind nicht mehr im gleichen Umfang wie in der Vergangenheit gewillt, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. Die Gesetze und Verordnungen, mehr noch die daraus abgeleiteten Nachprüfungen (Retaxationen) der Krankenkassen, die heute speziell im Rahmen der Abgabe von Arzneimitteln zulasten der GKV zu beachten sind, lassen viele Apotheker davor zurückschrecken, eine Apotheke zu übernehmen. Zudem wird es aufgrund der wirtschaftlichen Situa­tion und Entwicklung immer schwieriger, Kredite unter angemessenen Bedingungen zum Kauf einer Apotheke zu erhalten.

Probleme beim Verkauf

Gleichzeitig müssen ältere Apothekeninhaber vermehrt feststellen, dass es zunehmend proble­matisch wird, die (einstmals) gut gehende Apotheke zu einem „vernünftigen“ Preis an eine jüngere Kollegin bzw. einen jüngeren Kollegen zu übergeben. Anstelle des ursprünglich geplanten Verkaufs der Apotheke zwecks Alterssicherung müssen ältere Kolleginnen und Kollegen vielmehr –notgedrungen – immer öfter ihre Apotheke weit über die eigentlich vorgesehene Zeit hinaus betreiben, mit ungewissem Ausgang für die Zukunft.

Fazit: Für Apothekeninhaber, die ihre Apotheke mittelfristig veräußern wollen, gibt es vom Prinzip her zwei Alternativen.

  • Zum einen sehen sie in ihrer Apotheke eine „Cashcow“, die es – bis zum bitteren Ende – zu „melken“ gilt. Investitionen sind ein Fremdwort, gerade das Nötigste, Unumgängliche wird getan. Ansonsten wird „Kasse gemacht“. Am Ende schließt die Apotheke ihre Pforten für immer. Dies ist zwar eine für den Einzelnen aufgrund der allgemeinen Rahmenbedingungen ggf. nachvollziehbare Lösung, für den Berufsstand und dessen An­sehen in der Öffentlichkeit ins­gesamt allerdings wenig ver­lockend.
  • Zum anderen gibt es die Alternative, die Apotheke (auch pharmazeutisch) aufzurüsten, um z.B. mittels einer durchgeplanten Intensivierungs-, Filialisierungs- und/oder Diversifizierungsstrategie betriebswirtschaftlich erfolgreicher zu werden. Die eigene Apotheke wird „aufgehübscht“, um sie morgen Erfolg versprechend veräußern zu können.

Dipl.-Math. Uwe Hüsgen,
Unterneh­mensberater, 45239 Essen,
E-Mail: uwe.huesgen@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(14):8-8