Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Keine fristlose Kündigung wegen Anprangerung von Missständen


Claudia Mittmeyer

Sogenannte Whistleblower – Arbeitnehmer, die öffentlich auf Missstände in Unternehmen oder Institutionen hinweisen – müssen zukünftig weniger Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg entschied in einem am 21. Juli 2011 verkündeten Urteil, dass die frist­lose Kündigung einer Arbeit­nehmerin wegen der Veröffent­lichung von Missständen bei ihrem Arbeitgeber gegen die Menschenrechtskonvention verstoße, und sprach ihr eine Entschädigung von 15.000€ zu. Im konkreten Fall hatte eine Berliner Altenpflegerin Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber, den dem Land Berlin gehörenden Klinikbetreiber Vivantes, erstattet. Da das Unternehmen über zu wenig Personal verfüge, sei eine ausreichende Versorgung der Bewohner eines Pflegeheims nicht gewährleistet. Der Klägerin, die im Vorfeld mehrfach bei der Geschäftsleitung auf die Überlastung des Personals hingewiesen hatte, wurde daraufhin fristlos gekündigt, die deutschen Gerichte bestätigten die Kündigung. Das Urteil des EGMR ist noch nicht rechtskräftig.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(15):4-4